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Nackige Engel

Nackige Engel

Titel: Nackige Engel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Max Bronski
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ich mein Waffenarsenal im Bus zurückgelassen hatte.
    – Können Sie sich ausweisen?
    Dieser Satz steht in meiner Hassliste ganz oben. Egal, wo auf Gottes Erdboden man sich befindet, irgendein Beamter fordert den Erlaubnisschein ein, dass man zu einer bestimmten Zeit an einem bestimmten Ort verweilen darf, und das reicht von der Fahrkarte bis zum Geburtsschein, je nachdem ob es sich um das Recht auf einen Platz im Zugabteil handelt oder um die Generalbefugnis, sich auf dieser Welt aufhalten zu dürfen.
    Zum zweiten Mal an diesem Tag wurde mein Perso überprüft. Die Polizistin verschwand damit, wahrscheinlich um in ihrem Dienstfahrzeug die Daten über Funk abzufragen. Schließlich kam sie wieder zurück.
    – Was machen Sie hier, Herr Gossec?
    Ich zog den Schlüsselbund aus meiner Hosentasche und hielt ihn hoch.
    – Mit Erlaubnis meines Bekannten.
    – Wolfertshofer ist tot, entgegnete sie. Und der Schlüsselbund könnte gestohlen sein.
    – Könnte! Mehr haben Sie nicht gegen mich?
    – Lassen Sie das Theater, Herr Gossec. Wir haben einen Hinweis, dass sich jemand schon seit einigen Tagen hier aufhält. Was umso interessanter ist, da wir jetzt wissen, dass Wolfertshofer den Raum hier angemietet hatte.
    Ich hatte es geahnt: Dieser PM Britzl war Giesings schärfster Schweißhund.
    – Seltsamerweise sind Sie unter Ihrer normalen Adresse nicht mehr anzutreffen.
    – Muss man sich abmelden?
    Genervt ließ sie die Schultern hängen.
    – Dieses Geplänkel ist ziemlich öde. Ihnen ist doch klar, dass wir die Umstände aufzuklären versuchen, unter denen Joseph Wolfertshofer zu Tode gekommen ist.
    Sie trat in einen kurzen Blickkontakt mit ihrem Kollegen. Was sie hinterher verkündete, war eine Entscheidung, die sie mit ihm wortlos getroffen hatte.
    – Wissen Sie was, Herr Gossec, wir nehmen Sie mit aufs Revier. Dort können Sie Inspektor Dieselhofer in aller Ausführlichkeit erzählen, was Sie die letzten Tage so getrieben haben.
    – Sind Sie einverstanden, oder brauchen wir Handschellen?, tönte es von Tür her.
    – Peace, sagte ich und spreizte die Finger.
    Etwas Dümmeres fiel mir wirklich nicht ein. Aber man versuchte ja, auch in höchster Not schlagfertig zu bleiben.
    29
    Sah man einmal davon ab, dass ich diesen glorreichen Abend gerne anders beendet hätte, nahm das Schicksal nur ein wenig schneller seinen Lauf. Spätestens morgen hätte ich diesen Gang in die Ettstraße aus freien Stücken antreten müssen, um mich von all dem, was ich wusste, zu entlasten und dafür zu sorgen, dass man Wolfertshofers Mörder auf die Spur kam. Außerdem kannte ich Dieselhofer, er war ein reeller Mensch von barockem Format, der mich stets fairer behandelte, als ich es verdiente. Ihn hätte ich ohnehin gesucht. Nur wäre der Eindruck wesentlich günstiger gewesen, wenn ich selbstständig dort aufgekreuzt und nicht als ertappter Einbrecher vorgeführt worden wäre.
    Dieselhofer blickte auf, als wir das Büro betraten. Großes Bedauern über eine weitere traurige Episode, die ich soeben meiner insgesamt etwas glanzlosen Lebenskarriere angefugt hatte, umwölkte sein Gesicht.
    – Mein Gott, Gossec, was stellen Sie auch immer an!
    Dieselhofer erhob sich. Um Himmels willen, sah der Mann schlecht aus! Seine Apfelwampe war geschrumpft, das Hemd lag ihm nicht mehr wie eine geknöpfte Wursthaut um den Leib, sondern war gut und gern eineinhalb Nummern zu weit. Den Leibriemen hatte er bestimmt zwei Löcher enger gezurrt. Wir gaben uns die Hand.
    – Sie sind doch nicht krank, Herr Inspektor?
    So bitter wie er konnte nur ein Sisyphos auflachen, den man eben gefragt hatte, ob das Steinrollen denn noch einen Sinn habe.
    Dieselhofer verabschiedete winkend die Kollegen aus dem Zimmer und beugte sich über seinen Schreibtisch zu mir her.
    – Krank? Gesund und fit wie nie! Die Frau zu Hause kocht seit Silvester Diät. Wir sind zu dick, sagt sie. Bei ihr müssen zehn, bei mir fünfzehn Kilo weg.
    Dieselhofer ließ sich in seinen Bürostuhl fallen.
    – Außerdem soll ich zum Pilates, verstehen Sie?
    Er lauerte auf meine Reaktion. Aber dieser oberbayerische Modellmensch würde beim Spine-Twist ein ebenso unwürdiges Bild abgeben wie Herakles als Wollspinner zu Füßen Omphales.
    – Natürlich im Polizeisportverein, setzte er hinzu, als er meine erschrockene Miene bemerkte.
    Der Akzeptanztest der geplanten Maßnahme war schiefgegangen. Er schaute auf die Uhr.
    – Wenn wir jetzt noch eine Vernehmung machen, dann wird das nichts mehr mit dem

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