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Nackt unter Wölfen

Nackt unter Wölfen

Titel: Nackt unter Wölfen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: B Apitz
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In den Durchgängen zu den Blocks staute sich der Strom, quetschte sich durch die Enge und breitete sich über das Lager aus. Hinein in die schützenden Blocks. Abgehetzt sanken die Häftlinge auf die Bänke nieder, mit fliegenden Lungen und flatterndem Atem. So also sah das Ende aus! Jetzt wusste ein jeder, was er zu erwarten hatte. – Das Durcheinander des Abmarsches ausnutzend, hatte Bogorski seinen Block verlassen und fing Bochow ab, schnell verständigten sie sich. Bogorski eilte, um Krämer zu benachrichtigen, und Bochow lief zu Pribulas Block. Der junge Pole wiederum musste Kodiczek herbeiholen. Die so eilig Gerufenen trafen sich im Block 17 zu einer Besprechung von wenigen Minuten. Auf den Gesichtern der Männer brannte es noch. Krämers Hände zitterten, als er sich jetzt die Mütze aus der Stirn schob. {Er hatte tatenlos zusehen müssen.}
    Pribula setzte sich auf eine Bettstatt, der Atem fauchte hörbar durch die Zähne, er schlug die Fäuste aneinander. Bogorskiwusste um die Not des jungen Menschen. »Njet«, sagte er nur und schüttelte den Kopf. Pribula blickte zu ihm auf, und Bogorski sah das heimliche Glühen in dessen Augen, auf Polnisch sprach er weiter: »Wir müssen wartend kämpfen und kämpfend warten …« Pribulas Ungeduld rüttelte an Bogorskis scheinbarer Gelassenheit. »Warten, immer warten!«, stöhnte er in innerer Qual. Doch in Bogorski und den anderen bebte das Erleben nach und fieberte gleichfalls als Ungeduld in Bochows Worten: »Genossen, wir haben den ersten Transport um mehr als einen Tag verzögern können.« Er musste innehalten, weil ihm der Atem zu heftig ging. Pribula schlug gepeinigt mit den Fäusten auf die Knie. »Immer verzögern, verzögern!«, stöhnte er aufs Neue. Als hätte er es nicht gehört, wandte sich Bochow an Krämer, dennoch war, was er sagte, eine Entgegnung für Pribula. »An dir liegt jetzt alles, Walter. Verzögern, verzögern!« Zu Pribula herumfahrend, schrie er heiser und ohne Ton: »Es gibt nichts anderes!« Pribula erhob sich müde: »Dobrze …« – »Uwaga!«, sagte Bogorski zu dem Polen, »wir sind schwach, weil wir nicht können verhindern die Evakuierung. Nun gutt. Aber Faschisti sind auch schwach.« Bogorski wandte sich allen zu. »{Aber wenn kommt die Front immer näher jeden Tag, wir werden stärker und Faschisti werden immer schwächer, und wir müssen hören mit klugen Ohren immer und überall herum und müssen wissen immer ganz genau, wo ist die Front.}« Bogorski zog Krämer an der Schulter herbei. »Wenn Kluttig dir sagt: Mache einen Transport fertig, du antwortest ihm, jawohl, ich mache Transport fertig.« Voller Lebendigkeit sprach Bogorski auf Krämer ein, sich gleichzeitig an die anderen wendend. Die Transporte, so meinte er, müssten so zusammengestellt werden, dass den Faschisten nur immer die politisch und moralisch unzuverlässigsten Elemente des Lagers überlassen werden sollten. {Auslese!} Das Lager habe sich zu reinigen. Du musst wie ein General seinim Krieg«, sagte er zu Krämer, »{und dein Generalstab ist die Schreibstube und die Blockältesten.} Deine Anordnungen sind Befehle; unwiderrufliche! Du verstehen?«
    Krämer nickte stumm. Plötzlich heulte die Sirene auf. Wie angstgetrieben stieg ihr Gejaul immer wieder bis zum Diskant hinauf und überflutete mit seinem Geschrei das Lager. »Charascho!«, triumphierte Bogorski! »Alarm! Jeden Tag muss er kommen. Einmal und zweimal, dann können sie nicht evakuieren!«
    »Fort!«, drängte Bochow. Bogorski hielt Krämer zurück, der {mit den anderen} hinausstürzen wollte. »Kamerad«, sagte Bogorski warm. Krämer streckte dem Russen die Hand entgegen, der aber zog ihn an sich und küsste ihn.
     
    In der Zelle Nummer 5 spielte sich eine stille Tragödie ab. Noch immer mussten die beiden stehen. Sonderbarerweise aber hatte sie der Mandrill in Ruhe gelassen, seit er ihnen den Strick um den Hals gelegt hatte. Sie waren bis zum Skelett abgemagert, und ihre Köpfe glichen Totenschädeln, in denen fiebrige Augen brannten. Der Bart wucherte und machte ihre Gesichter noch grausiger. Seit Tagen hatte ihnen der Mandrill weder Essen noch Trinken gegeben, und nicht immer gelang es Förste, ihnen einen Brotkanten zuzuschmuggeln, wenn er am Abend das Bett abschloss. Die Ecke, wo der Marmeladeneimer stand, schwamm im Unrat und verpestete die Luft, die kaum noch zum Atmen war. Als am vergangenen Tag Reineboth nach den Juden schrie, hatte Höfel, mit vorgestrecktem Hals nach draußen lauschend,

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