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Nachtsplitter

Nachtsplitter

Titel: Nachtsplitter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maja von Vogel
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zu früh an der Schule. Abgesehen von ein paar Spatzen, die fröhlich tschilpend neben den Mülleimern nach Brotkrümeln
     suchten, war derSchulhof leer. Während ich auf der Bank bei den Fahrradständern auf Pia wartete, beobachtete ich die anderen Schüler, die
     nach und nach eintrudelten. Sah mich irgendjemand merkwürdig an? Wurde ich verstohlen gemustert? Abgescannt? Angestarrt?
    Ich war mir nicht sicher. Eine Gruppe jüngerer Schüler kam kichernd an mir vorbei. Lachten sie über mich? Über meinen lächerlichen
     Versuch, anders als auf dem Phantombild auszusehen? Plötzlich fühlte ich mich wie verkleidet. Ich zog das Gummi aus meinen
     Haaren und stopfte es in die Hosentasche.
    Erst als Pia angeradelt kam und ich ihren versteinerten Gesichtsausdruck bemerkte, fiel mir wieder ein, dass wir uns gestern
     gestritten hatten. Mich fröstelte, als ich daran dachte, was wir uns gegenseitig an den Kopf geworfen hatten. Wie hatten uns
     nur dermaßen die Sicherungen durchbrennen können?
    »Glückwunsch.« Pias musterte mich kühl. »Jetzt hast du es sogar in die Zeitung geschafft. Nicht schlecht.«
    »Hast du das Phantombild gesehen?«, fragte ich.
    »Klar«, antwortete Pia. »Ich schätze, jeder hat es gesehen. Sie haben es ja oft genug in den Nachrichten gezeigt.«
    Ich ließ die Haare vor mein Gesicht fallen. »Ich hab das Gefühl, dass alle mich anstarren. Meinst du, mich erkennt jemand?«
    Pia zuckte gleichgültig mit den Schultern. »Weißnicht. Ich hab dich jedenfalls sofort erkannt.« Sie schien noch ziemlich sauer zu sein.
    »Hör mal, wegen gestern . . .«, begann ich. Da entdeckte ich Jakob zwischen den anderen Schülern. Mein Herzschlag beschleunigte
     sich augenblicklich. Er kam auf uns zu und ich musste all meine Willenskraft aufwenden, um ruhig sitzen zu bleiben. Am liebsten
     wäre ich aufgesprungen und – ja, was eigentlich? Geflohen? Oder ihm entgegengelaufen?
    Vor der Bank blieb er stehen. »Guten Morgen.«
    Ich räusperte mich. »Hi.«
    Seine dunklen Augen waren auf mich gerichtet. »Alles in Ordnung, Jenny?« Offenbar hatte er das Phantombild auch gesehen. Und
     mich natürlich darauf erkannt. Klasse!
    »Klar.« Ich versuchte, unbekümmert zu klingen. Als wenn ich damit irgendwen täuschen könnte . . .
    Pia warf Jakob und mir einen abschätzigen Blick zu. »Soll ich euch zwei lieber allein lassen?«
    Bevor ich reagieren konnte, tauchten Marie und Lara neben Jakob auf. Die Pumuckl-Fraktion. Marie ließ ihren Rucksack fallen
     und schwenkte das Titelblatt der Zeitung. »Habt ihr schon gesehen?« Ihre Augen glitzerten aufgeregt. »Bald werden wir wissen,
     wer der Autobahnmörder ist.«
    Ich zuckte zusammen.
    »Unsinn«, sagte Jakob. »Die beiden Personen werden als Zeugen gesucht, nicht als Täter.«
    »Das glaubst du doch selbst nicht!« Lara grinstehöhnisch. Ihre roten Haare wuchsen am Ansatz schon wieder dunkel nach, was die Sache aber auch nicht wirklich besser machte.
    »Warten wir's doch einfach ab.« Maries Stimme klang sanft. Offenbar wollte sie sich nicht mit Jakob anlegen. »Die Polizei
     wird die beiden bestimmt bald schnappen. Und dann werden wir ja sehen . . .«
    Ich saß wie auf heißen Kohlen. Am liebsten wäre ich weggerannt, aber das wäre zu auffällig gewesen. Stattdessen senkte ich
     den Kopf und ließ die Haare noch weiter vor mein Gesicht fallen.
    »Vielleicht gehen die beiden Gesuchten ja auf unsere Schule«, überlegte Lara. »Vielleicht kennen wir sie sogar. Das Mädchen
     kommt mir irgendwie bekannt vor. Euch nicht?«
    Ich hielt die Luft an. Gleich war es so weit. Gleich würde jemand mit dem Finger auf mich zeigen und meinen Namen nennen.
     Wie hatte ich auch nur eine Sekunde lang glauben können, dass ich unerkannt bleiben würde? Warum hatte ich mich bloß von Markus
     einwickeln lassen? Warum war ich nicht längst zur Polizei gegangen?
    »Wie wär's mit Jenny?«, fragte Marie. »Von den Haaren her würde es hinkommen.«
    Mein Mund war trocken und meine Zunge klebte am Gaumen. Ich versuchte zu schlucken, aber es ging nicht.
    Lara runzelte die Stirn. »Hast du nicht auch einen ähnlichen Rock?«
    Meine Fingernägel bohrten sich schmerzhaft in die Handflächen. Ich wusste genau, dass ich etwas sagen musste, um mich zu entlasten.
     Doch ich bekam keinen Ton heraus.
    »Stimmt.« Pia nickte langsam. »Jetzt wo du es sagst, sehe ich die Ähnlichkeit auch. Hattest du deinen schwarzen Lieblingsrock
     nicht sogar am Samstag an, Jenny?«
    Mein Kopf fuhr hoch und ich sah

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