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Nackt unter Wölfen

Nackt unter Wölfen

Titel: Nackt unter Wölfen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: B Apitz
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Krämer dabei an. »Jawohl«, antwortete dieser.
    »Es wird ihnen somit nichts mehr geschehen. Ist Ihnen das klar?« Wieder musste Krämer antworten.
    Schwahl postierte sich malerisch vor Weisangk und Wittig auf. »Es wird ihnen überhaupt nichts mehr geschehen. Ich gebe Ihnen mein Ehrenwort als Offizier, dass das Lager nicht evakuiert wird. Ich werde bis zum Schluss bleiben. Wenn ich beim Eintreffen der Alliierten noch am Leben bin, werde ich das Lager ordnungsgemäß übergeben.« Er machte eine Pause und ließ den Blick über die Gruppe gehen.
    »Haben Sie mich alle verstanden?« Das gemurmelte »Jawohl« der Blockältesten plumpste dumpf wie ein Sack zu Boden.
    Schwahl ging referierend auf und ab.
    »Ausländische Sender verbreiten, dass sich die Verhältnisse in Buchenwald, seit ich Kommandant bin, gebessert haben. Es gereicht mir zur Genugtuung, dass die Öffentlichkeit davon Kenntnis hat. Was die nächsten Tage bringen werden, wissen wir nicht. Sie erhalten Vollmacht, Ihren Leuten auf den Blocks mitzuteilen, was ich Ihnen gesagt habe, und im Vertrauen auf mein Ehrenwort sie zur Ruhe und Disziplin anzuhalten, was auch geschehen mag. Von Reichsführer SS habe ich Befehl, in die umliegenden Ortschaften Häftlinge als Aufräumungskommandos zu entsenden. Die Häftlinge erhalten volle Zivilverpflegung, befinden sich bei Angriffen in bombensicheren Unterständen und kehren nach Beendigung ihrer Aufgabe ins Lager zurück. Ich erwarte, dass die Häftlinge ihre Pflicht tun.« Er blieb vor der Gruppe stehen, musterte einzelne von den Blockältesten und schien damit alles gesagt zu haben. »Lagerältester, lassen Sie wegtreten!«
    Kein Muskel in Krämers Gesicht verzog sich, als er sich zu der Gruppe umdrehte und Kommando gab.
    »Mützen auf! Abteilung kehrt! Im Gleichschritt, marsch!«
    Er ging als Letzter hinter der Gruppe. Ein Eisenring schnürte ihm die Brust ab. Oben lag Pippig …
    Schwahl sah den Abziehenden nach. Im Abgehen wandte er sich an Reineboth. »Was ist Ihre Meinung?«
    Reineboth salutierte. »Bewundere diplomatische Klugheit, Herr Kommandant.«
    Schwahl schob das Kinn aus dem Kragen. Weisangk, dem Kommandanten folgend, stippte Reineboth im Vorbeigehen in den Bauch. »Dös is oaner, was moanst?«
    Reineboth grinste. –
     
    Höfel und Kropinski hatten deutlich hören können, was draußen gesprochen worden war. Seit Tagen ließ der Mandrill sie in der Zelle stehen. Vom frühen Morgen an. Erst nach dem Abendappell durften sie sich niederlegen. Dann krochen die beiden auf dem eiskalten Zementboden eng aneinander. Aber die Nachtkälte trieb ihnen den Schlaf aus den Körpern. Vom ewigen Hunger geschwächt, gepeinigt von den Schmerzensqualen der zerschundenen Glieder, verdämmerten sie die endlose Nacht, die um 5 Uhr morgens abriss, wenn der Mandrill die Zellen aufschloss.
    Dann begann auf dem Korridor und im Waschraum des Bunkers ein wildes Inferno. Innerhalb von 3 Minuten mussten sämtliche Häftlinge des Bunkers sich entkleidet, gewaschen, wieder angekleidet, die Zellen ausgefegt und die Klosetteimer entleert haben. Wie im Veitstanz quirlten die Körper durcheinander, wie von einem satanischen Geist geritten, schossen die Arrestanten hin und her. Lautlos, schemenhaft. Nur die Schuhe klapperten. In diesem gespenstischen Gewirr der Leiber stand der Mandrill und hieb mit dem ledernen Vierkant auf die Menschen ein, die in ihre Zellen zurückschossen. Hier zogen sie sich in wildgetriebener Hast die Hemden über den Kopf, stopften sie in die Hosen hinein und fuhren in die Jacken, um Zeit zu gewinnen, die Zellen zu reinigen. Welch ein Glück für Höfel und Kropinski, dass sie von diesem Hexentanz ausgeschlossen waren. Sie durften sich nicht waschen und auch ihren Klosettkübel nicht entleeren. Dieser, ein verbeulter Marmeladeneimer, stand in der Zellenecke, und da er seit Tagen nicht geleert worden war, quoll sein Inhalt über und verpestete die Luft. Nun standen die beiden schon wieder den ganzen Tag. Zweimal bereits hatte der Mandrill sämtliche Bunkerinsassen während des Tages aus ihren Zellen getrieben, um sie auf dem Korridor bis zur Erschöpfung hüpfen und Kniebeuge machen zu lassen. Höfel und Kropinski waren viel zu sehr die Gequälten ihrereigenen Not, um unter dem, was sich draußen abspielte, noch zu erschauern. Dumpf und stumpf nahmen sie das Rumoren auf dem Korridor wahr, die klatschenden Schläge des Mandrill und das Wimmern der Erschöpften. Ihre Sinne hatten die Grenze des Aufnehmens erreicht.

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