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Nackt unter Wölfen

Nackt unter Wölfen

Titel: Nackt unter Wölfen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: B Apitz
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Leinenlappen hielt, zuckte. Mit der Neugier des Grausens beugte er sich über Pippig. Dessen Augenlider zitterten. Das entstellte Gesicht verzog sich zu einer Grimasse, es sollte ein Lächeln daraus werden. Rose sah es mit Entsetzen. Unvermittelt begann Pippig zu reden, leise, aber doch mit erschreckend klarer Stimme: »Wisch mir die Visage ab …« Roses Hände bebten, als er den Lappen befeuchtete und das Gesicht abrieb.
    Pippig bewegte die schweren Arme und hob sich vorsichtig das Hemd von der Haut ab. Jetzt erst gewahrte Rose auf der Brust große, kreisrunde Stellen verbrannten Fleisches. Brandlöcher! Pippig fühlte durch die Augenlider Roses starren Blick auf seiner Brust.
    »Mit der Zigarre«, sagte er nur, um zu erklären, und nach einigen gelähmten Sekunden: »Leg mir den Lappen drauf, recht nass.« Pippig stöhnte, als er Kühlung empfand. Er atmete stark und stieß heftig heraus: »Was zu trinken, los.« Rose sah sich in der Zelle um und entdeckte im Wandspind eine Aluminiumtasse, die er füllte. Er stützte Pippig mit untergeschobenem Arm, der trank gierig die Tasse leer. Jetzt erst schien er »es hinter sich zu haben«. – Mit einem erlösten Stöhnen legte er den Kopf zurück, und sein Gesicht entspannte sich. Pippig konnte das unverletzte Auge nur halb öffnen. Als sei es ihm jetzt das Wichtigste, begann er mit prüfendem Finger seinenMund zu untersuchen. Einige Zähne fehlten, andere waren locker … Pippig machte sich selbst eine geringwertige Handbewegung: weg mit Schaden …, zog sich den Lappen von der Brust und hielt ihn Rose hin: »Mach’s noch mal kalt.« Er schien sich zu kräftigen. Nach einer Weile sagte er ganz klar: »Man keine Bange, mit dir macht er das nicht. Ich weiß nun, was los ist.« Er sprach mit stolpernder Zunge, musste sich erst an die Zahnlücken gewöhnen. »Wir sind nicht zufällig in einer Zelle zusammen. Die denken nämlich, sie sind schlau. Wir sind es auch. – Hör zu, August!« Er richtete sich mühsam auf, schob Roses helfende Hand hinweg und verschnaufte. »Hör zu, August, das ist wichtig. Der Bulle hat mich nicht deswegen zusammengedroschen, weil ich nichts gesagt habe, der weiß schon, dass er aus mir nichts rauskriegt, sondern weil … Also hör zu, das ist {Methode} …« Das Sprechen strengte Pippig an, er atmete spitz. »Reg dich nicht auf«, bat Rose. Pippig zwang sich zu einem Lächeln. »Ich rege mich doch gar nicht auf …« Er schwieg und {gab sich der wohltätigen Kühlung seiner Wunden hin}. »Das tut gut«, seufzte er. Er musste sich auf den Rücken zurücklegen. Eine Weile lag er so und sagte nichts. Rose stellte zögernd eine Frage. »Warum – warum wird er – das – nicht mit mir machen? – Hat er es dir gesagt?« Pippig gab keine Antwort! Erbärmliche Frage! Schließlich aber sagte er: »Du Dunselmann …« Rose schämte sich, saß mit gesenktem Blick. Pippig fuhr fort: »Der Bulle weiß, dass du ein – weiches Gemüt hast. Darum hat er uns in eine Zelle zusammengesteckt. Du sollst vor Angst in die Hosen scheißen, wenn du mich siehst. So spekuliert er. Und dann – verlass dich darauf –, dann versucht er es bei dir mit der süßen Tour. Wenn du nicht auch noch Prügel beziehen willst, dann musst du schwer auf Draht sein …«
    »Was soll ich denn machen?« Roses Gesicht wurde hässlich schief.
    »Die Schnauze sollst du halten, weiter nichts.«
    Rose schluckte.
    »Du weißt eben von nichts, und dabei hast du zu bleiben, selbst wenn er dir ein paar in die Fresse knallt. – Gottverdammmich, das wirst du doch noch aushalten können!«
    Die Schmerzen wurden unerträglich. Pippig ächzte und warf den Kopf unruhig hin und her. Er war so grauenhaft allein in seiner Not.
    »Mensch, gib mir noch was zu trinken«, stöhnte er, richtete sich auf den Ellenbogen hoch, als Rose ihm zitternd die Tasse an die Lippen hielt, und sank erschöpft wieder zurück.
    Rose sah auf dem Gesicht des Gequälten die Anstrengung, mit der dieser die Schmerzen bezwang. Plötzlich übermannte ihn die Scham. Leise sprach er und mehr in sich selbst hinein: »Nun gut, Rudi, nun gut, also ich weiß von nichts …«
    Pippig lebte auf.
    »Siehste, siehste«, frohlockte er. »Und dabei musst du bleiben. Verplappere dich nicht, August, hörst du? Wenn der Bulle merkt, dass du was weißt, dann macht er Schinkenklopfen mit dir, verstehste? Aber wenn du stur bleibst, verstehste … Ich habe ihm nämlich schon beigebracht, dass du gar nichts von der Geschichte weißt.«
    »Hast du

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