Nachtsafari (German Edition)
das wir trinken müssen, werden wir krank, unsere Familien hungern und sind krank, also nehmen wir uns von denen, die mehr haben als wir. Außerdem haben die dicke Versicherungen«, ein spöttisches Lächeln umspielte seine vollen Lippen, »denen sie dann erzählen, dass wir ihnen die goldene Rolex, große Diamantenklunker ihrer Frauen, teure Handys, Kameras und Tausende von Rand geklaut haben, auch wenn sie nur Kleingeld hatten, ihre Uhren aus rostfreiem Stahl waren und der Schmuck ihrer Frauen billiges Geglitzer aus dem Supermarkt. Die melken die Versicherungen wie Kühe, ein beliebter Sport unter den Reichen Südafrikas. Die sind heutzutage übrigens nicht immer weiß.«
Sprachlos, beschämt, starrte sie ihn an, und ganz langsam dämmerte es ihr, dass sie sich das Leben dieser Männer und ihrer Familien mit ihrem europäischen Kopf nicht vorstellen konnte. Höchstens die Geschichten über die Zustände in Deutschland nach dem Krieg, die sie als Kind gehört hatte, kamen dem nahe.
»Bist du verheiratet?«, platzte sie heraus und biss sich sofort auf die Lippen.
Hellfire lachte amüsiert. »Eine Frau kostet viel Geld, mindestens neun Kühe, besser sind zehn oder zwölf. Wenn ich die Kamera und das Notebook verkaufe, kriege ich dafür vielleicht vier Kühe. Nicht genug. Der Preis, den ich für das Auto bekommen könnte, würde reichen, aber meine Freunde müssen auch ihren Anteil abbekommen.«
»Wie heißen deine Freunde?«, fragte Silke und sah einen nach dem anderen an.
Der Mann mit dem Computer hieß Samuel, der mit dem Clownsgesicht Meatball, der Muskulöse mit dem kahl rasierten Schädel Prince.
Meatball grinste über das ganze Gesicht, Prince schnitzte mit seinem Panga an einem Stock herum, und Samuel erwiderte ihren Blick ausdruckslos.
Silke antwortete mit einem unsicheren Lächeln.
»Warum bist du wiedergekommen?« Hellfire beäugte sie forschend.
Silke zuckte zusammen. Fast hätte sie vergessen, was sie eigentlich von den Zulus wollte. Stockend berichtete sie, was ihr und Marcus im Wildreservat zugestoßen war.
»Ein Ranger?«, rief Hellfire aus. »Wie sah er aus?«
Sie beschrieb Mandla. »Napoleon de Villiers sagte …« Sie unterbrach sich. »Kennt ihr den?«
Hellfire nickte kaum wahrnehmbar, die verschlossenen Gesichter der drei anderen zeigten keine nennenswerte Regung.
»Also, ich habe mit Napoleon de Villiers gesprochen«, fuhr sie fort, »und er hat mir gesagt, dass er Mandla heißt.«
Bei dem Namen Mandla huschte ein ungläubiger Ausdruck über Hellfires Gesicht. »Mandlà?«, wiederholte er mit korrekter Betonung.
»Genau, ich muss ihn finden, ich muss meinen Mann finden, ehe es zu spät ist.« Dass Marcus der Sohn des Hangman war, verschwieg sie. Natürlich.
Sie wartete, aber der Zulu schien in Gedanken versunken. Er wischte mit der letzten Mopaniraupe den Rest der Tomatensoße auf und steckte sie in den Mund. Silke nahm an, dass er sich nicht ganz schlüssig war, ob er ihr, der weißen Touristin, helfen sollte. »Ich bin sehr erstaunt«, sagte Hellfire unvermittelt, »warum sollte Mandla Silongo deinen Mann entführt haben? Ich kenne Mandla. Er ist ein guter Mann. Er hat eine schwere Zeit gehabt.« Er hob den Kopf und sah ihr in die Augen. »Sag mir den Grund. Sonst kann ich dir nicht helfen.«
Silke war sich sicher, dass das keine leere Drohung war. Sein Blick war abweisend, seine Miene verschlossen. Verunsichert dachte sie nach. Hellfire war ihre einzige Chance, Marcus zu finden. Erzählte sie ihm nicht die Wahrheit über Marcus und den Hangman, würde er ihr nicht helfen. Wie er reagieren würde, wenn sie es ihm erzählte, konnte sie nicht abschätzen. Aber sie überlegte nur kurz, dann traf sie eine Entscheidung.
»Marcus ist der Sohn von Henri Bonamour. Ich glaube, hier wird er der Hangman genannt.«
Es war, als hätte sie eine Bombe geworfen. Hellfire starrte sie an. »Der Hangman?«, krächzte er. »Er ist hier?«
»Der Hangman? Nein, er lebt in Deutschland. Sein Sohn, der nichts mit dem zu tun hat, was sein Vater getan hat, ist hier. Geschäftlich.«
»Dein Mann ist sein Sohn. Ein Sohn tut, was sein Vater sagt«, erwiderte Hellfire mit lauerndem Ausdruck. »So ist es.«
Silke wischte die Bemerkung mit einer Handbewegung beiseite. »Marcus ist nicht wie sein Vater. Er ist ganz anders, er ist ein guter Mann«, sprudelte es aus ihr heraus, dann zügelte sie sich. Ihr würde der Zulu wohl nicht glauben. Es gab nur einen, an den sie sich wenden konnte. »Du kennst Napoleon
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