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Nackt unter Wölfen

Nackt unter Wölfen

Titel: Nackt unter Wölfen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: B Apitz
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auf Block 61.
    Zidkowski wollte schnell eine Decke über den Kleinen werfen, der auf dem Fußboden hinter der Bettstatt saß, um ihn dem Blick des Lagerältesten zu entziehen, doch Krämer winkte ab:
    »Lass das, ich weiß Bescheid.« Ein Läufer hatte ihm von Riomand eine Flasche Milch und einige Kekse gebracht. Krämer zog die Dinge aus der Tasche und wollte sie dem Kind geben.
    Raue Scham hemmte ihn, und er reichte sie darum Zidkowski hin. »Da!« Der Pole umschloss die Kostbarkeiten mitdankbaren Händen. Durch die vielen Falten seines Gesichts zog die Freude. Er versteckte die Schätze in der Bettstatt.
    Krämer war zum Kind getreten. Es schaute zu dem großen, ernsten Mann hinauf mit den sammetwarmen Augen eines jungen schönen Tieres, das von den schweigenden Geheimnissen der Jahrtausende mehr weiß als der Mensch.
    Krämer aber sah hinter dem Kindergesicht schon reife Gedanken, und das erschütterte ihn.
    Er blickte sich im Raum um, dessen vorderer Teil gleichzeitig als Behandlungsraum eingerichtet war. Hier standen ein einfacher Tisch, einige Stühle, auf einem Regal Flaschen, Büchsen mit Salben, ein paar Messer und Verbandscheren, das Mindeste an Material und Instrumenten, um die Wunden der Kranken zu behandeln.
    »Wo versteckst du das Kind bei Gefahr?«{, fragte er herrisch.}
    Zidkowski wiegte beruhigend lächelnd den Kopf.
    »Ist keine Gefahr. – Hier kommen nichts herein. Nicht Arzt, nicht SS. Und wennschon. Machen Kind schnell huschhusch unter das Bett.«
    Zidkowski lachte. Krämer schimpfte gereizt: »Keine Gefahr? Mann, hast du eine Ahnung! Eben haben sie das halbe Kommando der Effektenkammer fortgeschleppt! Sie suchen nach dem Kind! Sie brauchen nur aus einem Einzigen das Versteck herauszuprügeln, dann sind sie hier und kriechen in alle Ecken! Was dann? Na?«
    Zidkowski, heftig erschrocken, brach in Erregung aus. Er nahm das Kind auf den Arm, drückte es schützend an sich und blickte gehetzt umher.
    »Wohin?«, sagte er, von innerer Not getrieben.
    »Wohin nun?«, polterte Krämer los. »Sicherungen! Darum hättet ihr euch zuerst kümmern müssen! Das Kind ist doch kein Spielzeug, verdammt noch mal!«
    Zidkowski nahm Krämers Gepolter nur mit halbem Ohrwahr, seine Augen suchten bereits nach einem Versteck. Die Möglichkeit, das Kind unter den Kranken zu verbergen, schaltete von vornherein aus. Es blieb nur dieser Raum; wo aber gab es hier einen sicheren Winkel?
    Mit schnellen Blicken suchte Zidkowski jede Ecke ab, sogar zu den Holzverstrebungen des Barackendaches sah er hoch.
    »Na also, was ist?«, drängte Krämer unwillig. Zidkowski zog die Schultern an. Plötzlich durchzuckte ihn ein Einfall. Er setzte das Kind auf die Bettstatt und lief nach dem vorderen Teil des Raumes. Hier stand in der Ecke ein großer, runder Zinkblechkübel.
    Zidkowski betrachtete das Gefäß mit eilenden Gedanken und sagte zu Krämer, der hinzugetreten war:
    »Dahinein …«
    Er hob den Deckel ab.
    »Bist du verrückt?«, stieß Krämer entsetzt aus, als er in den mit blutverkrustetem Verbandszeug halbgefüllten Kübel blickte.
    Doch Zidkowski hatte die Hilflosigkeit überwunden. Er lächelte wieder, bedeutete Krämer aufzupassen, was geschehen würde, und rief seine beiden Helfer aus dem Krankenraum zu sich.
    Krämer hörte dem sprudelnden Polnisch Zidkowskis zu, der seinen Landsleuten mit heftigen Gesten Anweisungen gab. Sie spritzten auseinander: Der eine riss ungescheut die unappetitlichen Binden aus dem Kübel, der andere kam mit Bürste und Lappen herbei. Schnell eine Schüssel!
    Desinfektionsflüssigkeit hinein, und dann schrubbten sie den Kübel sauber. Zidkowski indessen hatte den Blechdeckel ergriffen und klopfte mit einem Hammer den Rand des Deckels um. Der im Umfang verkleinerte Deckel ließ sich jetzt bis zur Hälfte in den konisch zulaufenden Kübel stecken, hier klemmte er sich fest.
    Zidkowski warf die Binden hinein, die über den Rand quollen, und es sah aus, als sei der Kübel übervoll.
    Das Versteck im Fall der Gefahr! –
    So wie die SS bekannt war, würde sie in allen Ecken schnüffeln, um den Kübel aber mit seinem eklen Inhalt einen furchtsamen Bogen machen. Das erkannte auch Krämer, und Zidkowski hatte nur noch notwendig, dem Lagerältesten zu versichern, dass immer einer von seinen Leuten künftig auf Posten stehen würde und bei Annäherung von SS das Kind innerhalb einer Minute …
    »Weißt du«, sprudelte Zidkowski, vom glücklichen Einfall begeistert. »Binden raus, husch mit dem Kind in

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