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Nachtschrei - Deaver, J: Nachtschrei - The Bodies left behind

Titel: Nachtschrei - Deaver, J: Nachtschrei - The Bodies left behind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeffery Deaver
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preiszugeben. Sie versuchte, alles zugleich im Blick zu behalten. Ihr wurde fast schwindlig.
    Sie schaute in das erleuchtete Schlafzimmer zu ihrer Linken,
atmete tief durch und trat ein. Dabei hielt sie die Waffe dicht an ihrer Seite, damit man sie ihr nicht entreißen konnte, genau wie Keith es ihr in dem Kurs über taktisches Vorgehen beigebracht hatte, dem Kurs, bei dem sie sich kennengelernt hatten.
    Es war niemand im Raum, aber das Bett war in Unordnung, und auf dem Boden lag Verbandmaterial. Brynns schiefer Unterkiefer zitterte. Sie kehrte ins Wohnzimmer zurück, wo das Kaminfeuer prasselte. Möglichst lautlos näherte sie sich dem Teppich und machte vorsichtig einen Bogen um die leere Tasche und den Rucksack. Die Beschriftung der verstreut daliegenden Akten kündete von dem Beruf der Frau: Haberstrom, Inc., Firmenübernahme. Gibbons gegen Kenosha Automotive Technologies . Pascoe, Inc. Refinanzierung. Anhörung - Neugliederung der Verwaltungsbezirke.
    Sie ging weiter in die Küche.
    Und erstarrte. Vor ihr lagen die jungen Eheleute. Sie trugen Arbeitskleidung; Hemd und Bluse waren von dunklem Blut durchtränkt. Man hatte beiden in den Kopf geschossen und der Frau außerdem in den Hals - von ihr stammte all das Blut. Der Mann war panisch weggerannt, ausgerutscht und gestürzt; von dem blutigen Teppich verlief eine rote Schmierspur bis zu seinem Schuh. Die Frau hatte sich im Todeskampf umgedreht. Sie lag auf dem Bauch, und ihr rechter Arm ruhte verdreht und nach oben geknickt auf ihrem Rücken, als hätte sie versucht, sich dort oberhalb der Lendenwirbelsäule zu kratzen.
    Wo steckt die Freundin?, grübelte Brynn. War sie entkommen? Oder hatte der Killer sie nach oben gebracht? Ihr fiel das Licht im ersten Stock ein.
    War der Täter überhaupt schon weg?
    Die Antwort auf diese Frage erhielt sie unmittelbar darauf.
    »Hart?«, flüsterte draußen eine Stimme. »Der Schlüssel ist nicht im Wagen. Sie hat ihn mitgenommen.«
    Das kam aus Richtung der Vorderseite des Hauses, aber Brynn hätte nicht sagen können, von wo genau.

    Sie drückte sich flach an die Wand. Wischte sich die rechte Handfläche an der linken Schulter ab und packte die Waffe mit festem Griff.
    Nach einem Moment meldete sich eine andere Stimme - die von Hart, nahm sie an - und wandte sich in entschlossenem Tonfall nicht etwa an seinen Partner, sondern an Brynn: »He, Lady. Sie da drinnen. Bringen Sie uns Ihren Schlüssel. Wir wollen bloß den Wagen, das ist alles. Ihnen wird nichts geschehen.«
    Sie hob die Waffe, mit der Mündung nach oben. Im Verlauf der anderthalb Jahrzehnte im Polizeidienst hatte Brynn McKenzie bisher viermal auf einen anderen Menschen geschossen. Das war nicht viel, aber immer noch viermal so viel wie bei den meisten Deputys während ihrer gesamten Laufbahn. Es gehörte zu ihrem Job, genau wie der Alkoholtest bei Autofahrern und das Trösten verprügelter Ehefrauen, und sie wurde von einer seltsamen Mischung aus Anspannung, Entsetzen und Befriedigung erfüllt.
    »Ehrlich«, rief Hart. »Haben Sie keine Angst. Oder wissen Sie was? Werfen Sie den Schlüssel einfach zur Vordertür hinaus, falls Sie uns nicht trauen. Andernfalls kommen wir nämlich herein und holen ihn uns. Glauben Sie mir, wir wollen nur von hier weg. Sonst nichts.«
    Brynn schaltete die Lampe in der Küche aus. Nun spendete nur noch das prasselnde Kaminfeuer Licht - und die Lampe im Schlafzimmer, in dem sie kurz gewesen war.
    Ein Flüstern in einiger Entfernung. Das bedeutete, die beiden berieten sich von Angesicht zu Angesicht.
    Aber wo?
    Und waren es bloß zwei? Oder mehr? Sie ertappte sich dabei, dass sie die beiden Leichen anstarrte.
    Und wo war die Freundin?
    Dann wieder Hart, in aller Seelenruhe: »Sie haben die Leute da drinnen gesehen und möchten bestimmt nicht, dass mit
Ihnen das Gleiche passiert. Werfen Sie den Schlüssel heraus. Seien Sie nicht dumm. Bitte.«
    Natürlich würde man sie sofort ermorden, falls sie sich zeigte.
    Sollte sie sich als Deputy zu erkennen geben? Und behaupten, es sei Verstärkung unterwegs?
    Nein, verrate dich nicht.
    Sie presste sich an die Tür der Speisekammer und ließ den Blick über die hinteren Fenster schweifen. Das Wohnzimmer spiegelte sich darin, und Brynn keuchte leise auf, als dort plötzlich ein Mann im Eingang erschien und sich vorsichtig hineinschlich. Er war groß, kräftig und trug eine dunkle Jacke. Langes Haar, Stiefel. Er hatte eine Pistole in der … das Spiegelbild verwirrte sie im ersten Moment … in

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