Nachts
verdammten Dinger in den Herd«, sagte er.
Als Kevin und sein Vater nach Hause kamen, war es zehn Minuten nach fünf, und es hatte angefangen zu nieseln. Mrs. Delevans zwei Jahre alter Toyota stand nicht in der Einfahrt, aber sie war daheim gewesen und wieder gegangen. Auf dem Küchentisch lag eine Nachricht von ihr zwischen Salz und Pfefferstreuer. Als Kevin den Zettel aufklappte, fiel ein Zehndollarschein heraus.
Lieber Kevin,
beim Bridgespielen hat Jane Doyon gefragt, ob Meg und ich mit ihr ins Bonanza zum Essen gehen wollen, weil ihr Mann geschäftlich in Pittsburgh unterwegs ist und sie sich allein im Haus langweilt. Ich sagte, es wäre uns ein Vergnügen. Beson
ders Meg. Du weißt ja, wie sehr es ihr gefällt, >zu den Frauen< zu gehören! Hoffe, es macht Dir nichts aus, ein eins ames Mahl einzunehmen. Warum bestellst Du Dir nicht Pizza und Eis? Dein Vater kann sich ja selbst etwas bestellen, wenn er nach Hause kommt. Er kann aufgewärmte Pizza nicht ausste
hen, und Du weißt, er wird lieber ein paar Bier dazu trinken.
Alles Liebe,
Mom
Sie sahen sich an und sagten beide: Gut, wenigstens brauchen wir uns darum nicht zu kümmern, ohne es laut auszusprechen. Offenbar war weder ihr noch Meg aufgefallen, daß Mr. Delevans Auto noch in der Garage stand.
»Möchtest du, daß ich « begann Kevin, aber er mußte nicht zu Ende sprechen, denn sein Vater unterbrach ihn: »Ja. Sieh nach. Sofort.«
Kevin lief zwei Stufen auf einmal die Treppe hinauf in sein Zimmer. Kevin hatte einen Schrank und eine Kommode. Die unterste Schublade der Kommode war voll Sachen, die Kevin schlicht als
>Krimskrams< bezeichnete: Irgendwie wäre es kriminell gewesen, sie wegzuwerfen, obwohl er sie eigentlich gar nicht brauchen konnte. Dort befand sich die Taschenuhr seines Großvaters, schwer, graviert, wunderbar und so sehr verrostet, daß der Juwelier in Lewiston, zu dem sie sie gebracht hatten, nur einmal den Kopf geschüttelt und sie wieder über den Tresen zu ihnen geschoben hatte. Da waren zwei Paar zusammenpassende und zwei einzelne Manschettenknöpfe, ein FaltPinup aus Penthouse, ein Taschenbuch mit dem Titel Männerwitze und ein SonyWalkman, der irgendwie die Gewohnheit angenommen hatte, die Bänder zu fressen, die er abspielen sollte. Nur Krimskrams, mehr nicht. Es gab kein anderes passendes Wort dafür.
Und zu diesem Krimskrams gehörten selbstverständlich auch die dreizehn Krawatten, die Tante Hilde ihm die letzten dreizehn Geburtstage geschickt hatte.
Er nahm eine nach der anderen heraus, zählte, kam auf zwölf statt auf dreizehn, wühlte die Schublade noch einmal durch und zählte noch einmal. Immer noch zwölf.
»Nicht da?«
Kevin, der in die Hocke gegangen war, schrie auf und schnellte hoch.
»Tut mir leid«, sagte Mr. Delevan von der Tür. »Das war dumm.«
»Schon gut«, sagte Kevin. Er fragte sich ganz kurz, wie schnell das Herz eines Menschen schlagen konnte, bevor dieser Mensch ganz einfach den Löffel abgab. »Ich bin nur nervös. Albern.«
»Nein.« Sein Vater sah ihn ernst an. »Als ich das Band angesehen habe, hatte ich solche Angst, daß ich dachte, ich müßte mir in den Mund fassen und meinen Magen mit den Fingern wieder runterdrücken.«
Kevin sah seinen Vater dankbar an.
»Sie ist nicht da, richtig?« fragte Mr. Delevan. »Die mit dem Specht oder was es auch immer sein soll.«
»Nein. Sie ist nicht da.«
»Hast du die Kamera in der Schublade gehabt?«
Kevin nickte langsam mit dem Kopf. »Pop Mr. Merrill hat mir gesagt, ich solle sie zwischendrin immer wieder ausruhen lassen.
Das gehörte zu dem Plan, den er aufgestellt hatte.«
Etwas ging ihm flüchtig durch den Kopf und war wieder weg.
»Darum habe ich sie da reingelegt.«
»Mann«, sagte Mr. Delevan leise.
»Ja.«
Sie sahen einander in der Düsternis an, und plötzlich lächelte Kevin. Es war, als würde die Sonne hinter einer Wolkenbank her
vorkommen.
»Was?«
»Mir ist nur wieder e ingefallen, wie es war«, sagte Kevin. »Ich habe den Vorschlaghammer so fest geschwungen «
Mr. Delevan fing ebenfalls an zu lächeln. »Ich habe schon ge
dacht, du würdest dir deinen eigenen «
» und als ich zugeschlagen habe, hat es KNIRSCH! ge
macht «
» sind überall hingeflogen «
»BUMM!« kam Kevin zum Ende. »Futsch.«
Sie lachten beide in Kevins Zimmer, und Kevin stellte fest, er war fast fast froh, daß das alles passiert war. Das Gefühl der Erleich
terung war so unbeschreiblich und doch so perfekt wie das Gefühl, das man
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