Nachtsafari (German Edition)
legte den Arm um sie. »Lass uns nachher auf der Ter rasse noch einen Sundowner trinken, von da ist der Anblick sicher noch spektakulärer, weil kein künstliches Licht stört«, flüsterte er.
Hingerissen legte Silke den Kopf in den Nacken und betrachtete die Milchstraße, die als prachtvoll funkelnder Sternenteppich auf samtigem Blau lag. Die Anspannung der letzten Tage rann aus ihr heraus wie Wasser. Afrikas Zauber existierte also doch.
Aber er währte nicht lange. Die Wirklichkeit drängte sich mit wüstem Gebrüll zwischen sie. Marcus blieb abrupt stehen. Im Schein einer Laterne kletterte ein massiger Mann in einem uniformähnlichen Khakianzug aus einem Geländewagen, schimpfte lautstark in ein Mobiltelefon, beugte sich gleichzeitig ins Wageninnere und tauchte mit einem Gewehr in der Hand wieder auf.
»Shit«, brüllte der Mann und dann noch ein paar Worte in gutturalem Afrikaans, die sehr unfreundlich klangen. Damit klappte er das Handy zu und steckte es in seine Brusttasche.
Silke musterte ihn verstohlen. Alles an ihm war groß, Kopf, Hände, Füße und besonders sein Bauch. Die Buschstiefel waren mit Schlamm verschmiert, eine militärisch wirkende Kappe saß auf dem kugelförmigen Kopf. An seiner Hüfte baumelte ein Pisto lenhalfter, in einer Hand hielt er das Gewehr, mit der anderen kratzte er sich genüsslich unter seinem Hemd. Anschließend lehnte er sich mit gekreuzten Beinen an den Kotflügel seines Autos, streifte sie und Marcus mit einem gleichgültigen Blick und konzentrierte sich darauf, den doppelten Lauf seines Gewehrs mit einem Tuch zu polieren.
»Mein Himmel«, stieß Silke hervor und stöckelte genervt weiter. »Hier scheint ja eine ganze Armee unterwegs zu sein.«
Als Marcus nicht antwortete, drehte sie sich zu ihm um. Im fahlen Schein der Laterne sah sie, dass sein Gesicht alle Farbe verloren hatte.
»Was ist?« Sie legte ihm die Hand auf den Arm. »Um Himmels willen, du zitterst ja. Hast du zu viel Sonne abbekommen?« Mit dem Handrücken prüfte sie seine Wangen und die Stirn. »Scheint nicht so.«
Wie in Trance wandte er den Kopf. Mühsam bewegte er die Lippen, brachte aber keinen Ton hervor.
Ein metallisches Ratschen zog erneut ihre Aufmerksamkeit auf den Uniformierten. Er hatte den Lauf seines Gewehrs abgeknickt, schob zwei Patronen hinein und schlug den Lauf wieder hoch.
Sie zupfte Marcus am Ärmel. »Nun komm schon, der tut uns sicher nichts. Außerdem habe ich Hunger«, rief sie ungeduldig und zerrte ihn energisch an dem Mann vorbei, der keinerlei Regung zeigte, die sie auf sich und Marcus hätte beziehen können.
Eine hübsche Zulu mit lachenden, schwarzen Augen war die Empfangsdame des Restaurants. Sie prüfte ihre Reservierung, nahm die Speisekarte und ging ihnen voraus. Marcus stolperte hinter ihr her, stieß mehrfach gegen die Stühle anderer Gäste und hätte um ein Haar eine zierliche Blondine umgerannt, was er nicht einmal zu bemerken schien. Sie wurden zu einem schönen Tisch am Fenster geführt, und Silke war froh, endlich ihren Platz erreicht zu haben. Sie sah sich um. An der gegenüberliegenden Wand war ein äußerst lecker aussehendes Buffet aufgebaut, rechts von ihnen lag ein verglaster Anbau, in dem jedoch niemand saß.
»Ich brauche einen Drink«, presste Marcus hervor, winkte einer Serviererin, einer Zulu mit strengem Gesicht und ausladendem Hinterteil, und bestellte einen doppelten Whisky. »Willst du auch einen?«
Silke zog die Brauen zusammen, kommentierte sein Benehmen jedoch nicht. »Bestell mir bitte einen Wein. Weiß und leicht.« Sie stand auf. »Ich sehe mir in der Zwischenzeit das Essen an«, verkündete sie und schlängelte sich an den dicht stehenden Tischen vorbei zum Buffet, das in einem großen Halbrund aufgebaut war.
Es duftete köstlich. Neugierig hob sie jeden Deckel hoch und schnupperte. Als sie bei den Hauptspeisen angelangt war, war ihr Teller schon so sehr mit Salat, Lachs, überbackenen Muscheln und Carpaccio vom Impala überhäuft, dass sie diskret ihren Dau men gebrauchen musste, damit die Croutons nicht vom Salat her unterpurzelten.
»Lecker, was?« Eine tiefe Stimme hinter ihr.
Vorsichtig ihren Teller balancierend, warf sie einen verstohlenen Blick über die Schulter. Fröhliches Grinsen, tief gebräuntes Gesicht, unmöglich blaue Augen in einem Kranz von Lachfalten, sonnenblonde Haare, breite Schultern, Rangeruniform.
Zu offensichtlich, dachte Silke, nickte lediglich lächelnd und kehrte zu Marcus zurück, der nur in sein
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