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Nackt unter Wölfen

Nackt unter Wölfen

Titel: Nackt unter Wölfen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: B Apitz
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erlaubt, die Gefahr zu umgehen. Der
Mensch
hat nur
einen
Weg, und der führt geradeaus, mitten auf die Gefahr zu! Das sei unser Wille und unser Stolz. Ich weiß, was ich sage, Genossen! Finden sie auch nur einen Einzigen, dann muss er verteidigt werden, wenn es gilt, mit der Waffe! Das sei Beschluss! Dann aber beginnt der Aufstand. Freiheit oder Tod! Seit Spartakus hat die Geschichte mehr als einmal den Beweis gegeben vom Stolz und der Größe des Menschen. – Beschließen wir den Aufstand?«
    Bochow streckte die Hand vor.
    In tiefem Schweigen fanden sich alle Hände ineinander, fanden sich die Blicke der Männer, und auf ihren Gesichtern zuckte das erste Licht jenes Lebens, das von nun an ein anderes war.
    Es wurde beschlossen, an die Führer der Widerstandsgruppen Alarmstufe 2 auszugeben{. Beschlossen}, dass in den Blocks Wachen eingerichtet werden{. Beschlossen, dass} die Waffenverstecke von den dafür vorgesehenen Angehörigen des Lagerschutzes zu besetzen seien und {beschlossen,} dass unverzüglich bis zum Abend die Verstecke für die 46 ausfindig gemacht und vorbereitet werden sollten. – Von dieser Stunde an musste der gesamte illegale Apparat auf der Lauer liegen, dem Wissen des Lagers zwar verborgen, doch injeder Minute bereit, aufzuspringen. Es wurde aber auch der Beschluss gefasst, den Kampf nur dann aufzunehmen, wenn er dem Lager aufgezwungen werden sollte. Die Evakuierung sollte verzögert werden, um an Menschen zu retten, was möglich war.
    Jeder Tag und jede Stunde konnten Gewinn bedeuten, die Front rückte immer näher.
    »Ich habe euch noch einen Vorschlag zu machen«, sagte Bochow. »Zentralisieren wir unsere Anweisungen in der Person von Walter Krämer. In seiner Hand laufen alle Fäden zusammen. Es ist zu erwarten, dass die kommende Evakuierung die bisherige Ordnung des Lagers verändern, wenn nicht gar aufheben wird.
    Damit kann mir, der ich als Einziger vom ILK die direkte Verbindung zu Krämer habe, mehr Bewegungsfreiheit gegeben sein.«
    Seinem Vorschlag stimmten die Genossen zu.
     
    Mit Unruhe hatte Krämer das Ende des Alarms erwartet. Erst nach zwei Stunden heulte die Sirene, und er eilte sofort den Revierweg hinunter, um Bochow zu begegnen.
    »Was ist?«, fragte er, als er ihn abgefangen hatte. Sie gingen zusammen den Weg hinauf, gedämpft und unauffällig miteinander sprechend.
    »Bis heute Abend müssen alle 46 verschwinden. Keiner von ihnen darf am Schild 2 antreten.«
    Mit einer anderen Entscheidung hatte Krämer nicht gerechnet.
    »Wohin mit ihnen?«, fragte er nur.
    »Überallhin, wo es sichere Verstecke gibt«, entgegnete Bochow, »in den Kohlenkeller des Bades, in den Kartoffelkeller der Küche, in eine Kiste oder einen Bretterverschlag! Kohlen drauf, Kartoffeln drauf! Verbergen wir sie in den Fundamentgruben der Blocks. Sie müssen in die Abflusskanäleder Entwässerung kriechen. Wir müssen sie in den Pferdeställen des Kleinen Lagers untertauchen lassen und geben ihnen falsche Nummern. Sie müssen die gleichen zerlumpten Klamotten tragen wie die übrigen Insassen.«
    Bochow machte eine umfassende Bewegung. »Überallhin, verstehst du? Nach dem Abendappell, wenn es finster ist, muss alles erledigt sein. Wer sich von den 46 selbst helfen kann, soll es tun.«
    Krämer hatte wortlos zugehört, er schnaufte. Das war keine leichte Sache.
    »Und wenn sie einen von ihnen finden?«, fragte er besorgt.
    Bochow blieb stehen. »Hör zu, Walter …« Noch verhaltener sprach Bochow jetzt. Krämer nahm mit tiefem Ernst den schicksalsschweren Beschluss entgegen. Auch dieser überraschte ihn nicht, sondern bestätigte nur die Zwangsläufigkeit der Entwicklung.
    Als ihm Bochow eröffnete, dass er von nun an das unmittelbare Verbindungsglied zwischen dem ILK und dem Lager sein werde, nickte er nur. Sie gingen weiter.
    »Hast du das Kind beiseitegeschafft?«, fragte Bochow unvermittelt. »Sag es mir, wenn du es gewesen bist.«
    Die Frage überraschte Krämer, er hatte angenommen, dass sich hinter dem Verschwinden des Kindes das ILK verbarg.
    »Nein«, antwortete er darum nur und fügte hinzu: »Ich hätte vorher mit dir gesprochen, offen und ehrlich.«
    Bochow musste ihm glauben.
    »Wieso?«, stutzte Krämer, in dem Bochows Frage jetzt erst lebendig wurde. »Weißt du … wisst ihr wirklich nicht, wo das Kind geblieben ist?«
    Bochow schüttelte den Kopf, er lächelte müde.
     
    Am frühen Abend, eine kurze Stunde vor dem Appell, ereignete sich Unerwartetes. Die saloppe Stimme Reineboths

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