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Nackt unter Wölfen

Nackt unter Wölfen

Titel: Nackt unter Wölfen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: B Apitz
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lache sie sich tot über die Maskerade, die nach der Entkleidung zum Vorschein gekommen war. Sie hatte nichts genützt, der Arme war dennoch erfroren.
    Mit einer Zange kniffen die Leichenträger die Verschnürung der Schuhe auf, die gewöhnlich aus verknotetem Bindfaden oder Draht bestand, und rissen das Schuhwerk von den nackten Füßen. Mancher Leiche mussten sie noch einige Paar hauchdünner Damenstrümpfe von den Beinen ziehen. Zwischen den Entkleideten, die wirr herumlagen, stieg ein anderer Leichenträger umher, in der Hand die Extraktionszange. Er untersuchte die Mundhöhlen nach Goldzähnen.Prothesen riss er mit der Zange aus dem Mund. Waren sie wertlos, steckte er sie in das schwarze Loch zurück und klopfte sie mit der Zange hinein. Jetzt erst konnten zwei weitere Leichenträger den ausgeplünderten Toten an den Armen oder an den Beinen packen, je nachdem, wie er lag, und ihn zu dem Haufen der Nackten schleifen. {Im geübten Rhythmus Schwung holend, schwenkten sie den Toten, und dann flog er klatschend} auf den Haufen nackten Fleisches …
    Krämer war stehengeblieben{, als er sich der Bilder erinnerte}.
    Im ganzen Lager stank es wieder einmal nach verbranntem Fleisch. Sein durchdringender Geruch fraß sich in die Schleimhäute ein. Der hohe Schornstein spie eine rotglühende Lohe {aus, die zu dickem braunschwarzem Qualm erkaltete, der sich funkendurchsetzt pinienhaft ausbreitete. Vom Wind zerrissen und zerfetzt}.
    Krämer dachte an jene Nacht im August 1944. Es war einige Tage vor dem amerikanischen Bombenangriff aufs Lager gewesen. Da hatte er vom Fenster seiner Baracke, in der er schlief, auch die rote Glut über dem Schornstein gesehen und gedacht: Wen verbrennen sie mitten in der Nacht? – Am anderen Tag war ein heimliches Geflüster durchs Lager gegangen. Thälmann ist im Krematorium erschossen und verbrannt worden. Gerücht oder Wahrheit? – Keiner wusste es genau zu sagen. Doch! Einer! –
    Am 18. August 1944 erhielt die Belegschaft des Krematoriums durch den Rapportführer den Befehl, einen Ofen für die Nacht unter Feuer zu halten. In dieser Nacht wurde das Kommando in die Schlafräume eingeschlossen, die sich im Krematorium befanden. Die SS wollte ohne Zeugen sein. Ein polnischer Leichenträger hatte sich dem Einschluss entzogen und sich hinter dem hohen Kohlenberg auf dem Hof des Krematoriums versteckt. Er beobachtete, wie die Brettertür der Umzäunung geöffnet wurde. Ein Rudel SS-Scharführerbetrat den Hof. Sie brachten einen Zivilisten mit. Er war groß, breitschultrig, ging ohne Mantel und trug einen dunklen Anzug. Er war barhaupt und hatte eine Glatze.
    Der Fremde wurde zum Eingang dirigiert, der zum Verbrennungsraum führte, und hier fielen Schüsse. Das Rudel verschwand mit dem Erschossenen im Verbrennungsraum. Nach Stunden – so lange dauerte es, bis eine Leiche verbrannt war – verließ das Rudel das Krematorium. Im Abgehen sagte einer der Scharführer zu seinem Begleiter:
    »Weißt du auch, wen wir in den Ofen geschoben haben? Das war der Kommunistenführer Thälmann.«
    Einige Tage später kam Schüpp aufgeregt zu Krämer gelaufen. Schüpp hatte im Meldebuch des Rapportführers die Eintragung von der Erschießung Ernst Thälmanns gelesen. –
    Krämer starrte auf den Schornstein. Die hohe Glut, die damals zum schwarzen Himmel sprühte und die sein Auge gebannt hatte, weil er nicht schlafen konnte, brannte auch jetzt wieder in seinem Herzen. Er wusste, warum das Tuch seiner Fahne rot war. –
    Als er die Holztreppe zur Schreibstube hinaufgehen wollte, hörte er Schüpps Stimme durch den Lautsprecher über das ganze Lager schallen:
    »Achtung, Leitungsprobe …«
    Krämer verhielt, lächelte versteckt vor sich hin. –
    Schüpp war sogleich, nachdem Krämer mit ihm gesprochen hatte, mit seiner an Riemen über die Schulter gehängten Werkzeugkiste nach dem Tor zur Stube des Rapportführers gegangen.
    Sein Ausweis verschaffte ihm Zutritt. Überall gab es zu reparieren, und Schüpp hatte es großartig verstanden, sich unentbehrlich zu machen. Er kannte die Wirkung seines treuherzigen Wesens, seiner naiven Schlagfertigkeit und nutzte die Vorteile. Als ihn Reineboth, vor dem er jetzt in strammer Haltung stand, anfauchte, was er wolle, entgegnete er unschuldig:»Ich muss wieder mal ’ne Leitungsprobe machen, Herr Rapportführer, im Lager sind ein paar Lautsprecher nicht in Ordnung.« Reineboth, der an seinem Schreibtisch beschäftigt war, meinte nachlässig: »Da haben Sie wohl wieder

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