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Nachtsafari (German Edition)

Nachtsafari (German Edition)

Titel: Nachtsafari (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefanie Gercke
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verwirrt um sich. Erst als ihr Blick ihre ramponierte Tasche erfasste, stürzten die Eindrücke der vergangenen Nacht und der darauffolgenden Stunden über sie herein. Noch schlaftrunken sprang sie aus dem Bett und tappte zum Fenster. Die Welt war hinter einem schimmernden Vorhang verschwunden, Regen prasselte hart wie Kieselsteine gegen die Scheiben, und graue Schemen tanzten wie manische Geister im Nebel. Es dauerte etwas, bis sie erkannte, dass es die Palmen auf der Veranda waren.
    Nach einer ausgiebigen Dusche wollte sie Jill wenigstens eine Anzahlung auf das Zimmer geben und sich vor allen Dingen dafür bedanken, dass sie ihr ohne das geringste Zögern Unterschlupf gewährt hatte. Obwohl Marcus der Sohn vom Hanging Judge war. Geschützt durch einen Regenschirm, den ihr Thabili gegeben hatte, lief sie zum Privathaus der Rogges.
    Dort klopfte sie, aber niemand antwortete ihr. Der Wind trieb ihr trotz des großen Dachüberstands den Regen in den Rücken, und kurz entschlossen schob sie die Glastür zum Wohnzimmer auf, lehnte den Schirm draußen an die Hauswand und flüchtete sich ins Trockene. Unschlüssig blieb sie stehen, rief mehrfach nach Jill. Doch auch jetzt antwortete niemand. Langsam ging sie durchs Wohnzimmer in den Flur und blieb vor Jills Arbeitszimmer stehen, dessen Tür einen winzigen Spalt offen stand. Jill schien da zu sein, denn sie konnte ihre Stimme hören. Offenbar befand sich noch jemand im Büro, und sie zögerte, ob sie stören sollte, als sie ein paar Worte verstand.
    »Hat sich denn Dirk mal gemeldet? Er wollte doch in Deutsch land recherchieren.« Jill klang gereizt. »Was, eine Geheimnummer, die Dirk Konrad mit seinen Beziehungen nicht herausfindet? Das ist ja was ganz Neues.«
    Silke lehnte sich vor. Jill wandte ihr den Rücken zu und hatte einen Arm um die Taille geschlungen, als würde sie frieren.
    »Sie darf es auf keinen Fall erfahren«, stieß Jill hervor. »Nach allem, was sie in den letzten Stunden durchgemacht hat, würde es ihr den Rest geben …« Eine Pause entstand, Jill lief, das Mobiltelefon am Ohr, eine Hand in ihren Haaren vergraben, am Türspalt vorbei.
    »Ja, ja, ich weiß, Nils«, hörte Silke sie mit uncharakteristischer Heftigkeit erwidern. »Sie ist stark und hält sich großartig, aber das kann kein Mensch verkraften.« Eine Pause entstand, in der nur ihr erregtes Atmen zu hören war. »Wir müssen sie woanders unterbringen. Hier ist sie in Gefahr und wir auch.«
    Silke zog sich behutsam einen Schritt zurück. Das schien eine sehr private Unterhaltung zu sein. Sie würde später wiederkommen.
    »Aber ganz bestimmt nicht!« Jill schrie fast ins Telefon. »Die Sache mit …« Plötzlich kippte ihre Stimme. Tränen verwischten ihre nächsten Worte. »Die Sache mit Len Pienaar letztes Jahr hat gereicht«, hörte sie Jill schließlich tränenerstickt flüstern. »So etwas kann und will ich nicht noch einmal durchstehen. Als Erstes werde ich die Kinder bei Angelica in Sicherheit bringen, und zwar sofort.«
    Silke zuckte zusammen. Den Namen Len Pienaar hatte sie schon letzte Nacht gehört. Jill hatte ihn erwähnt und war dabei leichenblass geworden. Und was hatte Napoleon de Villiers gesagt, als er sich das Foto angesehen hatte? Etwas so Ungeheuerliches, dass sie es eigentlich nicht glauben konnte. Die Worte wirbelten in ihrem Kopf durcheinander.
    Es war eine Grillparty, und er wollte uns braten, hatte er gesagt und damit diesen Pienaar gemeint. Und jetzt weinte Jill, die Frau, die die Härte des afrikanischen Lebens konditioniert hatte, die furchtlos Wilderern gegenübertrat, die nervenstark mit angreifenden Elefanten und hungrigen Löwen fertigwurde. Was ging hier vor?
    »Nein«, hörte sie Jill. »Kannst du dir vorstellen, was geschieht, wenn es heißt, wir verstecken die Tochter vom Hangman? Auch wenn wir alle wissen, dass Silke das nicht ist?«
    Silke gefror das Blut in den Adern zu Eis. Jill hatte von ihr gesprochen. Im Zusammenhang mit dem Hangman? Oder hatte sie sich verhört? Sie wagte kaum zu atmen, während sie angestrengt weiterlauschte. Jill hatte sich offenbar in den Schreibtischstuhl gesetzt, denn alles, was Silke von ihr sehen konnte, waren die braun gebrannten Beine.
    »Du weißt, wie Gerüchte hier ratzfatz zu angeblichen Tatsachen werden«, rief Jill. In ihrem Ton war keine Spur mehr von Tränen. »Denk daran, dass der Land Claims Court bald in unserer Sache tagt. Die Anwälte werden sich darauf stürzen wie Hyänen auf Aas! Eine Verbindung von Inqaba

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