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Nachtschrei - Deaver, J: Nachtschrei - The Bodies left behind

Titel: Nachtschrei - Deaver, J: Nachtschrei - The Bodies left behind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeffery Deaver
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Fertigkeit, die er in seiner Branche einfach beherrschen musste - man konnte schließlich auch kein Zimmermann sein, wenn man nicht wusste, wie man hobelt oder an einer Drehbank arbeitet. Nein, er rief sich seine früheren Überlegungen ins Gedächtnis. Da der heutige Auftrag abgeschlossen war, musste Hart sich nun darauf konzentrieren, welche gravierenden Konsequenzen der Tod der beiden Frauen nach sich ziehen würde und was für diesbezügliche Vorkehrungen zu treffen waren.
    Denn es würde mit Sicherheit Konsequenzen geben, das wusste er.

22
    Graham Boyd saß vorgebeugt auf der grünen Couch. Seine Stirn lag in Falten, und er schaute nicht auf den Fernseher, sondern zu einem alten weiß und golden lackierten Beistelltisch, unter dem eine Schachtel stand. Sie enthielt die einzige Strickarbeit, die Brynn seines Wissens je in Angriff genommen hatte - einen Pullover für eine Nichte. Das lag nun schon einige Jahre zurück, und mehr als ein fünfzehn Zentimeter langes, ungleichmäßiges Ärmelstück war nicht dabei herausgekommen.
    Anna blickte von ihrer eigenen Strickerei auf. »Jetzt habe ich aber lange genug gewartet.«
    Ihr Schwiegersohn zog eine Augenbraue hoch.
    Sie legte die großen blauen Nadeln hin, nahm die Fernbedienung
und stellte den Ton leiser. Graham hatte wieder einmal den Eindruck, dass Anna im Innern härter war, als die adrette Frisur und das milde Lächeln auf ihrem gepuderten Gesicht erahnen ließen.
    »Du kannst es mir ebenso gut erzählen. Früher oder später bekomme ich es ja doch aus dir heraus.«
    Wovon, zum Teufel, redete sie da? Er wandte den Blick ab. Auf dem Flachbildschirm lief irgendein Blödsinn.
    Sie ließ Graham nicht aus den Augen. »Es geht um diesen Anruf, richtig? Den von der Schule.«
    Er setzte zu einer Erwiderung an, hielt jedoch inne. »Die Angelegenheit ist etwas ernster, als ich gesagt habe«, räumte er schließlich ein.
    »Das habe ich mir schon gedacht.«
    Er erzählte ihr, was Joeys Sektionsberater ihm mitgeteilt hatte - über die Schulschwänzerei, die gefälschte Unterschrift, das Asphaltsurfen und sogar über die Suspendierung vom letzten Herbst. »Und es hat noch andere Prügeleien gegeben. Ich habe mich nicht getraut, den Mann nach Einzelheiten zu fragen.«
    Äh, welche Rauferei meinen Sie …?
    »Ah.« Anna nickte. »Ich hatte so eine Ahnung.«
    »Wirklich?«
    Sie fing wieder an zu stricken. »Was wirst du deswegen unternehmen?«
    Graham zuckte die Achseln und lehnte sich zurück. »Mein erster Gedanke war, mit Joey zu sprechen. Aber das überlasse ich Brynn. Sie kann das besser.«
    »Es nagt an dir, das sehe ich doch. Du hast bei der Sitcom kein einziges Mal gelacht.«
    »Er hat bestimmt nicht zum ersten Mal geschwänzt. Meinst du nicht auch?«
    »Höchstwahrscheinlich. Jedenfalls nach meinen Erfahrungen mit Kindern.« Anna wusste, wovon sie redete. Brynn hatte
einen älteren Bruder und eine jüngere Schwester, die heute als Lehrer beziehungsweise als Handelsvertreterin in der Computerbranche arbeiteten. Es waren freundliche, nette Leute, angenehme Leute. Ganz normal. Brynn war bisweilen deutlich unkonventioneller als ihre Geschwister.
    Anna McKenzie ließ nun endgültig die Maske der gütigen älteren Dame fallen, derer sie sich bei Bedarf wie zur Tarnung bediente. Der Ton ihrer Stimme änderte sich; es war ein Unterschied wie Tag und Nacht. »Worauf ich hinauswill: Du ziehst ihn nie zur Verantwortung, Graham.«
    »Nach Keith weiß ich eben nicht, was ich tun oder lassen soll.«
    »Du bist nicht Keith. Gott sei Dank. Mach dir keine Sorgen.«
    »Brynn lässt mich nicht. Zumindest habe ich den Eindruck. Und ich habe sie nie dazu gedrängt. Ich möchte nicht ihre Autorität untergraben. Er ist ihr Sohn.«
    »Nicht nur«, ermahnte sie ihn sofort. »Er ist jetzt auch dein Junge. Du bekommst das ganze Paket - sogar eine streitbare alte Lady, die du gar nicht bestellt hattest.«
    Er lachte auf. »Aber ich möchte vorsichtig sein … Ich weiß, dass Joey die Scheidung nur sehr schwer verdaut hat.«
    »Wer hätte das nicht? So ist nun mal das Leben. Kein Grund für dich, zum scheuen Reh zu werden, sobald es um Joey geht.«
    »Vielleicht hast du recht.«
    »Allerdings. Geh hoch zu ihm. Jetzt gleich.« Sie hielt inne. »Womöglich ist es sogar ein Glücksfall gewesen, dass Brynn heute Abend zu diesem Einsatz musste. Nun habt ihr endlich die Gelegenheit, mal miteinander zu reden.«
    »Und was soll ich sagen? Ich habe versucht, mir etwas zurechtzulegen, aber das klang alles

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