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Nachtsafari (German Edition)

Nachtsafari (German Edition)

Titel: Nachtsafari (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefanie Gercke
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ihn zurück in den heißen Busch im Norden zog, in seine Heimat um Kosi Bay, wo er aufgewachsen war. Dort wohne seine Seele, hatte er einmal bemerkt, als er mehrere Whiskys intus hatte.
    Im Busch ernährte er sich von dem, was er fand. Von Früchten und Nüssen, kleinen Fischen, die er aus den flachen Seitenarmen des Usutu-Flusses zog, und von fetten Mopaniraupen, die er seit seiner Kindheit schätzte und abends über dem Feuer röstete. Ab und zu warf er eine Handvoll Termiten mit Wildkräutern in die Pfanne, die er, wenn sie nicht in Gebrauch war, am Gürtel mit sich trug. Termiten mochte er. Mit Pfeffer, Salz und einem Hauch von Curry. Sie lieferten wie die Mopaniraupen gutes Eiweiß.
    Kehrte er dann zurück in das kleine Haus, das ihm vom Management des Wildreservats gestellt worden war, war er wieder heiter und ausgeglichen. Wie gesagt, Scotty MacLean war einer der besten Kenner der afrikanischen Wildnis.
    Deswegen war seine Entscheidung, an diesem Abend trotz der rasch aufziehenden Nacht die Abkürzung zu nehmen, absolut vertretbar, auch wenn der Trampelpfad nirgendwo breiter war als die Schultern eines Menschen und durch einen mannshohen Tunnel von raschelndem Savannengras führte. Schließlich konnte er nicht ahnen, dass dort eine halbe Stunde zuvor eine Familie verspielter Mungos im letzten Widerschein des Sonnenuntergangs herumgetollt war und dabei eine Schwarze Mamba überrascht hatte, die soeben eine Maus verschlungen hatte und auf der Suche nach einem Unterschlupf durchs Gras glitt, um den Nager in Ruhe verdauen zu können.
    Der jüngste der Mungos landete ungeschickt auf dem Schwanz des olivfarbenen Reptils, das sich blitzschnell aufrichtete. Aber bevor es die zentimeterlangen Giftzähne in den Leib des kleinen Mungos versenken konnte, biss eines der erwachsenen Mitglieder der Mungofamilie zu und verletzte die Mamba am Rücken. Die bäumte sich auf, riss ihr Maul auf und zeigte ihren Rachen, dessen violettschwarzer Farbe sie ihren Namen verdankt. Die eleganten Schleichkatzen verschwanden mit wenigen Sätzen in den nächtlichen Schatten.
    Von der Bisswunde behindert, die eine Handbreit unter ihrem Schädelansatz saß, kroch die Schlange mühsam davon, stieß auf einen Termitenhügel und fand in etwa einem Meter Höhe eine flache Ausbuchtung. Sie legte ihren fast drei Meter langen Körper in ordentliche Schlingen und bettete den Kopf mit dem verletzten Hals darauf. Das Blut auf der Wunde koagulierte bereits. Sie würde bald verheilen. Allerdings drückte im Augenblick der Bluterguss auf die Rückennerven, sodass sich das Tier nicht wie gewöhnlich um ein Drittel seiner Körperlänge aufrichten konnte, sondern nur um wenige Zentimeter.
    Das alles konnte Scotty nicht ahnen, genauso wenig, welche Auswirkung die Folgen seiner Fehlentscheidung auch auf das Leben von Marcus und Silke Bonamour haben würden. Der Ranger ging den engen Weg entlang, den Strahl seiner Taschenlampe immer vor sich auf den Boden gerichtet, um nicht unversehens in ein Loch oder gar auf eine Schlange zu treten, obwohl die meisten von ihnen bei der geringsten Bedrohung in Deckung gingen.
    Doch das Hämmern seiner festen Schritte erzeugte ein Mikrobeben, das sich in der ausgetrockneten Erde bis zu dem Termitenhügel neben dem Pfad fortsetzte. Die Mamba nahm es wahr, hob den Kopf so hoch, wie es ihr möglich war, öffnete in einer Drohgebärde den Rachen und fauchte wie eine übel gelaunte Katze.
    Scotty MacLean stieß im selben Augenblick ein lautes Schimpf wort aus, weil er auf einen losen Stein getreten und umgeknickt war. So überhörte er die Warnung des Reptils. Stattdessen leuchtete er auf seine Uhr und fluchte noch einmal. Schon Viertel vor acht. Kirsty konnte ziemlich laut werden, wenn er zu spät kam, doch die Beschaffenheit des Wegs erlaubte ihm keine schnellere Gangart. Seine Hand mit der Lampe schwang im Rhythmus seiner Schritte, der Lichtkegel huschte über den Weg und den unteren Teil des Termitenhügels.
    Im Endeffekt war es knapp ein Zentimeter, der über sein Schick sal entschied. Außer zwei scharfen Nadelstichen im fleischigen Teil seines kleinen Fingers und gleich darauf an der Außenkante des Handtellers spürte er im ersten Moment nichts. Ein anderer hätte es wohl kaum registriert oder geglaubt, sich an einem Dorn gestochen zu haben, aber Scotty war zu erfahren. Ihm war auf der Stelle klar, was passiert war.
    Im gleißenden Strahl der Taschenlampe hielt er seine Hand vors Gesicht und sah die zwei punktförmigen

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