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Nachtsplitter

Nachtsplitter

Titel: Nachtsplitter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maja von Vogel
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direkt in Pias kalte Augen. Ein leichtes Lächeln lag auf ihrem Gesicht. Sie genoss es, mich
     in der Hand zu haben. Ich war ihr auf Gedeih und Verderb ausgeliefert und das machte ihr offensichtlich riesigen Spaß.
    Am liebsten wäre ich Pia an die Gurgel gesprungen. Ich konnte einfach nicht glauben, dass sie das tat. Wollte sie mich tatsächlich
     hier und jetzt hochgehen lassen?
    Da ertönte Pias perlendes Lachen. »War nur ein Witz. Das da auf dem Bild könnte jeder sein.«
    Lara begann ebenfalls zu lachen. Marie sah erst etwas beleidigt aus, doch als auch Jakob sein Gesicht zu einem Grinsen verzog,
     schmolz sie dahin wie Eiscreme in der Sonne. »Jetzt hast du einen ganz schönen Schreck bekommen, was?«, fragte sie mich.
    »Na ja, geht so.« Ich zog die Mundwinkel nach oben und hoffte, dass es halbwegs wie ein Lächeln aussah.
    Es klingelte zur ersten Stunde. »Bis später, Leute!« Marie griff nach ihrer Tasche und eilte zum Haupteingang.Lara folgte ihr. Die beiden kamen nicht gerne zu spät. Jakob machte sich ebenfalls auf den Weg. Beim Weggehen legte er mir
     die Hand auf die Schulter. Die kurze Berührung jagte einen Hitzeschauer durch meinen Körper.
    Ich erhob mich langsam. Meine Knie waren so weich wie gekochte Nudeln.
    »Was sollte das gerade?«, fuhr ich Pia an.
    Pia zuckte mit den Schultern. »Nichts. War nur ein Witz, hab ich doch gesagt.«
    »Ich fand das aber nicht besonders witzig.« Meine Hände ballten sich zu Fäusten. Ich hätte Pia am liebsten in ihr unschuldiges
     Engelsgesicht geschlagen.
    »Nicht mein Problem, wenn du keinen Spaß mehr verstehst.« Pia warf ihren Rucksack über die Schulter und ließ mich einfach
     stehen.
    Ich sah ihr nach, während sie über den Schulhof spazierte, als wäre nichts geschehen.
    Meine Freundin war mir fremd geworden. Oder hatte ich sie nie wirklich gekannt?

4
    Auch in der Pause war das Phantombild Gesprächsthema Nummer eins. Alle spekulierten, wer die beiden gesuchten Personen sein
     könnten. Es wurdenverschiedene Namen genannt, aber meiner war nicht mehr dabei. Allmählich fiel die Anspannung von mir ab. Vielleicht war das
     Bild ja wirklich zu ungenau. Was für ein Glück, dass die Zeugen offenbar unsere Gesichter nicht hatten beschreiben können.
     Sonst hätten wir keine Chance gehabt.
    Als wir zur dritten Stunde in die Klasse zurückkehrten, fühlte ich mich wieder etwas besser. Wenn uns bis jetzt niemand erkannt
     hatte, war die Wahrscheinlichkeit ziemlich gering, dass es noch passieren würde. Bestimmt ebbte die Aufregung um das Phantombild
     bald ab. Die Polizei würde andere Spuren verfolgen und ich konnte das Thema endlich abhaken.
    Herr Fiedler kam herein und ich holte meine Mathesachen aus dem Rucksack. Doch als ich sah, wer hinter ihm den Raum betrat,
     erstarrte ich mitten in der Bewegung. Auch die anderen wurden schlagartig ruhig.
    Herr Fiedler räusperte sich. »Wie ihr seht, haben wir heute einen Gast. Herr Lukowski ist Kriminalkommissar und für die Aufklärung
     des schrecklichen Unfalls am letzten Wochenende zuständig. Er möchte euch ein paar Fragen stellen.«
    Der Kommissar hatte sich neben Herrn Fiedler aufgebaut. Seine Arme waren hinter dem Rücken verschränkt und er ließ den Blick
     über die Klasse wandern. Seine stechenden Augen jagten mir eine Gänsehaut über den Rücken. Als er zu sprechen begann,zog ich das Gummi aus der Hosentasche und band meine Haare so unauffällig wie möglich wieder zu einem Pferdeschwanz zusammen.
    »Guten Morgen«, begrüßte er uns. Seine Stimme klang unerwartet freundlich. »Wie ihr ja sicherlich alle wisst, ist in der Nacht
     von Samstag auf Sonntag ein schwerer Unfall auf der Autobahn passiert. Ausgelöst wurde er von einer Flasche, die jemand von
     der Autobahnbrücke geworfen hat. In diesem Zusammenhang suchen wir Zeugen, die Hinweise auf den Tathergang geben können. Ganz
     besonders suchen wir zwei Personen, die sich am Samstagabend längere Zeit auf der Brücke aufgehalten haben sollen.« Es war
     jetzt so still, dass man die Spatzen draußen auf dem Schulhof tschilpen hören konnte. Alle starrten den Kommissar an. »Kennt
     jemand von euch diese beiden Personen?«
    Er hielt eine Vergrößerung des Phantombildes in die Höhe. Ich rutschte auf meinem Stuhl weiter nach unten. Am liebsten hätte
     ich mich unter dem Tisch verkrochen. Der Kommissar würde mich erkennen. Seine stechenden Augen würden mich entlarven, da war
     ich mir plötzlich ganz sicher. Warum meldete ich mich nicht gleich

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