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Nachtsafari (German Edition)

Nachtsafari (German Edition)

Titel: Nachtsafari (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefanie Gercke
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cremeweiße Vögel setzten gerade zum Landeanflug auf der glitzernden Wasseroberfläche an.
    »Pelikane«, quietschte sie aufgeregt. »Herrje, Marcus, sieh doch mal, Pelikane!«
    Marcus hatte seinen Ellbogen auf die Fensterkante gestützt und nickte nur stumm.
    Rob lachte stolz. »Gewöhnlich sieht man hier Seeadler, und letztes Jahr hatten wir dort sogar ein Nilpferd, das vom Norden heruntergewandert war.«
    »Ein Nilpferd!« Sie verrenkte sich den Hals, bis die Lagune ihrem Blick entzogen war. »Gibt … gibt es hier auch Elefanten?«, stotterte sie aufgeregt.
    »Außerhalb der Wildreservate nur, wenn die Dickhäuter mal wieder auf Wanderschaft gehen wollen und ausbrechen.«
    »Ausbrechen? Können die Tiere denn aus den Reservaten entkommen?«
    »Oh, locker«, gab Rob fröhlich zurück. »Im Augenblick ist gerade ein Löwe südlich vom Krügerpark unterwegs. Ein ganzes Heer von Rangern und Soldaten ist hinter ihm her, aber er entwischt ihnen ständig.«
    Silke schwieg überwältigt. Auf dem Meer glitt eine Möwe dicht über der weiß schäumenden Gischt dahin. Mit singendem Herzen sah sie dem Vogel nach, bis er in der blauen Ferne verschwand.
    In weniger als zwanzig Minuten erreichten sie nach rasanter Fahrt eine lebhafte Kreuzung, an der Rob nach links abbog und die abschüssige Straße hinunterfuhr.
    »Hier sind wir. Das ist Umhlanga.«
    Silke sah sich um. Läden und Hochhäuser rechts, der Rohbau einer riesigen Apartmentanlage links, geradeaus ein gelb geflecktes Rasendreieck mit ein paar gedrungenen Palmen und schön gewachsenen Laubbäumen, in deren Schatten ein Container stand. Davor saßen einige dunkelhäutige Männer in Uniform, redeten, rauchten oder dösten. Polizeiautos parkten unmittelbar daneben.
    »Der lokale Polizeiposten«, erklärte Rob.
    Marcus starrte zu den Uniformierten hinüber, sagte jedoch nichts.
    Rob bog abermals ab. Am Straßenrand saß ein indischer Straßenhändler hinter einer goldgelben Pyramide aus Mangos und Ananas, und von Häusern eingerahmt konnte Silke die Bran dung sehen. Sie ließ das Fenster herunter, und ein Schwall salziger, warmer Luft wehte ihr ins Gesicht. Das ständige Röhren der Brandung, schrilles Vogelgezwitscher, laute Fetzen fremder Sprachen prallten auf ihre Ohren. Alles mischte sich zu einem Klang brei, der ihren Kopf füllte, und sie wurde von einer bleiernen Müdigkeit überrascht. Sie schloss die Augen.
    Plötzlich schreckte sie mit einem Ruck hoch. Offenbar war sie tatsächlich in eine Art Sekundenschlaf gefallen. Rob hatte angehalten, ein Tor aus soliden Metallstreben glitt vor ihnen zurück, er fuhr hindurch.
    Ein Inder in abgerissener Kleidung salutierte mit breitem Grinsen und öffnete die Fahrertür. »Hello, Sir.«
    »Hi, Paddy. Alles okay hier?«
    »Ja, Sir, alles ist gut.«
    »Okay, Paddy, nimm die Koffer«, sagte der Minenmanager und an Silke gewandt: »Da geht’s hinein.«
    Rob schloss eine mit Messing beschlagene Tür auf und ließ Silke den Vortritt ins Apartment.
    Silkes Blick wanderte durch den luftigen, lang gestreckten Raum zu der hohen Glasfront am Ende, über die geflieste Terrasse hinaus auf die unendliche Weite des Indischen Ozeans. Im Abenddunst glitzerten die Lichter von Dutzenden von Schiffen, die weit draußen auf Reede lagen. Es wirkte, als läge eine leuchtende Insel im Meer.
    »Kommen Sie«, sagte Rob mit Stolz in der Stimme, während er durchs Zimmer marschierte und die Terrassentür aufschob.
    Silke nahm Marcus an der Hand und trat mit ihm hinaus ins Freie. Und prallte zurück. Das Brüllen der Brandung sprang sie an wie ein wildes Tier, und nach dem Eiswind, der aus den Lamellenöffnungen unterhalb der Decken wehte, glaubte sie, in einem Dampfbad gelandet zu sein. Die Luft war salzig und so nass, dass sie fast flüssig schien und sie im ersten Augenblick nach Atem ringen musste. Aber die Feuchtigkeit umschmeichelte ihre Haut wie Seide, Himmel und Ozean hatten keine Grenze, und der aprikosenfarbene Widerschein der untergehenden Sonne verwandelte die Welt in eine lichterfüllte Kristallschale.
    Für eine lange Weile betrachtete sie stumm diese Herrlichkeit, fühlte dankbar, wie sich ihre vibrierenden Muskeln entspannten und ihre Seele leicht wurde.
    »Herrgott, ist das schön. Hier könnte ich bleiben«, murmelte sie und sah Marcus an.
    »Der Krach und die ewige Feuchtigkeit würden dich schnell verrückt machen«, war seine ebenso überraschende wie harsche Antwort. »Mal ganz abgesehen von den anderen Dingen.«
    »Wie bitte?

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