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Nackt unter Wölfen

Nackt unter Wölfen

Titel: Nackt unter Wölfen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: B Apitz
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ihn aus. Der Schlamm klatscht wie Kuhfladen zu Boden. {Schokoladenpudding!}
    In wildem Galopp kommt die Meute aus dem Wald heraus. Der Lagerälteste vorneweg! Gott sei Dank, sie haben ihn gefunden! An den Beinen schleifen sie ihn über Steine und Stümpfe hinter sich her. Der Kopf schlenkert und springt wie ein Ball über die Hindernisse hinweg. Ob der überhaupt noch lebt? Oben legen sie ihn wie einen apportierten Hasen vor die Füße des Rapportführers! Nun stimmte der Appell!
    »Arbeitskommandos antreten!«
    Na endlich! Es hat auch sein Gutes gehabt, das Stehen. Wieder sind ein paar Stunden weg vom Tag. Und dann geht’s raus aus dem Lager. – Ein Lied.
    oder: »Liegt ein Dörflein mitten im Walde,
    überdacht vom Sonnenschein.
    Vor dem letzten Haus an der Halde
    sitzt ein steinaltes Mütterlein …«
    oder:
    »O du schönes Sauerland,
    du bist ja in der Welt so weit und breit bekannt,
    ein jeder möcht dich sehen gern,
    drum eilen die Leut von nah und fern …«
    Rose kichert. Er möchte sich stundenlang vorerzählen, wie es damals war.
    Im Schachtkommando Pumpenhaus Weimar habe ich gearbeitet. Eijeijeijei … was war da los! Rose schnalzt mit der Zunge. Den Berg hinab zog sich ein Graben. Vier Meter tief, vier Meter breit.
    Drin lag die Steigleitung für das Wasser, mannsdicke Tonrohre auf der Grabensohle.
    Den Graben hatten wir zuzuwerfen, das war unsere Arbeit. Wie harmlos das klingt! Haben Sie eine Ahnung! Die aufgeworfene Erde war steinhart gefroren. Sie musste mit der Picke locker geschlagen werden. Eijeijeijei, wie der Stiel in die Pfoten prellte. Zuerst sind’s Blasen, dann gibt es rohes Fleisch. Und immer druff! Picken – schaufeln, picken – schaufeln. Rückenmuskeln? Nee, mein Lieber, Sensenmesser! Wunden verbinden? Nee, mein Lieber, in Buchenwald gibt’s nur Gesunde oder Tote! Und ein Toter kannst du hier sehr schnell werden. Was meinst du wohl! Wenn der Scharführer auf dich losstürzt, dann buddelst du um dein Leben! In fünf Meter Entfernung steht die Postenkette, junge Burschen,die sich langweilen und frieren, dir aber laufen Schweiß und Regen über die Fresse, dass du kaum noch was sehen kannst. Aber da gibt’s noch Schlimmeres! Die verfluchte Scheißerei! Du möchtest dir die Hosen herunterreißen und an Ort und Stelle … Das ist verboten. Du musst dich beim Posten abmelden und in den Wald gehen. Hahahaaa, in den Wald … Das heißt: über die Postenkette, und wer da drübergeht, wird auf der Flucht erschossen. Nun scheiß mal … Aber der Wanst will dir auseinanderplatzen! Im letzten Moment, wenn es schon in die Hosen abgehen will, ist dir alles egal. Scheißen ist notwendiger als sterben. Du lässt die Picke fallen, stolperst über den Erdhaufen zum Posten, die Sensenmesser zerschneiden dir den Rücken, zitternd ziehst du vor dem Knaben dein Krätzchen. »Häftling bittet austreten zu dürfen …«
    Kauerst du dich nun zu nah bei dem nieder, dann springt er auf dich los, kracht dir den Kolben ins Kreuz: »Schwein! Willst du mir deinen Mist vor die Nase setzen?« Gehst du aber einen Meter zu weit, dann reißt er vielleicht den Karabiner an die Backe …
    Erschöpft legt Rose den Kopf in den Nacken. Das ist wohltuend für einen Augenblick, aber nur für einen Augenblick, denn das abgesackte Blut jagt wieder hoch.
    Rose springt auf und beginnt zu gestikulieren: »Das muss ich Ihnen doch alles erzählen, Herr Kommissar! Sie müssen wissen, was ich hinter mir habe! Wer weiß, was sie jetzt mit Pippig anstellen! – Ich habe mit dem Kind gar nichts zu tun, gar nichts, bitte sehr …«
    Rose kam nicht weiter. Das Gerassel des Schlüssels an der Zellentür überraschte ihn. Der Schließer zwängte sich herein, ein Bündel mit sich schleppend – das Bündel war Pippig!
    »Halten Sie ihn«, brummte der Schließer Rose an, der in der Zelle stand, als wolle er in deren äußerste Ecke fliehen. Doch Rose gehorchte. Er griff von hinten unter Pippigs Armendurch, während der Schließer das Bett herunterklappte. Sie legten das Bündel darauf. Mit dem leeren Wasserkrug verließ der Schließer die Zelle und brachte ihn gefüllt zurück, warf Rose einen Leinenfetzen zu. »Sie sehen selber, was zu tun ist.« Er ließ die beiden allein.
    Pippig lag mit geschlossenen Augen. Eines davon war verquollen. Aus dem linken Ohr zog sich ein brauntrockener Blutstreifen bis zum Hals. Die Nase und der aufgetriebene Mund waren blutverkrustet. Jacke und Hemd aufgerissen, das Hemd zerfetzt.
    Roses Hand, die den

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