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Nachts

Nachts

Titel: Nachts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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langer Güterzug dahin, der in die Einsamkeit des westlichen lowa fuhr. Er bestand aus mindestens dreißig Waggons, und jeder Waggon war schwarz. Krepppapier flatterte in den Fenstern. Es war ein Begräbniszug, wurde Sam klar.
    Sam drehte sich wieder zu Dirty Dave um und sagte: Sie heißt nicht Sarah. Das ist Naomi. Naomi Higgins aus Proverbia.
    Überhaupt nicht, sagte Dirty Dave. Da kommt der Tod, Mr. Peebles.
    Der Tod ist eine Frau.
    Da fing Lukey an zu wimmern. Im Ausmaß seines Entsetzens hörte er sich wie ein menschliches Schwein an. Sie hat Slim Jims! O
    mein Gott, sie hat alle verdammten Slim Jims!
    Sam drehte sich um, um festzustellen, wovon Lukey sprach. Die Frau war nähergekommen, aber es war nicht mehr Naomi.
    Es war Ardelia.
    Sie hatte einen Trenchcoat von der Farbe winterlicher Sturmwolken an. In dem Einkaufswagen befanden sich keine Slim Jims, wie Lukey behauptet hatte, sondern Tausende ineinander verschlungener roter Lakritzeschlangen. Vor Sams Augen riß Ardelia ganze Hände voll hoch und steckte sie sich in den Mund. Sie hatte kein Gebiß mehr im Mund; ihre Zähne waren lang und verfärbt. Sam fand, daß sie wie Vampirzähne aussahen, spitz und schrecklich kräftig. Sie verzerrte das Gesicht und biß auf einen Mundvoll Süßigkeiten. Hellrotes Blut spritzte heraus, spritzte als rosa Wolke in den Sonnenuntergang und troff ihr vo m Kinn. Mehrere Stücke Lakritze fielen immer noch blutend zu Boden.
    Sie hob die Hände, die zu gekrümmten Klauen geworden waren.
    »Siiiiee haben die BÜÜÜÜÜÜÜÜÜCHER verlooooren!« schrie sie Sam an und lief ihm entgegen.

    5

    Sam erwachte mit einem atemlosen Ruck. Er hatte die Bettdecke
    herausgezogen und kauerte als verschwitzter Ball am Fußende des Betts darunter. Draußen lugte das erste spärliche Licht des neuen Tages unter den heruntergelassenen Jalousien herein. Die Uhr auf dem Nachttisch zeigte 5 Uhr 53.
    Er stand auf, spürte die kühle und erfrischende Schlafzimmerluft auf der Haut, ging ins Bad und urinierte. Er hatte vage Kopfschmerzen, entweder als Folge der nächtlichen Dosis Weinbrand oder durch die Belastung des Traums. Er machte das Medizinschränkchen auf, nahm zwei Aspirin und schlurfte wieder zum Bett zurück.
    Er zog die Decke so gut er konnte hoch und spürte die Überreste seines Alptraums in jeder feuchten Spalte des Tuchs. Er würde nicht wieder einschlafen das wußte er , aber er konnte wenigstens still daliegen, bis sich der Alptraum verflüchtigte.
    Als sein Kopf das Kissen berührte, wurde ihm plötzlich klar, daß er noch etwas wußte, das so überraschend und unerwartet kam wie seine Erkenntnis, daß die Frau auf dem Plakat von Dirty Dave seine Teilzeitsekretärin war. Auch diese neue Erkenntnis hatte mit Dirty Dave zu tun und mit Ardelia Lortz.
    Es war im Traum, dachte er. Dorf habe ich es herausgefunden.
    Sam fiel in einen tiefen, natürlichen Schlaf. Er hatte keine Träume mehr, und als er aufwachte, war es fast elf Uhr. Kirchenglocken riefen die Gläubigen zum Gebet, draußen war ein herrlicher Tag. Beim Anblick des Sonnenscheins auf dem frischen neuen Gras ging es ihm mehr als gut; er fühlte sich fast wie neugeboren.

Kapitel Acht
    ANGLE STREET (II)
    1
    Er machte sich Frühstück Orangensaft, ein Omelett aus drei Eiern mit einer Ladung grüner Zwiebeln, starken Kaffee und überlegte, ob er in die Angle Street zurückkehren sollte. Er konnte sich noch an den Augenblick der Erleuchtung erinnern, den er während der kurzen Periode des Wachseins gehabt hatte, und war überzeugt, daß die Einsicht richtig war, fragte sich aber, ob er diese verrückte Angelegenheit wirklich noch weiter treiben wollte.
    Im hellen Licht des Frühlingsmorgens schienen s eine Ängste der vergangenen Nacht fern und absurd zugleich zu sein, und er verspürte die ausgeprägte Verlockung fast ein Bedürfnis , die Sache einfach auf sich beruhen zu lassen. Er dachte, daß etwas mit ihm geschehen war, wofür er keine vernünftige, rationale Erklärung hatte. Die Frage lautete: Was nun?
    Er hatte von solchen Sachen gelesen, von Gespenstern und Vorahnungen und Besessenheit, aber sie waren nur von geringem Interesse für ihn gewesen. Ab und zu sah er gerne einmal einen Gruselfilm an, aber weiter reichte es nicht. Er war ein praktischer Mensch und sah keinen praktischen Nutzen in paranormalen Vorfällen wenn sie tatsächlich stattfanden. Er hatte etwas erlebt
    nun, man konnte es in Ermangelung eines besseren Wortes ein Erlebnis nennen. Jetzt war das Erlebnis

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