Nachtsafari (German Edition)
eine wunderbare Zukunft. Und Kinder. Zwar tickte auch bei Kirsty schon die berühmte Uhr, aber noch nicht sehr laut. Mit fünfunddreißig hatte sie noch ein paar Jahre. Hoffentlich. Außerdem hatte er schon mit der Verwaltung des Restaurants in Hluhluwe gesprochen und in Erfahrung gebracht, dass eine kompetente Restaurantmanagerin gesucht wurde, um die neu eingestellten einheimischen Mitarbeiter auszubilden, damit die später das Management selbst über nehmen konnten. Ihre Felderfahrung würde ihm erlauben, sie bei Einsätzen im Busch mitzunehmen, und er sah sich schon abends mit ihr vor dem gemeinsamen Cottage bei einem Sundowner sitzen. Nach einem von Kirstys köstlichen Gerichten.
Natürlich würde er ihr einen neuen Herd kaufen müssen. Und ein neues Bett, ein schön breites. Neue Bettwäsche ebenfalls. Wenn er abends todmüde und verschwitzt nach Hause kam, hatte er bisher immer irgendetwas aus dem Kühlschrank in sich hineingestopft, geduscht und sich danach dann aufs Bett gehauen. Da war es egal, ob es durchgelegen war und ob die Laken frisch oder seit Wochen nicht mehr gewechselt waren. So etwas würde Kirsty nie dulden. Sie hatte ein überschäumendes Temperament und hielt mit ihren Ansichten nicht hinterm Berg. Da flogen schon mal Gegenstände. Er sah sie vor sich, Arme in die Hüften gestemmt, wütend funkelnde Augen, fauchend wie eine Wildkatze. Ja, dachte er und musste trocken schlucken, ein neues Bett musste als Erstes her.
Den Kopf voller herzerwärmender Bilder lenkte er den Safariwagen über die buckelige Sandpiste und hätte fast einen Pillendreher überfahren, der seine Mistkugel gemächlich durch den Sand rollte. Vorsichtig machte er einen Schlenker um den schillernden Käfer und klopfte dabei zum wiederholten Mal auf die Hosentasche, um sicherzugehen, dass das kleine Kästchen noch dort war. Gestern war er den langen Weg nach Umhlanga Rocks gefahren, um beim besten Juwelier einen Ring auszusuchen. Heute würde er sie fragen, ob sie ihn haben wollte. Sein Herz schlug ihm vor Aufregung bis zum Hals.
Mit mehr als drei Stunden Verspätung begann der große Airbus den Anflug auf den Oliver-Tambo-Flughafen von Johannesburg. Silke und Marcus hatten ihr Handgepäck bereit, ein Flugbegleiter hatte ihre Jacken gebracht, und sie schnallten sich zur Landung an. Kurz darauf setzten die Reifen des Jets quietschend auf der Landebahn auf.
Vor ihnen war offenbar ein anderes Flugzeug aus Übersee gelandet, und sie fanden sich in einer langen Schlange übernächtigter Menschen vor der Passkontrolle wieder. Satzfetzen vieler Sprachen schwirrten umher und vereinigten sich zu einer sanften Melodie. Vor dem Schalter für Halter von südafrikanischen Pässen wartete eine optisch bunt gemischte Menge, und es ging deutlich munterer zu. Es wurde lauter geredet, viel gelacht, wobei Silke auffiel, dass Inder fast nur mit Indern redeten, Schwarze mit Schwarzen, Weiße mit Weißen und auch die Muslime praktisch nur mit ihresgleichen. Die Farben des Regenbogens schienen zumindest an diesem Ort sauber voneinander getrennt zu sein.
»Hast du deinen Pass bereit?«, fragte Marcus.
»Ja, natürlich.« Sie kramte ihren Pass aus ihrer Handtasche hervor und hielt ihn hoch.
Er nickte und fischte seinen Pass aus der Gesäßtasche seiner Jeans. Die Tickets hatte er zwischen die Seiten gelegt. Seine Bewegungen waren fahrig, die Tickets rutschten heraus und flatterten zu Boden, auch der Pass entglitt ihm. Silke bückte sich automatisch, dabei stießen sie mit dem Köpfen zusammen.
»Lass, ich mach das schon«, knurrte er und sammelte seine Dokumente wieder ein.
Als er sich aufrichtete, bemerkte sie, dass Schweißperlen auf seiner Stirn glänzten und selbst die Lederjacke Schweißflecken unter den Armen hatte. Besorgt nahm sie seine Hand. Sie war klamm und eiskalt.
»Sag mal, du wirst doch nicht krank? Hoffentlich hast du dir zu Hause nicht die Grippe angelacht, das könnten wir jetzt wirklich nicht gebrauchen.«
»Ach was.« Er zog seine Hand weg. »Mir geht es wunderbar, mir ist nur heiß.«
Silke erwiderte nichts. Die Ankunftshalle war voll klimatisiert und auf eine Temperatur heruntergekühlt, die als angenehm zu bezeichnen war. Sie trug einen Kurzmantel, der sicher kaum weniger wärmend war als Marcus’ Lederjacke, und ihr war wirklich nicht zu warm. Vielleicht brütete er doch eine Grippe aus, vermutlich aber war es auch einfach nur Übermüdung. Es wurde Zeit, dass er sich mal entspannte. Offenbar war er völlig
Weitere Kostenlose Bücher