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Nachtsafari (German Edition)

Nachtsafari (German Edition)

Titel: Nachtsafari (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefanie Gercke
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Augenblicke, bis sich ihre Augen an das Halbdunkel gewöhnt hatten. Über ihr trommelte der Regen mit so infernalischer Lautstärke aufs Wellblechdach, als würde jemand Steine darauf werfen.
    Ein halbes Dutzend dunkler Augenpaare war auf sie gerichtet, und für ein paar Sekunden bekam sie Panik, ließ es sich jedoch nicht anmerken.
    »Ich möchte gern etwas zum Mittagessen für ein paar Freunde kaufen … Es sind Zulus«, fügte sie etwas verlegen hinzu. »Können Sie mir bitte sagen, was ich nehmen soll, um ihnen eine Freude zu machen?«
    Vielleicht war es ihre entwaffnende Art oder ihr Anliegen, vermutlich aber beides – auf jeden Fall veränderte sich die Atmosphäre im Laden, als würde ein Sonnenstrahl aus dem dunklen Himmel brechen. Wie auf Kommando begannen alle Anwesenden durcheinanderzureden und mit der dicken Verkäuferin hin ter dem Tresen rasend schnell auf Zulu zu diskutieren. Silke hoffte, dass es um die Auswahl der Speisen ging und nicht darum, wie man sie am besten um ihre Wertsachen erleichterte. Mit angehaltenem Atem wartete sie.
    »Eh, Madam«, wandte sich die Verkäuferin schließlich ihr zu. »Mopaniraupen in Tomatensoße wäre das Beste.« Ihre Worte wurden von energischem Kopfnicken aller begleitet.
    »Raupen?« Silke war sich nicht sicher, ob sie nicht nach Strich und Faden veralbert wurde. Vielleicht hatte sie das nicht richtig verstanden. »Kleine Tiere, die auf Blättern herumkriechen … so.« Sie wackelte mit ihrem Zeigefinger.
    Brüllendes Gelächter war die Antwort, überall wackelten Zeigefinger.
    »Yebo, Madam, kleine Tiere«, grölte ein Mann und streckte ihr etwas hin, was Silke zuerst wie eine große, vor Tomatensoße tropfende Garnele erschien. »Mopaniraupen«, sagte er und steckte sie grinsend in den Mund.
    Silkes Magen protestierte, aber sie beruhigte ihn mit dem Gedanken, dass beides Getier war – nur krabbelte das eine eben auf den Bäumen, das andere schwamm im Meer herum.
    »Wie schmeckt das?«, lautete ihre unvorsichtige Frage, und Sekunden später starrte sie auf einen dieser fetten Engerlinge, der ihr direkt vors Gesicht gehalten wurde. Sie schluckte.
    »Versuch mal, ist gut«, rief der Mann, und Silke konnte in seinem Gesicht lesen, dass ihm das Ganze allergrößtes Vergnügen bereitete.
    Todesmutig nahm sie ihm das rot tropfende Etwas ab, schloss die Augen und biss hinein, was ihr stürmischen Beifall einbrachte. So schnell sie konnte, würgte sie die Raupe hinunter, stellte allerdings dabei fest, dass dieser ungeborene Schmetterling eigentlich nach nichts schmeckte, nur höllenscharf gewürzt war. Hustend und mit tränenden Augen schaute sie in die Runde.
    »Die Soße ist sehr gut«, krächzte sie.
    »Und die Mopaniraupe?«, rief der Mann und schob sein Gesicht neugierig vor.
    Silke wedelte mit der Hand. »Nun … wir Leute aus Europa sind …«, sie presste eine Hand auf ihre Magengegend, »wir sind ein bisschen empfindlich … nicht so mutig wie Zulus.« Sie zog ein entschuldigendes Gesicht, was ihr eine weitere Lachsalve einbrachte.
    »Vielleicht will sie lieber Bunny Chow?«, rief der Mann.
    »Bunny Chow? Was … was ist das?«, fragte Silke vorsichtig, hoffte nur, dass es nichts mit einem Kaninchen zu tun hatte. Momente später hielt man ihr ein halbes Toastbrot hin. Es war ausgehöhlt und mit einem undefinierbaren Eintopf gefüllt. Sie schnupperte. Es roch nach Curry. Curry mochte sie, aber sollte sie das mit den Fingern essen? Hilfe suchend sah sie sich um.
    »Sie kommt aus Europa, sie braucht einen Löffel«, kicherte die Verkäuferin, fischte einen Blechlöffel aus einer Schublade, wischte ihn an ihrer Schürze ab und reichte ihn Silke.
    Silke verdrängte das Bild von einem Pelz wimmelnder Bakterien auf dem Löffel und probierte das Essen unter den wachsamen Blicken aller. »Das ist gut«, konnte sie noch ausrufen, bevor der Curry wie Feuer ihre Kehle hinunterrann. Mühsam kämpfte sie um Haltung. »Wirklich … sehr gut«, japste sie.
    »Eh, sehr gut, sehr gut, richtig?«, rief die Verkäuferin. »Was soll ich einpacken?«
    Nach einer Viertelstunde hatte sie den Handel abgeschlossen. Fünf Portionen Mopaniraupen in Tomatensoße, zwei Bunny Chows, jeweils in separate Plastikbehälter gefüllt, und fünf Flaschen Bier wanderten in zwei Plastiktüten.
    »Nicht mehr Bier«, ermahnte die Verkäuferin. »Sonst …« Sie machte beeindruckend vor, wie ein Betrunkener sich bewegte. »Dann werden Männer verrückt im Kopf und wissen nicht mehr, was sie tun.

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