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Nachtsplitter

Nachtsplitter

Titel: Nachtsplitter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maja von Vogel
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Fuß aufgestampft. »Du hast am Samstag auf dem Festival Gras verkauft. Und
     gestern im
Backstage
auch. Stimmt das oder stimmt es nicht?«
    Markus fuhr sich mit der Hand durch die Haare. Er zögerte, dann nickte er. »Ja. Das stimmt.«
    Seine Antwort brachte mich aus dem Konzept. Ich hatte mit Widerspruch gerechnet, mit ungläubig aufgerissenen Augen, Lachen,
     Beteuerungen, Erklärungen – vielleicht sogar damit, dass alles tatsächlich nur ein Missverständnis war. Aber nicht mit einemGeständnis. Ich ließ mich auf die Bettkante fallen. Plötzlich hatte ich keine Kraft mehr. Die Wut, die mich angetrieben hatte,
     verpuffte. »Dann ist es also tatsächlich wahr?«, fragte ich leise.
    »Ja«, antwortete Markus genauso leise.
    Ich musste daran denken, wie oft wir auf diesem Bett gelegen hatten. Hier hatten wir uns geküsst, uns berührt, Pläne geschmiedet
     und geträumt. Ich wusste, wie sein Bettzeug roch, und ich kannte die Tour-Poster seiner Lieblingsbands an den Wänden in- und
     auswendig. Und jetzt saß ich hier und fragte mich, was ich ihm überhaupt noch glauben konnte.
    »Aber warum?« Ich sah ihn an. »Du hattest mir versprochen, damit aufzuhören.«
    In Markus' Augen lag ein gequälter Ausdruck. »Ich weiß. Entschuldige bitte, Jenny.«
    »Du hast mich angelogen!«
    »Nein!« Markus schüttelte den Kopf. »Ich hab wirklich mit Tom geredet. Und ihm gesagt, dass ich aussteige.«
    »Aber?«
    Markus seufzte. »Du kennst doch Tom. Er hat mir einfach nicht zugehört. Stattdessen hat er angefangen, wilde Pläne zu schmieden.
     Er war total euphorisch, weil die Pflanzen bei der Hitze so toll gewachsen sind. Im Winter wollte er sie in die Laube bringen
     und mit künstlichem Licht und Wärmelampen bestrahlen. Er hat mir vorgerechnet, was wir verdienen könnten, wenn wir die Sache
     richtig groß aufziehen.«
    Ich starrte Markus an. Ich konnte einfach nicht glauben, dass er sich auf so etwas eingelassen hatte. »Und du hast dich von
     ihm einwickeln lassen?«
    »Ich weiß, es klingt bescheuert.« Markus sah auf den abgeschabten braunen Teppichboden. »Aber ich wollte Tom nicht hängen
     lassen. Er war so begeistert. Außerdem dachte ich, es ist kein großer Unterschied, ob ich sofort aussteige oder noch etwas
     weitermache.«
    Die stickige Luft im Zimmer nahm mir den Atem. Meine Hand fühlte sich klebrig an, als ich mir ein paar Schweißperlen von der
     Stirn wischte.
    »Du hattest nie wirklich vor, einen Schlussstrich unter die Sache zu ziehen, oder?«, fragte ich bitter.
    »Doch!« Markus fuhr sich über das Gesicht. »Aber das ist nicht so einfach . . .«
    »Weil du feige bist.« Die Wut kam mit einem Schlag zurück und ich hätte am liebsten auf Markus eingeschlagen. »Hast du überhaupt
     mal eine einzige Sekunde an mich gedacht? Ist dir völlig egal, was aus uns wird?«
    »Natürlich nicht«, beteuerte Markus. »Ich liebe dich! Ich weiß, dass ich mich total bescheuert verhalten habe. Aber damit
     ist jetzt Schluss. Ich rede noch heute mit Tom, versprochen.«
    »Von mir aus kannst du ruhig weitermachen.« Ich stand auf. »Mir doch egal, wenn die Bullen dich einbuchten. Ich hab die Schnauze
     voll.«
    Markus' Kopf fuhr hoch. »Was soll das heißen? Ichweiß, dass ich Mist gebaut habe. Ich bieg das wieder gerade, ganz ehrlich. Du musst mir noch eine Chance geben. Bitte!«
    Er stand auf und kam zu mir. Er hob die Hand, als wollte er mir über die Wange streichen. Doch als er meinen Blick sah, ließ
     er es bleiben.
    »Besser, du rufst mich in nächster Zeit nicht an«, sagte ich. Dann drehte ich mich um und ging.

8
    Als ich um kurz nach fünf zum alten Bootshaus kam, war Jakob schon da. Er lehnte an der Holzwand, von der schon vor vielen
     Jahren die Farbe abgeblättert war, und wartete auf mich. Früher hatte der Ruderverein den Schuppen für Partys und Vereinsfeiern
     benutzt, aber seit das neue Clubhaus weiter oben am Fluss fertig war, stand er leer und verfiel langsam.
    »Schön hier«, sagte Jakob zur Begrüßung. Er stieß sich von der Wand ab und kam auf mich zu.
    Ich nickte. »Einer meiner Lieblingsplätze.«
    Fast hätte ich das Date mit Jakob einfach sausen lassen. Nach diesem albtraumhaften Vormittag war ich total fertig gewesen.
     Die ständige Angst, auf dem Phantombild erkannt zu werden, Pias Sticheleienund dann auch noch der Streit mit Markus. Zu Hause hatte ich mich in mein Bett verkrochen und erst mal eine Stunde geschlafen.
     Dann hatte ich mich ewig lange unter die lauwarme Dusche gestellt

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