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Nackt unter Wölfen

Nackt unter Wölfen

Titel: Nackt unter Wölfen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: B Apitz
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vor?«, entgegnete Hortense heftig. »Wenn das mal andersrum geht, dann fragen die Kerle nicht danach, ob du ’n guter Mensch gewesen bist. Die legen euch noch um, ehe der erste Amerikaner da ist.«
    Sie schlug wieder die Hände zusammen. »Sechs Jahre ist der Mann nun bei der SS …«
    Zweiling wollte aufbrausen. Seiner Zugehörigkeit zur SS wegen ließ er sich von Hortense nicht verspotten, hier duldete er keine Kritik. Doch die Frau schnitt ihm respektlos das Wort ab: »Was haste denn nun weiter gedacht? Na? – Wenn’s mal andersrum kommt, was willste dann machen?«
    Von ihrer Heftigkeit irritiert, blickte Zweiling auf. Hortense stand mit aggressiv aufgestützen Armen vor ihm. Zweiling blinzelte ohne Gedanken. Hortense keifte plötzlich unbeherrscht los: »Ich kann arbeiten! Kochen kann ich gehen! Und du? – gelernt haste nischt, gar nischt! Und wenn’s aus ist mit dir bei der SS, was dann?«
    Zweiling hatte nur eine lässige Geste zur Antwort, damit gab sich Hortense nicht zufrieden.
    »Soll ich dich etwa ernähren?«
    »Quatsch nicht so!« Zweiling spürte Hortenses Geringschätzung. »Warte erst mal ab, was kommt. Du siehst doch, dass ich vorgebaut habe.«
    »Mit deinem Judenbalg?« Hortense lachte kreischend auf. »Vorgebaut! Na so was! Hand in Hand mit der Kommune!«
    »Das verstehst du nicht.«
    Zweiling ruckte sich ärgerlich hoch und ging mit heftigen Schritten durchs Zimmer. Hortense lief ihm nach und zerrte ihn am Ärmel zu sich herum, seine hochmütige Zurechtweisung hatte keine Wirkung auf sie.
    »Und wenn’s rauskommt? Na?«
    Zweiling blickte Hortense erschrocken an.
    »Was soll denn rauskommen?«
    Sie rüttelte an seinem Ärmel und wiederholte drängend:
    »Wenn’s rauskommt …?«
    Zweiling stieß ihre Hand unwillig von sich, aber Hortense gab nicht nach, sie vertrat ihm den Weg, als er an ihr vorbeigehen wollte.
    »Mensch! – Bist du denn von Gott verlassen? – So was noch anzurichten zu guter Letzt! – Begreifst du nicht, was du da angestellt hast? Wenn’s rauskommt, dann knallen dich deine eigenen Leute im letzten Moment noch ab.«
    Zweiling, unsicher geworden, bellte:
    »Was soll ich denn machen?«
    »Schrei nicht so«, zischte Hortense scharf, »du musst dir das Judenbalg vom Halse schaffen, so schnell wie möglich!«
    Hortenses echte Angst griff auf Zweiling über. Er erkannte plötzlich die Gefahr.
    »Wie ich das machen soll, will ich wissen!«
    Hortense schrie:
    »Das weiß
ich
doch nicht! –
Du
bist doch der Scharführer und nicht
ich

    Sie hatte zu laut geschrien und schwieg erschrocken. Das Gespräch stockte plötzlich.
    Hortense kniete sich vor den Korb und packte weiter. Wütend zerrte sie die Zeitungsbogen auseinander {Nackte Angst hockte zwischen ihnen}, und sie sprachen den ganzen Abend über kaum noch ein Wort miteinander. –
    Zweiling suchte nach einem Ausweg. Er grübelte nochdarüber, als er schon lange im Bett lag. Plötzlich richtete er sich auf und stieß die Frau ins Kreuz. »Hortense!«
    Erschrocken fuhr diese hoch und konnte sich, verschlafen, wie sie war, nicht zurechtfinden, als Zweiling triumphierend rief:
    »Ich hab’s!«
    »Was denn?«
    Zweiling knipste das Licht an: »Los, raus hier!«
    In der Kälte zusammenschauernd, maulte Hortense mürrisch: »Was soll ich denn?«
    Zweiling war schon an der Tür und knurrte befehlend: »Los, komm!«
    Das war der Scharführer, und vor dem hatte Hortense Angst. Sie kroch daher aus dem warmen Bett, zog den Morgenrock über das dünne Nachthemd und folgte Zweiling nach der Stube. Der kramte bereits in einem Kasten der Anrichte herum.
    »Papier brauche ich zum Schreiben.«
    Hortense schob ihn beiseite und wühlte in dem Kram, der liederlich im Kasten durcheinanderlag.
    »Da haste.« Sie reichte Zweiling eine alte Einladung der NS-Frauenschaft, doch Zweiling warf den Zettel wütend in den Kasten zurück.
    »Bist wohl verrückt?« Er sah sich suchend um. Auf einem Stuhl lag ein eingewickeltes Paket. Zweiling riss von der Verpackung ein Stück ab.
    »Das ist das Richtige.« Er legte den Fetzen auf den Tisch und herrschte Hortense an: »Bleistift, los! Setz dich her, du musst schreiben.«
    In Eifer geraten, schabte er sich die Backe.
    »Wie schreibt man denn da?«
    »Ich weiß doch noch gar nicht, was du willst«, keifte Hortense, die sich mit dem Bleistift an den Tisch gesetzt hatte.
    »Schreib!«, herrschte Zweiling sie an, hielt ihr aber sofortdie Hand fest, als Hortense den Bleistift aufsetzte. »Nicht so, mit

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