Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Nachtstürme - Peeler, N: Nachtstürme - Tempest Rising

Titel: Nachtstürme - Peeler, N: Nachtstürme - Tempest Rising Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicole Peeler
Vom Netzwerk:
»Ich finde nicht, dass ich Glück hatte. Was ich nach Jasons Tod durchmachen musste, hätte mich beinahe zerstört.« Ryu runzelte die Stirn über meine Worte, aber ich sprach einfach weiter.

    »Das Drama um zwei ortsansässige Jugendliche, von denen einer im Old-Sow-Strudel ertrunken war, war die große Schlagzeile. Wir waren am Atlantik aufgewachsen und wussten genau, dass wir bei solchen Wetterverhältnissen nichts im Wasser zu suchen hatten. Jason war tot, und ich lag tagelang im Koma, also kursierten die wildesten Spekulationen darüber, was passiert war. Es hieß, Jason und ich hätten einen Selbstmordpakt geschlossen oder dass es Mord mit anschließendem versuchten Selbstmord war oder ein Selbstmord mit missglücktem Rettungsversuch. Da Jason so perfekt war und ich eben die bin, die ich bin, war für alle klar, dass es nur meine Schuld sein konnte. Jason war viel zu lebenslustig, um sich umbringen zu wollen, und ganz sicher traute ihm keiner zu, dass er mich hatte umbringen wollen, um sich dann selbst zu töten. Also musste er mich bei einem Selbstmordversuch ertappt haben und beim Versuch, mich zu retten, gestorben sein. Auf jeden Fall hatte ich, die Schuldige, überlebt, und der arme Jason war tot. Das ist der Stoff, aus dem schlechte Filme gemacht sind. Natürlich stürzten sich die Medien darauf wie die Schmeißfliegen«, sagte ich bitter.
    »Wer kommt denn bitte schön auf so absurde Geschichten?«, fragte Ryu verwundert. »Vor allem, wenn es sich um zwei Kinder handelt.«
    Ich schnaubte verächtlich. »Wenn sie eine Kamera sehen, sind die Leute gern bereit, alles Mögliche zu sagen, nur damit sie es einmal in die Nachrichten schaffen. Und mich konnte sowieso niemand ausstehen. Also nutzten die Kids in der Schule die Gelegenheit und schlachteten meinen ›Selbstmordversuch‹ aus. Jason sah unglaublich gut
aus, er war ein toller Sportler und unheimlich beliebt, nur seine Beziehung mit mir störte das Bild. Niemand hatte je verstanden, was er an mir fand. Also erzählten Linda Allen und Jasons Cousin Stuart den Medien bereitwillig, dass Jason sich von mir lösen wollte und sich nur noch mit mir abgegeben hatte, weil ich ihm leidtat.« Meine Stimme war kalt vor Wut geworden, und Ryus Augen verengten sich vor Mitgefühl.
    »Linda deutete sogar an, dass sie und Jason angefangen hatten, miteinander zu gehen und dass das vermutlich der Grund war, warum ich ausflippte. Es ist klar, warum Linda so etwas erzählt - sie hatte schon immer für Jason geschwärmt, und sie neigt fast genauso stark zum Selbstbetrug wie die Heldinnen aus den Schundromanen, die sie so gerne liest. Und was Stuart betrifft, er und Jason haben sich nie besonders gut verstanden, als Jason noch lebte. Ich glaube, er hat einfach eine Gelegenheit gewittert, Ärger zu machen, weil er von Natur aus ein fieses Arschloch ist. Besonders Mädchen gegenüber, weil er von denen normalerweise für seine Lügen nicht einmal eine auf die Schnauze bekommt.« Ich versuchte, meine Wut wieder etwas unter Kontrolle zu bringen und fuhr erst dann fort: »Glücklicherweise habe ich nichts von den Medienberichten mitbekommen, denn ich lag zu dem Zeitpunkt noch im Krankenhaus. Man hatte mich fixiert, damit ich mir nichts ›antun‹ konnte. Aber die Leute konnten es natürlich kaum erwarten, mich von den brodelnden Gerüchten, die ich verpasst hatte, zu unterrichten, sobald ich aus dem Krankenhaus entlassen worden war.«
    Ryu schüttelte verständnislos den Kopf. Sein Gesicht sah traurig aus. »Und was geschah dann?«

    »Sie mussten mich in die Psychiatrie stecken - zur Überwachung.« Ich verzog mein Gesicht zu einem sarkastischen Lächeln. »Falls ich vorher noch nicht suizidgefährdet gewesen war, dann war ich es von da an bestimmt. Ich konnte mir nicht vorstellen, ohne Jason zu leben, das war einfach undenkbar für mich. Jetzt entsprach ich ganz dem Bild, das sie schon immer von mir hatten. Für sie war ich eine schwarze Seele, die sich selbst zerstören wollte und alle, die sie liebte. Natürlich konnte ich niemandem die Wahrheit sagen: Dass ich einfach nur schwimmen gegangen war. Dass ich nach all den Jahren, in denen wir uns so nahestanden, ein Geheimnis vor Jason bewahrt hatte, und zwar, dass ich aus irgendwelchen Gründen in dem eiskalten und extrem gefährlichen Wasser des Atlantischen Ozeans überleben konnte, wenn ich dort schwimmen ging. Und dann auch noch nackt! Denn natürlich hatte ich in der Nacht, in der Jason starb, keinen Neoprenanzug an, was

Weitere Kostenlose Bücher