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Nachtsafari (German Edition)

Nachtsafari (German Edition)

Titel: Nachtsafari (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefanie Gercke
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Whiskyglas starrte.
    »Willst du dir nicht auch etwas zum Essen holen?«, fragte sie. »Wenn du zu lange wartest, ist das Buffet leer gegessen, und zwar von mir.« Sie lachte, in der Hoffnung, ihn aus seiner merkwürdigen Stimmung herauszuholen. »Hast du schon meinen Wein bestellt?«
    Als Antwort winkte er eine Kellnerin heran und hielt sein Glas hoch. »Dasselbe noch mal. Und bringen Sie die Weinkarte.«
    Silke bemerkte, dass seine Augen bereits einen leicht glasigen Ausdruck angenommen hatten. Sie seufzte. Was war nur in ihn gefahren? Sein Stimmungsumschwung hätte nicht krasser sein können. Sie dachte an die Szene mit dem Weißen vor dem Restaurant, der bewaffnet war, als würde er in den Krieg ziehen. Aus Marcus’ Reaktion hatte sie im ersten Augenblick geschlossen, dass er den Mann kannte. Aber der hatte überhaupt keine Notiz von ihm genommen, und sie konnte sich auch beim besten Willen nicht vorstellen, wo Marcus einem solchen Menschen begegnet sein sollte. Es musste die Sorge um sein Geschäft sein, um die Mine. Die Konsequenzen, von denen er geredet hatte, waren ja auch beängstigend, obwohl sie sich immer noch sicher war, dass alles nicht so dramatisch war, wie er annahm.
    »Ich bin auf die Buschwanderung gespannt.« Sie spießte ein Stück Lachs auf und hielt es ihm hin, um ihn vom Alkohol abzulenken, aber Marcus wehrte brummend ab.
    Genervt aß sie den Lachs selbst. »Sieh nur zu, dass du morgen Nachmittag nüchtern bist, sonst bandle ich mit dem netten Ranger an. Der ist genau mein Typ.«
    »Na, pass auf, dass dich das Khaki-Fieber nicht erwischt«, bemerkte er.
    »Khaki-Fieber?« Verblüfft ließ sie die Gabel sinken. »Ist das gefährlich? Ansteckend?«
    »Wie man’s nimmt …« Sein Ton war spöttisch.
    Gerade wollte Silke nachhaken, als eine Kellnerin mit der Weinkarte erschien, die er ausgiebig studierte.
    Silke hatte ihren Teller leer gegessen und stand auf. »Ich mache mich jetzt über die Hauptspeisen her. Kommst du mit?«
    »Ich suche uns einen schönen Wein aus, dann komme ich nach. Geh du schon vor.«
    Silke beschloss, ihm einfach einen Teller aufzufüllen und dafür zu sorgen, dass er aß – und wenn sie ihn stopfen musste wie die sprichwörtliche Gans.
    Mit klickenden Absätzen marschierte sie ein zweites Mal zum Buffet. An der Tür zur Bar entdeckte sie Scott MacLean, der in ein Gespräch mit einem der Kellner, einem jungen Zulu, vertieft war. Als er sich zum Gehen wandte, erkannte er sie und winkte ihr zu.
    »Waffen sind bei uns nicht erlaubt«, rief er grinsend und zeigte auf ihre Stilettos. »Die sind ja mörderisch.«
    »Sie hatte ich auch nicht im Visier«, gab sie zurück.
    Scott MacLean lachte laut los. »Bis dann!«, rief er und ging leise pfeifend durch die Bar hinaus in die warme Nacht.
    Silke sah ihm mit einem Anflug von Neid nach. Das ist ein Mann, der wirklich glücklich und zufrieden zu sein scheint, dachte sie und schnupperte dann am Curry.
    Und das war Scott MacLean auch. Glücklich. Denn Kirsty hatte seinen Antrag angenommen. Seitdem befand er sich in einem euphorischen Gemütszustand, wie er ihn noch nie erlebt hatte. In Hochstimmung marschierte er los.
    Dieser Zustand aber sollte letztendlich schuld daran sein, dass er eine folgenschwere Entscheidung traf. Anstatt den sorgfältig gerodeten Weg zu seinem Haus zu nehmen, wählte er die Abkürzung, die erst durch hohes Savannengras und dann durch dichten Busch führte.
    Er tat es, weil es schon spät war, weil er Hunger hatte und weil er bereits um halb vier Uhr morgens wieder aufstehen musste, um mit den ersten Touristen zu Fuß das Reservat zu erkunden. Und außerdem weil Kirsty auf ihn wartete. Er drückte die überhängenden Zweige beiseite und tauchte im Busch unter.
    Scotty, wie ihn alle nannten, war einer der erfahrensten Ranger seines Landes, geboren und aufgewachsen im heißen, wilden Norden KwaZulu-Natals nahe der Grenze zu Mosambik, als Sohn des legendären Mac MacLean, der ebenfalls Game Ranger gewesen war. Scotty las Spuren wie ein alter Buschmann, erkannte instinktiv das Wesen eines Tieres, sodass es Außenstehenden vorkam, als verstünde er dessen Sprache. Wenn ihm die Hektik des modernen Lebens zu viel wurde, ließ er Handy und Funkgerät im Nachttisch zurück und verschwand für Tage irgendwo im Busch. Keiner wusste, wo, denn die ursprüngliche Buschsavanne war südlich der mosambikanischen Grenze praktisch nur noch in den unzähligen eingezäunten Wildparks erhalten. Seine Kollegen vermuteten, dass es

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