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Nachtseelen

Titel: Nachtseelen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Krouk Olga
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kalt an den Füßen war! Ob sie überhaupt in der Lage war, irgendetwas zu spüren, oder genauso gefühllos war wie ihr Seelentier.
    Finn krallte die Nägel in die hölzerne Fensterbank. Er wollte sie fortstoßen, ihr entfliehen, aber die Schlange ringelte sich um seine Fußknöchel und fesselte ihn wie ein lebendiger Strick. Er spürte hauchzarte Berührungen
der gespaltenen Zunge an seiner Wade, als das Tier den Kopf in sein Hosenbein steckte. Linnea schmiegte sich an ihn. »Erzähl mir, was dich beschäftigt. Vielleicht kann ich dir helfen.«
    Ganz sicher nicht.
    Sie legte ihren Kopf an seine Brust. »Dein Herz schlägt so schnell. Hast du Angst?« Ihr samtiges Timbre hypnotisierte ihn. Ob sie Ylva bereits gewittert hatte?
    Er rührte sich nicht. Ihr Duft umnebelte seinen Verstand und machte ihn schwindelig. Mit aller Kraft versuchte er, sich bei Sinnen zu halten. Aber er war zu jung, zu unerfahren, zu schwach, um sich ihr zu widersetzen. Sie vergrub ihre Finger in seinem Haar, zerrte seinen Kopf nach unten und küsste ihn. Er wohnte dem Schauspiel bei wie ein Fremder im eigenen Körper. Er ertrank in ihrem Kuss, verlor sich in ihrem Duft.
    Wehr dich, verdammt! Sein Kopf fühlte sich an wie in Watte gepackt. Der Gedankenfluss wurde träge. Nur am Rande gelang es ihm, sich Kilians Gesicht in Erinnerung zu rufen, dann seine Stimme und schließlich die Worte: »Der Duft der Königin ist ihre stärkste Waffe, dadurch ist sie in der Lage, jeden Metamorph ihrer Gemeinde zu manipulieren. Nur wenige können sich dagegen wehren. Um das zu schaffen, musst du an ein starkes emotionales Erlebnis denken, das deinen Geist aufrüttelt.«
    Der Vogel. Er dachte an seinen Vogel. Die Vorstellung wurde lebendig, er konnte beinahe das wilde Flattern der Schwingen und das Kreischen hören. Die Panik drohte ihn zu zerreißen. Schweiß trat ihm auf die Stirn.
Er klammerte sich noch fester an die Fensterbank. Aus einem Vogel wurden mehrere, die um ihn herumwirbelten und auf ihn einhackten. Natürlich waren sie nicht wirklich da. Aber für ihn schon. So real wie Linnea, wie das kaputte Fenster und die vergossene Milch.
    Der Trick gelang. Linneas Macht, die seine Sinne benebelte, fiel von ihm ab. Er schloss die Augen. Keine Vögel mehr, bitte! Doch sie tosten um ihn herum wie ein Orkan aus Flügeln, Krallen und Schnäbeln, brachten seinem Körper Schmerzen und rückten seinen Verstand an den Abgrund zum Wahnsinn.
    Aufhören! , wollte er schreien, aber es kam nur ein Krächzen hervor, als säße auch in seiner Kehle ein Vogel.
    Â»Ich habe eine Aufgabe für dich«, hörte er die Königin sagen, doch durch das Flattern in seinem Kopf, das sich zu einem unerträglichen Lärm steigerte, konnte er sie kaum verstehen.
    Etwas schoss an ihm vorbei, und ein Luftzug wirbelte seine Haare durcheinander. Sein Verstand ließ von der imaginären Gefahr ab und konzentrierte sich auf die reale, die allerdings dann doch keine Bedrohung darstellte. Der Rotmilan, sein Seelentier, landete auf der Arbeitsplatte, schlitterte und plumpste in die Spüle. Finn atmete durch. Vorbei. Kein Flattern mehr in seinem Kopf, kein Schmerz. Er hätte dem Greifvogel gedankt, wenn er nicht so fertig gewesen wäre.
    Â»Was ist mit dir los?« Wieder Linnea, doch sie schien nicht zu bemerken, dass er nicht mehr unter ihrem Einfluss
stand. »Hast du immer noch Probleme mit deinem Seelentier?«
    Er brachte ein Nicken zustande. Immerhin.
    Â»Keine Sorge, das wird besser, wenn ihr euch erstmal aneinander gewöhnt habt. Dann klappen auch die Verschmelzungen, und du wirst dich mit seinem Geist wohlfühlen. Und, wenn notwendig, auch in seinem Körper.«
    Der Gedanke an seine erste Verschmelzung und an die weiteren, die ihm einer Seelenfolter gleichkamen, jagte Schauerwellen seinen Rücken hinunter. »Das – kaum. Ich habe eine Vogelphobie.«
    Sie lachte, nahm ihn nicht ernst. »Du bist der erste Metamorph, der eine Phobie vor seinem Seelentier hat. Mach dir keinen Kopf darum, das wird schon alles. Warum ich eigentlich hier bin: Ich brauche Informationen über die afrikanische Göttin Oya.« Ihr Atem kitzelte seine Wange. »Allerdings interessiert mich nicht der Kram, den dieser Menschenabschaum glaubt. Leider war der Einzige, der über die wahre Welt Bescheid wusste, Hermann Herzhoff, und der ist bedauerlicherweise tot. Ich weiß, er hat

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