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Nachtseelen

Titel: Nachtseelen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Krouk Olga
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intensiv über die Mächtigen geforscht – finde seine Notizen. Bestimmt hat er einiges über die Zerreißerin zusammengetragen. Hast du verstanden?«
    Wieder nickte er. Ihr Duft drang erneut zu ihm und betäubte seine Empfindungen. Sein Verstand schwand dahin. Nein, bitte nicht noch einmal!, flehte er. Denn eine weitere Vogelinvasion in seinem Kopf würde er nicht überstehen und somit zu einer Marionette in den Händen
seiner Königin werden. Oder zu einem Wahnsinnigen.
    Linnea tätschelte seine Wange. »Braver Junge.«
    Mit einer Hand fuhr sie ihm durchs Haar, dann packte sie ihn am Kinn und drehte seinen Kopf von links nach rechts. »Weißt du was? Ich könnte Gefallen an dir finden«, raunte sie ihm ins Ohr.
    Ãœbelkeit stieg in ihm hoch. Wie viele vor ihm hatte sie benebelt und willig gemacht? Der Gedanke streifte die Grenzen seiner Wahrnehmung. Gegen ihre Macht konnte er nichts mehr tun. Bald würde sie über ihn verfügen, wie es sie gelüstete.
    Zum Glück ließ sie ihn frei und ging in Richtung Tür. Mit jedem Zentimeter, den sie sich von ihm entfernte, fiel es ihm leichter, sich ihrer Macht zu widersetzen. Immer noch fühlte er sich benommen und einem Zusammenbruch nahe, aber sein Kopf klärte sich, und er erlangte den eigenen Willen zurück.
    Finn wagte es, leise durchzuatmen. Doch da blieb Linnea stehen und drehte sich um. »Ach, ganz vergessen: Du kennst bestimmt diese Elende, die durch den Pesthof streift, oder? Hast du sie gesehen?«
    Er wollte schlucken, aber sein Mund war ausgedörrt. Würde sie merken, wenn er log? Egal, aus welchem Grund Linnea Ylva suchte – aus Barmherzigkeit sicherlich nicht. Sie durfte die Kleine nicht in die Finger kriegen!
    Â»Ich weiß, wen du meinst«, antwortete er vorsichtig.

    Sie lächelte. »Wunderbar. Dann finde und töte das Gör.«
    Â»Was?«, stieß er entsetzt hervor, und gleichzeitig durchfuhr es ihn: Verdammt, jetzt hast du dich verraten.
    Die Nasenflügel der Königin bebten. Linnea züngelte. Sie schien zu schmecken , dass er sich ihrer Macht entzogen hatte und sie belog.
    Sie legte den Kopf schräg und strich sich das Haar zurück. »Ach Finn, mein armer Junge. Du weißt doch, dass du ohne die Gemeinde nicht überleben kannst. Wir sind deine einzige Rettung. Oder hast du das vergessen?«
    Er bemühte sich, in sein falsches Spiel zurückzufinden: Ein starrer Blick, eine ausdruckslose Miene, eine schlaffe Haltung. Hoffentlich würde es ihm gelingen, den Fehler wettzumachen.
    Â»Nein. Natürlich nicht.«
    Linnea wirkte zufrieden. Oder täuschte sie ihn nur? »Sehr schön. Dann wirst du mir den Gefallen tun? Ich will diese Schwachsinnige nicht am Leben wissen.«
    Auf keinen Fall , dachte er und sagte: »Ja.«
    Ihr Lächeln wurde breiter. »Du würdest deine Königin sehr glücklich damit machen.«
    Alles in ihm bebte vor Abscheu, aber er zwang sich zur Ruhe. Bloß sich nichts anmerken lassen! Denn wenn sie ihren Duft wieder einsetzte, würde er endgültig verlieren.
    Sie spielte mit einer Strähne ihres Haars. »Ich weiß, du bist noch nicht so gut mit deinem Seelentier vertraut,
dabei wirst du sicherlich etwas Hilfe brauchen. Weißt du was? Ich lasse Smaragda bei dir.«
    Sein Blick huschte zu der Schlange, die sich um seine Füße schlängelte und züngelte, als freute sie sich schon, ihn zu bewachen. Seine Gedanken rasten. Er musste fort – Ylva retten, er musste sich selbst retten, und das, ohne Linneas Misstrauen zu wecken. Aber wie?
    Der Greifvogel rappelte sich aus der Spüle hoch und schlug mit den Flügeln, verärgert über den kriechenden Eindringling. Finn sah seinem Seelentier zu. Dies war durchaus ein seltener Moment, da seine Gefühle offensichtlich den Gefühlen des Vogels glichen.
    Egal. Erstmal – einen klaren Kopf bekommen. Wenn er die Informationen über Oya beschaffen könnte, würde das Linnea für ein paar Tage zufriedenstellen. In der Zeit sollte er sich überlegen, wie er der Gemeinde entfliehen konnte. Irgendetwas würde ihm schon einfallen. Ganz bestimmt.
    Â»Enttäusche mich nicht«, flüsterte Linnea. »Und schlaf schön.«
    Mit diesen Worten verließ sie die Wohnung. Nur ihre Schlange blieb zurück, hob den Kopf, und ihre kalten Reptilienaugen blitzten Finn an.

Kapitel 5
    A lba sah sich um. Was hatte sie geweckt?

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