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Nackt unter Wölfen

Nackt unter Wölfen

Titel: Nackt unter Wölfen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: B Apitz
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es ihm nicht schnell genug.
    »Sehr ungeduldig«, wiederholte van Dalen und hob wie ein Lehrer warnend den Zeigefinger. Bogorski legte die Hand auf das Knie des jungen Polen, berichtete, was er von den Auschwitzern erfahren hatte.
    »Losschlagen? Bald?« Bogorski schüttelte zweifelnd den Kopf und beugte sich weit nach vorn, die Kerze beleuchtete gespenstisch seine Züge und furchte scharfe Schatten in die Linien seiner Stirn. Von den 3000 Mann seien nur 800 bis Buchenwald gekommen, sagte er bedeutsam. Sein Schatten geisterte übergroß an der Decke, als er den Bericht mit einer schroffen Armbewegung abschloss: »{Evakuierung Tod. Immer Tod.}« Sie hatten verstanden, warum Bogorski davon sprach. Riomand warf ein Stückchen Muschelkalk, das er spielend von einer Hand in die andere hatte gleiten lassen, von sich. Nur Pribula wollte Bogorski nicht verstehen. »Ich sagen, wir nicht warten, bis Faschisten uns treiben aus Lager.Ich sagen, wir durchbrechen durch Zaun und laufen zu Amerikaner.«
    Bochow schnaufte unwillig, die anderen lärmten auf, und Bogorski schüttelte den Kopf. »Nicht gutt, gar nicht gutt. Sind Amerikaner weit. Sehr weit. Wir durch Zaun, und SS schießen uns tot, alle tot. Nix gut. Ich sagen warten, ich sagen langsam und – wie heißt?« Er drehte sich hilfesuchend nach den andern um.
    »Verzögern«, half Bochow ihm aus.
    »Charascho, verzögern.« Bogorski dankte lächelnd und entwickelte weiter seine Gedanken. »{Einen Tag und noch einen Tag. Und immer gucken, wo ist Amerikaner, und immer gucken, was macht Faschisti. Werden nicht behalten SS in Kasernen, wenn kommen Amerikaner. Werden mitnehmen SS und Kanonen und dann
wir
durch den Zaun und werden nehmen SS, was ist noch da …}«
    Pribula ließ sich {unwillig nach hinten fallen:} »Mit paar Waffen, die wir haben.«
    Ehe Bogorski antworten konnte, nahm ihm Riomand das Wort ab. Mit einer verbindlichen Handbewegung überführte er den störrischen Polen: »Du saggen selbst, wir ’abben nur ein paar Waffen. Wie aber willst du machen einen Ausbruch mit ein paar Waffen? Das sein doch …« Er schnippte mit den Fingern, weil ihm der deutsche Ausdruck fehlte. »Das sein doch nonsense.«
    Jetzt redeten sie alle zugleich auf Pribula ein, und das Geflüster wirrte durcheinander. Sie versuchten ihm klarzumachen, dass eine verfrühte Aktion die Vernichtung des ganzen Lagers zur Folge haben könnte. Unüberzeugt ließ Pribula die eindringlichen Argumente über sich ergehen, und zwischen seinen Brauen stand eine unmutige Falte. Van Dalen klopfte ihm versöhnlich auf die Schulter, er müsse einsehen, dass man das Leben von 50   000 Menschen nicht leichtsinnig aufs Spiel setzen könne.
    Es war an Bochow, die Erregten zur Ruhe zu bringen. »Redet euch nicht die Köpfe heiß«, unterbrach er den Streit. »Gerade jetzt müssen wir sie kühl halten.«
    Er richtete sich hoch und stützte, mit den Ellenbogen breit ausladend, die Hände auf die Knie. »Da ist noch eine andere Sache, hört zu, ich bin mir nicht sicher, was wir tun sollen.« Die Genossen horchten auf, als er ihnen über den Sanitrupp berichtete und seine Zweifel äußerte. Bogorski wiegte den Kopf. »Nun gut«, sagte er, »sie uns suchen, sie schon lange suchen und uns haben noch nicht gefunden. Wenn sie werden uns finden, dann mit Falle und auch ohne Falle, ihr verstehen? Ich sagen, wir nicht haben dürfen Angst. Ich sagen, wir müssen sein immer sehr vorsichtig, es müssen sein die sechzehn Kumpel klug, sehr klug. Ihr verstehen?« In seinem schwerfälligen Deutsch setzte er den Genossen auseinander, dass es völlig gleichgültig sei, ob der Sanitrupp eine harmlose Sache oder eine Falle wäre. Entscheidend sei die Möglichkeit, im Lagerbereich Beobachtungen anzustellen. Der Trupp würde überall herumkommen, zu den Kasernen, zu den Truppengaragen, zum Divisionsnachschub …
    Bochow unterbrach ihn:
    »Vielleicht wollen sie den Trupp gerade dorthin locken, und wenn sie einen der Kumpels einsperren oder gar auch alle sechzehn? Und im Bunker werden sie dann so lange bearbeitet, bis sie verraten, an wen sie ihre Beobachtungen weitergeben?«
    »Sie brauchen nur einen von ihnen weichzumachen, um die Verbindung zum Apparat zu erfahren.«
    Bogorski blieb unbelehrbar.
    »Njet, njet, njet. Nix Apparat, gar nix Apparat.«
    Er schlug vor, die Verbindung nur zwischen ihm selbst und einem der Kumpel vom Sanitrupp herzustellen. Bochow blieb ebenfalls eigensinnig:
    »Und wenn du verzinkt wirst …?«
    Bogorski

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