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Nachtzug

Titel: Nachtzug Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Wood , Gareth Wootton
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war, zog Szukalski einen Bleistift aus der Tasche und kreiste ihn ein. Die wissenschaftliche Abhandlung sollte von ihrem Verfasser, einem berühmten Berliner Mikrobiologen, persönlich vorgetragen werden und war auf zehn Uhr angesetzt. Jan Szukalski mußte noch zwei Stunden warten.
    Abermals las er den Titel und spürte, wie er sich innerlich anspannte. Fleckfieber gehörte zu den Krankheiten, die durch Rickettsien übertragen wurden.
    Szukalski ging auf der Liste weiter. Und wieder fiel ihm ein Titel ins Auge: »Untersuchungen zum Agglutinationsverhalten von Rickettsien bei Fleckfieber.« Der Vortrag sollte kurz vor Mittag gehalten werden.
    Jan sah sich im Saal um. Die meisten Plätze waren jetzt besetzt, der Lärm legte sich allmählich, und die Mediziner unterhielten sich leise murmelnd.
    Er umrahmte den zweiten Titel und las den Rest der Liste. Das übrige Programm setzte sich aus Vorträgen über Typhus, Hepatitis und Cholera zusammen. Aber diese Themen interessierten Szukalski nicht so sehr wie die beiden, die er eingekreist hatte. Nur für diese war {320} er hergekommen. Um herauszufinden, welche Veränderungen auf dem Gebiet der Bekämpfung infektiöser Krankheiten im Gange waren.
    Die Eröffnungsreden begannen, und Dr. Szukalski hörte den gut ausgearbeiteten Vorträgen mit halbem Ohr zu. Wieder schwelgte er in Erinnerungen an die Tage, als er in eben dieser Aula gesessen und hastig Notizen zur Vorlesung mitgekritzelt hatte. Um zehn Uhr konzentrierte er sich wieder auf das Podium und beugte sich neugierig vor, als der deutsche Wissenschaftler seinen Platz am Lesepult einnahm. Mit leiernder Stimme begann der Mann seine Abhandlung über die »Komplementbindungs-Reaktion bei Rickettsien« zu verlesen und brachte die ersten Minuten damit hin, seine Untersuchungsmethode zu erläutern und auf die Anzahl der getesteten Fälle hinzuweisen. »Der Test ist in nahezu allen klinischen Fleckfieberfällen positiv und stimmt zu hundert Prozent mit den Ergebnissen des WeilFelix-Tests überein. Es gab in meiner Testreihe keinerlei falsch positive Resultate.«
    Der Mann beendete seinen Vortrag, trat ab, und Szukalski klatschte mit den übrigen Zuhörern Beifall. Während der nächsten beiden Vorlesungen ließ er seine Gedanken nicht mehr ziellos umherschweifen. Die Schlußworte des Berliner Mikrobiologen gingen ihm nicht aus dem Kopf und stürzten ihn in tiefe Nachdenklichkeit: »Es gab in meiner Testreihe keinerlei falsch positiven Resultate.«
    Endlich trat der andere Wissenschaftler, auf dessen Vortrag er gewartet hatte, zum Rednerpult. Nervös und angespannt beugte Jan sich vor.
    Wie die vorangegangenen Redner berichtete auch dieser Mann zunächst lang und breit über seine Theorien und Forschungsmethoden, bevor er ganz zum Schluß bei dem Punkt anlangte, auf den Jan voller Ungeduld gewartet hatte.
    »Der Test ist von großem Wert für die Unterscheidung zwischen murinem und epidemischem Fleckfieber. Sowohl beim Rickettsien-Verklumpungstest als auch bei der Komplementbindungs-Reaktion werden spezielle Rickettsien verwendet. Die falsch positiven Ergebnisse, die zuweilen bei anderen Tests auftreten, können somit verhindert werden.«
    Szukalski sank in seinem Stuhl zurück. Der Saal kam ihm plötzlich {321} totenstill vor, obwohl die Zuhörer begeistert Beifall klatschten und den Vortrag untereinander kommentierten. Der Schlußsatz des Redners machte Jan Szukalski allem anderen gegenüber taub.
    »… die falsch positiven Ergebnisse, die zuweilen bei anderen Tests auftreten, können somit verhindert werden …«
    Wie in Trance stand Jan auf und eilte zum nächstgelegenen Ausgang. Auf dem leeren Gang vor dem Hörsaal hielt er inne und lehnte sich gegen die Wand, während er sich die ganze Tragweite dieser schrecklichen Entdeckung vergegenwärtigte. Das war es. Deshalb war er nach Krakau gekommen.
    Der Weil-Felix-Test konnte jetzt überprüft werden. Und jede Blutprobe, die nicht von einem wirklichen Fleckfieberpatienten stammte, würde unausweichlich zu einem negativen Ergebnis führen. Die Deutschen konnten nun herausfinden, daß die Proben aus Sofia gefälscht worden waren, und der Schwindel würde unweigerlich auffliegen.
    Jan wäre auf der Stelle abgereist, hätte es da nicht noch eine wichtige Frage gegeben, die unbeantwortet geblieben war. Und da die Antwort auf diese Frage für seine nächsten Schritte entscheidend war, mußte er wohl oder übel noch eine Weile ausharren.
    In der Mittagspause wurde für alle

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