Nachtsafari (German Edition)
Gewehrlauf nicht um einen Millimeter schwankte. »Hellfire, nimm deine Kumpane mit und dann suka! Hau ab! Und zwar hamba shesha!«
Die Zulus grinsten und rührten sich nicht. »Wir haben das Hühnchen nicht angerührt, warum bist du so hässlich zu uns?«
»Weil ich keinem von euch Kerlen von zwölf Uhr bis mittags traue. Legt eure Waffen hin, und dann zieht euch zurück. Ich lasse dieses … Hühnchen jetzt zu mir rein. Ihr könnt euch eure Waffen später wiederholen. Also, wird’s bald?«, raunzte sie die Zulus an.
Bei ihrem Ton sprangen die Hunde aufgeregt jaulend hoch, blieben aber dicht neben ihrer Herrin. »Suka!«, fauchte die Frau.
Nach einem kurzen Blickduell stieß Hellfire ein scharfes Kommando hervor, und seine Kumpane legten ihre Waffen auf den Boden und zogen sich murrend ein paar Meter zurück.
»Okay, kommen Sie her.« Die Frau winkte Silke heran.
Mit einem mulmigen Gefühl im Bauch näherte sich Silke dem Zaun, blieb jedoch kurz stehen und drehte sich impulsiv um. »Danke«, rief sie den Zulus zu. »Vielen Dank für Ihre Hilfe, Hellfire. Wir sehen uns.«
»Du musst ihren Eintopf mit Huhn versuchen, der ist gut«, brüllte Hellfire und rieb sich lachend den Bauch.
Silke zog verwirrt die Brauen zusammen. Eintopf? Dann aber rollte hinter ihr das Tor so weit zurück, dass es gerade breit genug für einen Menschen war. Sie zwängte sich hindurch und fand sich unversehens vor einem weiteren Tor wieder, sodass sie zwischen den beiden Zäunen gefangen war. Die irre Vorstellung überfiel sie, im Gefängnis gelandet zu sein, und sie wirbelte herum, doch das Tor hinter ihr schloss sich gerade mit metallischem Quietschen.
In diesem Moment glitt das Tor zum inneren Zaun zurück, und sie schlüpfte hindurch, blieb jedoch mit angehaltenem Atem stehen, als die Hunde auf sie zustürzten und sie mit nassen Nasen beschnüffelten.
»Entspannen Sie sich. Die wollen Sie nur kennenlernen, nicht fressen«, war die lakonische Erklärung von Iqili Greta. »Die spielen gern.«
Silke rührte sich nicht. Den Spruch kannte sie von unzähligen Begegnungen mit fremden Hunden. »Der will nur spielen«, war die unweigerliche Bemerkung der Besitzer, und schon fingen die Tölen an, sie schmerzhaft zu zwicken. »Aus!«, fauchte sie die Hunde an und hörte das spöttische Gelächter der Zulus im Hintergrund.
»Nun kommen Sie schon«, rief die Farmersfrau. »Ich sag Ihnen doch, die tun nichts.« Sie drehte sich um und marschierte zum Haus, das keine zehn Meter vom Zaun entfernt lag. Vom niedrigen Dachfirst des lang gestreckten Gebäudes schnitten Scheinwerferstrahlen die Nacht in Scheiben.
»Vorsicht, die fressen Hühnchen«, kam die Stimme Hellfires aus dem Dunkel. Vielstimmiges Johlen seiner Kumpane folgte.
Silke drehte sich um und winkte ihnen zu. »See you«, rief sie.
Ein tiefes, kehliges Lachen war die Antwort, dann war Ruhe.
Nachdenklich ging sie hinter Greta her, allerdings in gebührendem Abstand zu der Hundemeute. Fürs Erste war sie auf der Farm in Sicherheit, und darüber war sie mehr als froh, aber die Begegnung mit Hellfire und seinen Freunden hatte sie zutiefst aufgewühlt und völlig widersprüchliche Gefühle in ihr geweckt. Hellfire war ein Gangster, das war nicht wegzudiskutieren, dennoch hatte er ihr geholfen, hatte ihr kein Haar gekrümmt, sondern sie vor seinen eigenen Leuten beschützt.
Vor dem Haus blieb sie abrupt stehen. Alle Fenster waren schwer vergittert, die Türen zusätzlich mit Ketten gesichert. Die Farm wirkte wie ein Hochsicherheitstrakt. Weshalb musste sich die Farmersfrau so verbarrikadieren? Wo war sie hier nur gelandet?
Greta hielt die Eingangstür auf und winkte Silke hinein. Die Hunde blieben draußen, die Scheinwerfer erloschen, die Tür wurde verriegelt, die Alarmanlage angeschaltet.
»Hier entlang«, sagte Greta und schob sie in die Küche.
Sie war riesig, in der Mitte stand ein einladender Tisch aus hellem Holz, Töpfe hingen an Haken neben dem Herd, der – mit emaillierter Front und Messinggriffen – in Silkes Augen aussah, als stamme er aus dem vorletzten Jahrhundert. Sie wischte ihre Hand an ihren verdreckten Shorts ab, was nicht viel Erfolg hatte. Unschlüssig stand sie da, wagte es nicht, sich zu setzen.
Die Frau legte ihr Gewehr auf den Tisch. »Also, Sie heißen Silky?« Sie sprach das Wort englisch aus.
»Silke«, verbesserte Silke schnell. Der Kosename Silky gehörte Marcus allein. Marcus! Ein scharfer Schmerz stach sie unter dem Rippenbogen. Automatisch
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