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Nachtseelen

Titel: Nachtseelen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Krouk Olga
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– Gott sei Dank -, doch ihr Ruf eilte ihr weit voraus. Exzentrisch sollte sie sein, wie ein Goth-Girl gekleidet, übertrieben geschminkt und mit violetten Strähnchen im rabenschwarzen Haar. Doch nicht ihr Aussehen flößte ihren Feinden Angst und Schrecken ein, sondern ihre Fähigkeiten. Mit ihren mentalen Kräften war sie in der Lage, jeden Kopf zu knacken, die Gedanken eines jeden zu lesen, so sagte man.
    In den ersten Tagen seiner Gemeinde-Angehörigkeit wurde es Finn zwar beigebracht, sein Âjnâ zu verschließen und die telepathische Gabe der Untoten gegen diese
zu wenden, aber er bezweifelte, es mit Maria aufnehmen zu können. Wenn sie seine Barrieren brechen wollte, würde er sie nicht daran hindern können, bloß ziemliche Qualen auf sich nehmen.
    Zu seiner Erleichterung war außer Adrián keiner da, anscheinend nahm ihm die Untote das Verhältnis mit Evelyn tatsächlich krumm.
    Der Totenküsser stand bei den Rosensträuchern, roch an den Blüten und musste gleich niesen.
    Â»Kann es sein, dass ich allergisch gegen das Zeug bin?«, fragte er, während er sich die Nase putzte.
    Â»Das wage ich zu bezweifeln«, kommentierte Conrad und schubste Finn etwas unsanft vorwärts. »Sie sind am Zug. Wir sind äußerst gespannt auf Ihre Informationen.«
    Auf dem Boden lagen einige Hamburg-Pläne ausgebreitet und handgezeichnete Skizzen des Pesthofes. Etwas ungenaue Skizzen, wie Finn feststellte, und ein ungutes Gefühl breitete sich in ihm aus. Er war dabei, Menschen zu verraten, die in den letzten Monaten für ihn so etwas wie eine Familie dargestellt hatten. Keine allzu gute Familie, in der er sich glücklich gefühlt hätte, aber immerhin waren sie für ihn da und hatten ihm vertraut. Und er ihnen.
    Wie schnell sich alles ändern konnte! Wie einfach sich Freunde in Feinde und Feinde in Freunde verwandelten. Aber es gab keinen Weg zurück. Wenn er sich jetzt weigerte, würden die Totenküsser schon eine Möglichkeit finden, die notwendigen Informationen aus ihm herauszuholen, und das auf keine allzu humane
Art. Besonders Adrián genoss den Ruf, seine Opfer in kürzester Zeit sehr gesprächig zu machen.
    Aber es war gar nicht die Angst, die ihn dazu brachte, jetzt zu kooperieren, redete Finn sich ein. Die Untoten hatten ihm und Alba Schutz gewährt. Nun musste er dafür zahlen.
    Es dauerte lange, bis er die Skizzen des Pesthofes vervollständigt und die zahlreichen Fragen der beiden Totenküsser beantwortet hatte, wobei er sich manchmal wie bei einem Kreuzverhör vorkam. Gleichzeitig versuchte er, nicht mehr zu erzählen, als unbedingt notwendig war. Die Kreaturen wollten Linnea vernichten, und das würden sie mit seinen Informationen tun können. Mehr brauchten sie nicht zu wissen.
    Ab und zu spähte er zur Tür, aber Alba zeigte sich nicht. Hoffentlich ging es ihr gut. Hoffentlich bedauerte sie nicht, was vorgefallen war. Und wenn doch?
    Gab es bereits eine Verbindung zwischen ihnen, oder zählte dabei nur eine Paarung? So weit waren sie zum Glück nicht gegangen. Finn lauschte in sich hinein, vermochte aber keine Veränderung in sich festzustellen. Nur eine beklemmende Gewissheit: Er begehrte Alba genauso wie vorher, doch seit sie sich ihm hingegeben hatte, wollte er sie nicht mehr loslassen. Sogar diese Stunde der Trennung ertrug er kaum noch.
    Also war er doch bis zum Tod an sie gebunden? Und was würde mit ihm geschehen, würde sie ihn verlassen? Denn das würde sie. Irgendwann. Schließlich war sie ein Mensch und frei.

    Â»Wann sind die meisten Biester im Pesthof?«, fragte Adrián und riss ihn aus seinen Gedanken.
    Â»Jeden Mittwoch gegen 11 Uhr abends – eine Versammlung zu Ehren der Königin.«
    Â»Dann ist es beschlossen«, sagte Conrad und rollte die Papiere und Pläne zusammen. »In einer Woche starten wir den Angriff. 30 Nachzehrer werden sicherlich dabei sein, auch wenn unser Clan etwas angeschlagen ist.«
    Â»Das ist eine ziemlich optimistische Schätzung«, warf Adrián ein.
    Â»Mitnichten. Jeder, der mitmacht, darf so viele Biester aussaugen, wie er will. Die Überlebenden werden mitgenommen und als Nahrungsquelle unseren Leuten zur Verfügung gestellt. Ich glaube kaum, dass viele diesem Angebot widerstehen können.«
    Finn zuckte zusammen. Allein bei der Vorstellung, was seine ehemaligen Kameraden in der Gefangenschaft erwartete,

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