Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Nachts

Nachts

Titel: Nachts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
Vom Netzwerk:
Rotznase«, sagte er langsam.

    »Mein Gott«, sagte John Delevan und stand auf. »Die Rache von Freddy und Jason mein Sohn denkt, daß es in seiner Geburtstagskamera spukt. Ich gehe ins Bett, aber vorher möchte ich nur noch eines sagen. Eine Kamera, die immer nur ein und dasselbe fotografiert besonders etwas so Gewöhnliches wie auf diesen Bildern , ist eine langweilige Manifestation des Übernatürlichen.«
    »Trotzdem « sagte Kevin. Er hielt die Fotos wie ein zweifelhaftes Pokerblatthoch.
    »Ich glaube, es wird Zeit, daß wir alle ins Bett gehen«, sagte Mrs.
    Delevan unwirsch. »Meg, wenn du dieses Meisterwerk der Filmgeschichte unbedingt zu Ende sehen mußt, kannst du es auch morgen früh machen.«
    »Aber der Film ist fast vorbei!« ereiferte sich Meg.
    »Ich komm mit ihr rauf, Mom«, sagte Kevin, was er fünfzehn Minuten später auch tat, nachdem der böse Chucky erledigt worden war (zumindest bis zur Fortsetzung). Aber in dieser Nacht konnte Kevin kaum einschlafen. Er lag lange wach in seinem Zimmer, lauschte dem starken Sommerwind, der draußen die Blätter flü
    sternde Unterhaltungen murmeln ließ, und überlegte sich, was eine Kamera veranlassen konnte, immer und immer wieder dasselbe Bild zu machen, und was es bedeuten konnte. Erst als ihm klar wurde, daß seine Entscheidung getroffen war, döste er langsam ein: Er würde die Polaroid Sun noch eine Weile behalten.
    Meins, dachte er wieder. Er drehte sich auf die Seite, machte die Augen zu und schlief vierzig Sekunden später tief.
    Kapitel Zwei
    Begleitet vom Ticktack von, wie es sich anhörte, mindestens fünfzigtausend Uhren, von denen er sich überhaupt nicht aus der Ruhe bringen ließ, leuchtete Reginald >Pop< Merrill mit einem bleistiftdünnen Lichtstrahl aus einem Gerät, das noch schlanker war als der Augenspiegel eines Arztes, in Kevins Polaroid 660, während Kevin daneben stand. Pops Brille, die er bei einer eingehenden Untersuchung aus der Nähe nicht brauchte, hatte er auf die kahle Halbkugel seines Schädels geschoben.
    »Hmhmmm«, sagte er und schaltete das Licht aus.
    »Soll das heißen, Sie wissen, was damit nicht in Ordnung ist?«
    fragte Kevin.
    »Nee«, sagte Pop Merrill und klappte das Filmfach der Sun, das jetzt leer war, wieder zu. »Hab keine Ahnung.« Und ehe Kevin etwas anderes sagen konnte, schlugen die Uhren allesamt vier, und einen Augenblick schien eine Unterhaltung zwar möglich, aber völlig absurd.
    Ich werde darüber nachdenken, hatte er zu seinem Vater am Abend seines fünfzehnten Geburtstags gesagt das war jetzt drei Tage her , eine Bemerkung, die sie beide überrascht hatte. Als Kind hatte er sich zum Ziel gesetzt, über nichts nachzudenken, und im Grunde seines Herzens war Mr. Delevan zur Überzeugung gekommen, daß Kevin nie über etwas nachdenken würde, ob es angebracht war oder nicht. Sie waren, wie das bei Vätern und Söhnen häufig der Fall ist, zur Annahme verleitet worden, daß sich ihr Verhalten und ihre grundverschiedenen Denkweisen nie ändern würden und ihre Beziehung für alle Zeiten festgeschrieben blieben und so würde die Kindheit ewig weitergehen. Ich werde darüber nachdenken: Eine Welt möglicher Veränderungen lag in dieser Bemerkung.
    Hinzu kam, als Mensch, der bis dahin durchs Leben gegangen war und Entscheidungen eher mit Instinkt als durch Vernunft getroffen hatte (und er war einer der glücklichen, deren Instinkt fast immer richtig war mit anderen Worten, die Art Mensch, der vernünftige Menschen wahnsinnig machen kann), mußte Kevin nun auf einmal feststellen, daß er sich wahrhaftig auf den Hörnern eines Dilemmas befand.
    Horn Nr. 1: Er hatte zum Geburtstag eine Polaroidkamera gewollt und bekommen, aber, verdammt, er wollte eine funktionierende Polaroidkamera.

    Horn Nr. 2: Daß Meg das Wort übernatürlich gebraucht hatte, faszinierte ihn sehr.
    Seine jüngere Schwe ster hatte eine alberne Ader, die eine Meile breit war, aber dumm war sie nicht, und Kevin glaubte nicht, daß sie das Wort leichthin und unbedacht gebraucht hatte. Sein Vater, der eher dem vernünftigen als dem instinktiven Lager angehörte, hatte gehöhnt, aber Kevin stellte fest, daß er das nicht machen konnte jedenfalls noch nicht. Dieses Wort. Dieses faszinierende, exotische Wort. Es wurde zu einer Nabe, um die sein Verstand kreisen mußte, er konnte nicht anders.
    Ich glaube, es ist eine Manifestation.
    Kevin war amüsiert (und ein wenig verblüfft), daß nur Meg schlau oder mutig genug gewesen war, das auszusprechen,

Weitere Kostenlose Bücher