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Nachtzug

Titel: Nachtzug Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Wood , Gareth Wootton
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wenigstens die Deutschen fernhalten.«
    Max richtete seinen Blick wieder auf Müller. »Sag mal, Fritz, ist es möglich, eine Epidemie schlimmer erscheinen zu lassen, als sie in Wirklichkeit ist?«
    »Wie bitte?«
    Das Gesicht Maria Duszynskas erschien flüchtig vor seinen Augen und löste sich ebenso schnell wieder auf. Es war ihm in all den Jahren nicht schwergefallen, Liebe und Freundschaft für seine Ziele zu opfern. Maximilian Hartung hatte nie einen Menschen geliebt, und er würde es auch niemals tun.
    »Ist es möglich, einige wenige Fleckfieberfälle in einer Gegend zu einer Epidemie aufzubauschen?«
    {281} Fritz Müller hob seine blassen, fast durchsichtigen Brauen. »Warum fragst du?«
    Der Sturmbannführer blickte nachdenklich drein. Er erinnerte sich an einen Bericht, den er vor knapp einem Jahr gelesen hatte. Darin war von einer Widerstandsgruppe die Rede gewesen, die man in der Nähe von Sofia aufgespürt und hingerichtet hatte. Mehr als fünfzig Leute, die einen Sprengstoffanschlag auf das Munitionsdepot geplant hatten. Der Bericht hatte Max Hartung damals in Wut versetzt und bereitete ihm auch heute noch Verdruß.
    Vor anderthalb Jahren war er nach Sofia entsandt worden, um dort nach Partisanen zu fahnden. Er hatte sich bei einigen Leuten in Schlüsselpositionen lieb Kind gemacht – daß er dabei seine alte Freundin Maria wiedergetroffen hatte, war allein einem glücklichen Zufall zu verdanken gewesen – und hatte mehrere Tage lang versucht, Anzeichen für die Existenz einer Untergrundbewegung zu entdecken.
    Aber er hatte nichts gefunden. Und so hatte er Sofia mit dem falschen Eindruck verlassen, daß es dort keinen Widerstand gäbe. Fünf Monate später hatte er dann den überraschenden Bericht von Schmidts glänzendem Erfolg gelesen.
    Hartung war von seinen Vorgesetzten damals milde dafür getadelt worden, daß er die Partisanen bei seinem Besuch in der Stadt nicht aufgespürt hatte, und es war ihm bis heute ein bitterer Nachgeschmack davon zurückgeblieben.
    »Einfach nur so, Fritz, ist es möglich, eine Seuche schlimmer erscheinen zu lassen, als sie wirklich ist?«
    »Nun, ich denke schon.« Der Doktor zögerte. »Darüber müßte ich einmal nachdenken.«
    »Und könnte man nicht auch einfach eine Fleckfieberepidemie vortäuschen, obwohl es gar keine gibt?«
    »Das ist eine interessante Frage, Max. Ich nehme an, daß du gute Gründe hast, sie zu stellen. Also gut, laß mich überlegen. Wenn ich den Anschein erwecken wollte, als sei eine Fleckfieberepidemie ausgebrochen, so würde ich wahrscheinlich das Blutserum einer Person nehmen, die an schwerem Fleckfieber erkrankt ist, würde es auf mehrere Proben verteilen und jede davon mit dem Namen eines anderen Patienten versehen. Dann würde ich diese Proben hierher ins Warschauer Labor zum Weil-Felix-Test schicken.«
    {282} Ein eisiges Leuchten zeigte sich in Max Hartungs graublauen Augen, und Fritz wußte, was es bedeutete. Er hatte es schon oft gesehen. Deshalb hörte er aufmerksam zu, als sein Freund mit unveränderter Stimme zu sprechen begann:
    »Fritz, ich denke, an der Epidemie in Sofia ist irgend etwas faul. Genaugenommen glaube ich überhaupt nicht, daß es dort eine Epidemie gibt. Frag mich nicht, warum, es ist nur so ein Gefühl. Ich denke, daß ein Haufen polnischer Schweine dich und dein Labor zum Narren hält!«
    »Max …« Der Doktor stürzte das restliche Bier hinunter und stellte das Glas geräuschvoll auf den Tisch zurück. »Das kann doch wohl nicht dein Ernst sein. So etwas ist nicht möglich.«
    »Warum nicht? Du hast doch selbst gesagt …«
    »Ich weiß, was ich gesagt habe, Max, aber du vergißt eines. Die Blutproben, die wir aus Sofia erhalten, weisen eine extrem hohe Antikörper-Konzentration auf. Das bedeutet, wir haben es mit einer besonders virulenten Erregerart zu tun. Wenn das Blut des gleichen Patienten auf mehrere Proben verteilt würde, dann müßte der Gehalt an Antikörpern zumindest annähernd gleich sein. Das trifft aber bei den Proben aus Sofia nicht zu, was darauf schließen läßt, daß es sich um das Blut unterschiedlicher Patienten handelt.«
    »Bist du sicher? Gibt es keine Möglichkeit, die Proben so zu manipulieren, daß man nur meint, man habe es mit individuell verschiedenem Blut zu tun?«
    Fritz spürte, wie ihn Hartungs Ausstrahlung gefangenhielt.
    »Ich denke schon, daß es möglich wäre«, überlegte er vorsichtig.
    »Wenn jemand schlau genug ist, zusätzliches Blut der gleichen Blutgruppe von

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