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Nadel, Faden, Hackebeil

Nadel, Faden, Hackebeil

Titel: Nadel, Faden, Hackebeil Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tatjana Kruse
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lange nach und stürmte – im Gehhilfeneiltempo und seinen Gefahrhund im Schlepptau – in den Laden. Doch der kriminelle Akt, den er vermutet hatte, fand nicht statt.
    »Nu, guten Tag!«, rief ein freundlicher junger Mann, nicht viel größer als Onis und am Dialekt unschwer sofort als Sachse erkennbar. »Sie sind aber früh dran, ich hab’ eben erst aufgemacht.«
    »Ich dachte, der Laden sei wegen des Todesfalls geschlossen.« Seifferheld staunte.
    Das Männchen legte beide Hände auf die Brust. Eine Betroffenheitsgeste. Die aber echt wirkte. »Ganz furchtbar, wirklich ganz furchtbar. Aber die Polizei hat den Laden freigegeben, und ab sofort muss alles raus – bis zu fünfundsiebzig Prozent billiger. Woran haben Sie Interesse? Huch, ich glaube, Ihr Hundchen hat Durst.«
    Onis hatte den rosa Teddy abgelegt und war ins Hinterzimmer gelaufen, wo er sich mit den Vorderpfoten auf das Waschbecken stützte.
    »Momentchen, das haben wir gleich.« Das Männchen nahm eine ovale, blumen- und elfenberankte Keramikschale aus einem Regal, füllte sie mit Wasser und stellte sie vor Onis auf den Boden. Es folgte dankbares Schlecken.
    Seifferheld befand auf der Stelle, dass dieses Menschlein keinen schlechten Charakter haben konnte.
    »Und Sie sind …?«, fragte er.
    »Stielicke. Dennis Stielicke. Geschäftsauflösungen. Hier meine Karte.« Er reichte Seifferheld ein buntes Stück Papier.
    Seifferheld, der zum Lesen eine Brille brauchte, aber wie üblich keine dabeihatte, steckte die Visitenkarte ein.
    Onis hatte seinen Durst gestillt, lief zu seinem rosa Teddy, nahm ihn ins Maul und trug ihn zu Stielicke.
    »Nein, ich kaufe nichts, ich verkaufe nur«, scherzte der und grinste. Er kraulte Onis hinter den Ohren.
    »Sie führen den Laden also nicht weiter, sondern schlachten ihn nur aus?« Seifferheld hatte es eigentlich nicht ganz so herzlos klingen lassen wollen. »So kurz nach dem Ableben der Besitzerin?«
    Stielicke war offenbar Schlimmeres gewohnt und nahm es mit Humor. »Es liegt im Interesse der Erben, dass der Laden zügig abgewickelt wird. Damit nicht endlos Mietzahlungen zu leisten sind.«
    »Und Sie machen das hauptberuflich?«
    Stielicke nickte. »Je nun, einer muss es ja tun, nich’ wahr?« Er nahm den überdimensionierten Preisschildtacker zur Hand, der neben der Kasse lag, und tackerte den reduzierten Preis an eine Reihe von Salzsiederfiguren aus Porzellan. »Schauen Sie sich in aller Ruhe um, und wenn Sie etwas finden, reden wir über den Preis. Hier ist übrigens nichts in Stein gemeißelt.« Er zwinkerte Seifferheld zu.
    »Wissen Sie denn, wer den Laden geerbt hat?«
    »Die Halbschwester der Ermordeten, Margarethe Runkel-Pöllwitz. Lebt in Dresden. Hat mich vom Fleck weg engagiert. Ich mach’s gern, so komm ich mal raus und lerne neue Leute kennen.«
    Stielicke war eine Seele von Mensch und Seifferheld enorm sympathisch. Er beschloss, etwas zu kaufen. Nur was?
    »Ich nehme die Schale«, rutschte es aus ihm heraus.
    »Wie bitte?«
    »Die Keramikschale mit dem Wasser. Meinem Hund scheint es daraus geschmeckt zu haben.«
    Sie wurden sich handelseinig, und Stielicke verpackte die Schale in Papier. Als Seifferheld zahlen wollte und sein Portemonnaie aus der Jackentasche zog, fiel ihm dabei die Visitenkarte auf den Boden. Er bückte sich. Ächzend, weil seine Hüfte derlei aerobische Übungen nicht mehr klaglos hinnahm.
    Und wie er gebückt zwei Sekunden lang verschnaufte, sah er ihn: den goldenen Siegelring. Er war unter den Tresen mit der Kasse gerutscht. Gelbgolde Fassung um einen Lapislazuli, in den ein mit Efeu umrankter Löwe eingraviert war.
    Das Wappen derer von Bellingen!

14 : 30  Uhr
    Im Griff ihrer Libido können Männer nicht weiter denken,
als eine Kröte hüpfen kann.
Eine übergewichtige Kröte. Bei Gegenwind.
     
    Seifferheld wollte gerade zum Telefonhörer greifen, um Kläuschen anzurufen, als es klingelte. Erschreckt zuckte er zusammen.
    »Hallo?«, meldete er sich zaghaft. Dieser Tage wusste man nie, wer am anderen Ende der Leitung war. Ein bekiffter FH -Student für Karina, eine Kirchentante für Irmi, ein Gefahrhundinspektor.
    »Kommissar Seifferheld? Hier spricht Ursula Meck. Sie wissen schon, Usch, das Frauchen von Lady. Schleifbachklinge?«
    Er sah wieder die altrosa Daunenjacke vor sich und das anmutige Frauengesicht.
    »Wir wollten doch einmal zusammen Kaffee trinken. Passt es Ihnen heute Nachmittag?«
    Frau Meck redete nicht lange um den heißen Brei herum. Das konnte man sich als

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