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Nachtwesen - Die Vollstreckerin

Nachtwesen - Die Vollstreckerin

Titel: Nachtwesen - Die Vollstreckerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Pagel
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sich neben ihn und sah erwartungsvoll auf sein Profil. Seine Haut wirkte im Licht des Mondes beinahe wie Perlmutt. Das schwarze Haar bildete dazu einen atemberaubenden Kontrast.
    Langsam beugte er sich vor, streckte die Hand aus und berührte sachte die Spitzen der Gräser. Dann begann er, in monotonem Singsang immer die gleichen Worte zu sprechen. Kyrana erkannte sie sofort. Auch jener Magier hatte diesen Spruch benutzt. Wieder und wieder ertönte die leise Beschwörung, während sie gebannt wartete.
    "Selem Male`ch atral Nyrem...Selem Male`ch atral Nyrem...Selem Male`ch atral Nyrem!"
    Die Lippen leicht geöffnet, starrte sie auf die Grashalme. Ganz plötzlich begannen jene, sich zu verändern! Erst bogen sie sich, als würden sie versuchen, sich vor Kelmars Hand zu verbergen. Dann verloren sie ihre satte Farbe und wandelten ihr Aussehen in verdorrtes Braun. Und schließlich, tatsächlich, lösten sie sich unter leisem Zischen in schwarzen Staub auf!
    Dies alles passierte so still und unabänderlich, dass ihr ein Schauer über den Rücken kroch. "Leben und Tod. Siehst du, Kyrana?" Kelmar richtete sich wieder auf und sah sie durchdringend an. "Du solltest es nicht herausfordern." Sie schwieg, so sehr war sie beeindruckt von den Kräften der Magie. Und von ihm, da er sie so spielerisch zu lenken wusste.
    Beinahe ehrfurchtsvoll strich sie mit der Fingerspitze über den schwarzen Staub. Leise platzte es aus ihr heraus: "Das möchte ich auch können." "Dein junger Körper würde es nicht verkraften. Noch vor dem ersten Grashalm würdest du vergehen. Nimm das Buch mit und lerne, aber hüte dich davor, jene Magie anwenden zu wollen. Sobald du in unseren Reihen weilst, werden wir es gemeinsam angehen."
    Geschmeidig erhob er sich und reichte Kyrana seine Hand, um ihr aufzuhelfen. Wieder konnte sie ihren Blick nicht aus den Tiefen seiner Augen lösen. Und wieder tauchte das unglückliche Gesicht Niobes vor ihr auf.
    "Eure Gemahlin", wagte sie sich, leise zu sagen, "sie ist...traurig?" Klang da nicht ein Anflug von Hoffnung aus ihren Worten, auch er möge unzufrieden sein? Verschämt senkte sie den Blick auf ihre Schuhe, welche unter dem Saum des Gewandes hervorlugten und wartete. Stille breitete sich aus, nur unterbrochen von dem monotonen Ruf eines Nachtvogels.
    Dann lachte Kelmar so hart auf, dass sie ihn erschrocken ansah. "Sie wird glücklich werden und vergessen." Mehr sagte er nicht, sondern schob sie sanft zurück zu der angelehnten Eingangspforte. Kyrana nickte, obwohl sie nicht verstand, was er meinte. Es schien Unstimmigkeiten zu geben zwischen den Jungvermählten. Das alleine genügte ihr schon zu einem Lächeln und ließ ihr Herz schneller schlagen. Sie würde die Lehren der Magie studieren und eines Tages an seiner Seite sein! Und vielleicht, ja vielleicht, hatte er bis dorthin erkannt, dass sie die einzig wahre Gefährtin für ihn war.

Kapitel 6
    "Seht, die Hexe! Dort geht sie, nehmt euch in Acht!" Deutlich konnte Kyrana die Worte verstehen. Und sie wusste ohne hin zu sehen, dass die jungen Burschen von ihr sprachen. Den Kopf hoch erhoben und die Augen auf die Gesichter der beiden Jünglinge gerichtet, ging sie weiter. Schweigend. Wie schon seit ihrer Kindheit, sahen die Bewohner Nocryas nicht ihr freundliches Wesen oder die liebenswerte Schüchternheit, welche sie auszeichnete.
    Nein, sie sahen die weißen Haare und wichen misstrauisch dem Blick ihrer roten Augen aus. Und es war noch schlimmer gekommen. Kyranas Versuche, die düstere Magie zu erlernen und zu beherrschen, waren den aufmerksamen Blicken mancher nicht verborgen geblieben. Jemand hatte sie beobachtet auf jener Lichtung im Wald, wo sie oft im Glanz der untergehenden Sonne ihre Fähigkeiten erprobte.
    Mittlerweile haftete ihr der Ruf an, eine schwarze Hexe zu sein. Man rief heimlich die Götter an, sich vor ihr zu schützen, sobald sie in der Stadt auftauchte. Und manch wagemutiger Jüngling spuckte sogar vor ihr auf den Boden, sobald sie seinen Weg kreuzte. Vedyn und Jara war es nicht gelungen, ihre Tochter von den Wegen der Magie abzubringen und so hatten sie schließlich aufgegeben.
    Sie beschränkten sich darauf, ihr einziges Kind in Liebe und Verständnis einzuhüllen, wie in einen warmen Umhang. Doch war Kyrana ihnen längst entglitten. Selbst von Kelmar hielt sie sich fern, obwohl er stets ihre Gedanken, Wünsche und Sehnsüchte beherrschte. Sein Anwesen in den westlichen Hügeln hatte sie nicht mehr aufgesucht, aus Angst, er könnte

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