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Nachtschrei - Deaver, J: Nachtschrei - The Bodies left behind

Titel: Nachtschrei - Deaver, J: Nachtschrei - The Bodies left behind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeffery Deaver
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dass sie eifrig geübt haben. Vor allem Alicia. Jeden Tag nach dem Unterricht von drei bis halb fünf in diesem Probenraum … Beeindruckend. Ich dachte nur, Sie sollten von der Baustelle wissen. Okay, nun aber einen schönen Abend noch, Mr. Morgan.«
    Jasons drehte sich um und ging zu seinem Lexus. Er schätzte die Chance, dass der Mann sich von hinten auf ihn stürzen würde, auf ungefähr zehn Prozent. Doch er konnte unbehelligt einsteigen und den Motor anlassen.
    Als er in den Rückspiegel sah, war Morgans Mercedes verschwunden.
    Ebenso wie der Zettel.
    Die erste Aufgabe des Abends war erledigt. Nun zur Nummer zwei. Sein Magen knurrte schon wieder, aber Jasons beschloss, lieber sofort aufzubrechen. Aus den Anweisungen ging hervor, dass die Fahrt zum Lake Mondac mehr als zwei Stunden dauern würde.

26
    Das Terrain rund um Brynn und Michelle war sumpfig, und sie mussten aufpassen, nicht auf einen vermeintlich festen Blätterteppich zu treten, der in Wahrheit nur eine dünne Schicht über einem tiefen Schlammloch war. Das Quaken der Frösche war aufdringlich und ohrenbetäubend und ärgerte Brynn, weil es alle anderen Geräusche überdeckte.
    Angespannt schweigend gingen sie zwanzig Minuten weiter - und wählten dabei die am wenigsten zugewucherten Stellen, die sie immer tiefer in das einschüchternde Labyrinth des Waldes führten. Brynn und Michelle stiegen in eine Rinne hinab, die voller Brombeeren, Liliengewächse, Bärlauch und einem Dutzend anderer Pflanzen war, die sie nicht kannte. Unter beträchtlichen Mühen kletterten sie auf der anderen Seite wieder hinaus.
    Wo Brynn mit einem Mal klar wurde, dass sie sich hoffnungslos verirrt hatte.
    Auf höher gelegenem Gebiet hatten sie die Richtung noch ungefähr einschätzen können - genau nach Norden zum Joliet Trail. Dabei hatte Brynn sich an mehreren Geländepunkten orientiert: Hügelkämme, ein Bach, eine ungewöhnliche Ansammlung hoher Eichen. Doch felsige Klippen und das dichte, teils dornige Unterholz hatten sie mehr und mehr in die Senken gezwungen. Alle Orientierungsmöglichkeiten waren verschwunden. Sie erinnerte sich daran, was der Ausbilder beim Kurs der Staatspolizei gesagt hatte: Wenn man jemanden in unbekanntem Gebiet aussetzt, das über keinerlei markante Geländepunkte verfügt, hat er nach spätestens fünfunddreißig Minuten vollkommen die Orientierung verloren. Brynn hatte ihm zwar geglaubt, dabei aber nicht begriffen, dass zu viele
Geländepunkte ein ebenso großes Problem bedeuten konnten wie zu wenige.
    »Sind Sie und Ihre Freunde hier je wandern gewesen?«
    »Ich gehe nicht wandern«, stellte Michelle gereizt fest. »Und ich habe sie in dem Ferienhaus nur ein- oder zweimal besucht.«
    Brynn sah sich langsam um.
    »Ich dachte, Sie wüssten, wo wir sind«, murmelte Michelle.
    »Das dachte ich auch«, sagte sie mit kaum verhohlenem Ärger.
    »Tja, dann suchen wir eben nach Moos. Das wächst auf der Nordseite der Bäume. Zumindest hat man uns das in der Grundschule so beigebracht.«
    »Wohl kaum«, wandte Brynn ein. »Es wächst dort, wo es am feuchtesten ist, was normalerweise auf die Nordseite von Bäumen und Felsen zutrifft. Aber nur, wenn es genug Sonne gibt, um die Südseite auszutrocknen. Im tiefen Wald wächst überall Moos.« Brynn streckte den Arm aus. »Lassen Sie es uns da versuchen.« Sie fragte sich, ob sie diese Route wählte, weil sie einfach weniger einschüchternd und die Vegetation nicht ganz so dicht wirkte. Michelle folgte ihr wie betäubt und humpelte mit ihrer Krücke aus poliertem Rosenholz weiter.
    Wenig später blieb Brynn schon wieder stehen. Falls das überhaupt möglich war, hatte sie sich nun noch gründlicher verirrt als zehn Minuten zuvor.
    So kann das nicht weitergehen.
    Sie hatte eine Idee. »Haben Sie eine Nadel?«, fragte sie Michelle.
    »Eine was?«
    »Eine Nadel, einen Anstecker oder vielleicht eine Sicherheitsnadel.«
    »Wieso sollte ich eine Nadel haben?«
    »Haben Sie nun eine oder nicht?«
    Die Frau klopfte ihre Jacke ab. »Nein. Wozu?«
    Ihr Abzeichen! Brynn zog es aus der Tasche. Kennesha
County Sheriff’s Department . Verchromt. Aus dem Siegel des Bezirks ragten Hügelketten wie Sonnenstrahlen hervor.
    Sie drehte es um und betrachtete die Schließe auf der Rückseite.
    Konnte das tatsächlich funktionieren?
    »Kommen Sie.« Sie führte Michelle zu einem nahen Bach, kniete sich hin und fing an, eine dicke Laubschicht beiseitezuschieben. »Suchen Sie ein paar Steine. Etwa so groß wie eine

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