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Nadel, Faden, Hackebeil

Nadel, Faden, Hackebeil

Titel: Nadel, Faden, Hackebeil Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tatjana Kruse
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schüttelte den Kopf. »Mein Masseur. Wo waren wir stehengeblieben?« Er setzte sich wieder.
    »Sie erzählten mir gerade, dass ein professioneller Ermittler sich niemals ganz in den Ruhestand verabschiedet.«
    Usch Meck hatte natürlich gehört, dass Seifferheld im letzten Jahr bei der Überführung einer Serienmörderin eine tragende Rolle gespielt hatte. Eigentlich hatte sie es erst gehört, als Seifferheld es ihr vor nicht ganz fünf Minuten erzählte, um sich im besten Licht erstrahlen zu lassen.
    »Man kann einfach nicht so schnell abschalten. Wenn ich ein Hobby gehabt hätte, dann wäre es sicher etwas anderes gewesen, aber so …«
    »Noch dazu wurden Sie durch diese Kugel mitten aus dem aktiven Leben gerissen.« Usch Mecks Linke legte sich tröstend auf seine Rechte. Er wollte eigentlich keine Gänsehaut bekommen, aber da war es schon zu spät.
    »Frau Meck«, sagte er. Gefühlvoll.
    »Nenn mich doch Usch«, flüsterte sie.
    »Und da tönt es ›Meck, meck, meck!‹ Plumps, da ist der Schneider weg!«
    Das Leben meinte es ja angeblich gut mit einem. Die Spezialisten für das Universum – die spirituellen, wohlgemerkt, nicht die von der NASA  – wurden es ja nicht müde, uns zu versichern, dass uns das Universum immer tragen würde, wir müssten uns nur fallen lassen. Das war aber frech gelogen oder zumindest sträflich naiv.
    Jedenfalls im Fall von Siggi Seifferheld. Das Universum meinte es nämlich gar nicht gut mit ihm, weshalb in diesem Moment nicht seine zynische Schwester Irmi in der Tür stand (die kleidete sich für ihr Date am Samstag gerade in der Boutique Medici neu ein) und auch nicht seine rotzfreche Nichte Karina (die sprühte in diesem Moment WEG MIT GUANTANAMO – NIE WIEDER FOLTER mit blutroter Farbe an eine Wand im Kocherquartier), sondern – Tusch! – seine MaC.
    Die Küchentemperatur fiel schlagartig in den zweistelligen Minusbereich.
    Seifferheld dachte noch, dass er MaC keinen Hausschlüssel hätte geben dürfen.
    »Max und Moritz, dritter Streich«, stellte MaC, der genaue Quellenangaben immer sehr wichtig waren, mit eisiger Stimme klar.
    »Wenn Sie wüssten, wie oft ich das schon gehört habe«, erwiderte Usch Meck.
    Seifferheld sprang auf. »Äh … darf ich bekannt machen?«
    »Wir kennen uns bereits«, klirrte MaC.
    Bei der direkten Gegenüberstellung der grazilen Usch Meck und der stattlichen Marianne Cramlowski wurde klar, dass die beiden in völlig unterschiedlichen Gewichtsklassen kämpften. Davida und Goliathine.
    »Ja, wir hatten bereits das Vergnügen. Sie haben über die Schultheateraufführung meines Mirko berichtet. Ein netter Artikel.« Usch Meck beherrschte die Kunst, ein Lob so anzubringen, dass es einer Ohrfeige glich.
    »Es war ja auch eine nette Aufführung. Wir haben uns übrigens auch in der Praxis von Hautarzt Semmler getroffen, Sie erinnern sich sicher. War das nicht erst letzten Monat? Hat das Mittel gegen Ihren Genitalherpes schon angeschlagen?«
    Manchmal konnte David noch so wendig sein, Goliath gewann doch.
    Frau Meck lächelte gezwungen, nahm die leere Tupperdose, in der sie den Marmorkuchen transportiert hatte, und die Hundeleine, rief »Lady, wir gehen« und trat würdevoll den Rückzug aus der Küche an.
    Seifferheld brachte sie noch zur Haustür, aber der Zauber war verflogen. »Wir könnten … unser Gespräch … ja ein anderes Mal fortsetzen«, stotterte er.
    »Gut möglich – außer natürlich, ich finde vorher meine Tarnkappe wieder.«
    Bevor Seifferheld nachfragen konnte, wie sie das meinte, waren sie und Lady schon um die nächste Ecke verschwunden.
    Als er sich umdrehte, um wieder in die Küche zu humpeln und sich dem Jüngsten Gericht in Form der österreichischen Rachegöttin MaC zu stellen, sah er Olaf auf dem Treppenabsatz stehen.
    Olaf schüttelte den Kopf und zischelte: »Ts, ts, ts, böser Anfängerfehler. Beim Zweigleisigfahren immer auf unterschiedliche Streckenführung achten!«

20 : 00  Uhr
    Männer sind Geschöpfe,
die wie Sparbüchsen den größten Lärm machen,
wenn am wenigsten in ihnen steckt.
     
    Einsatzbesprechung in der Schulküche der Volkshochschule. »Ruhe!«, donnerte Seifferheld, der an diesem Abend schlecht gelaunt war und sich im Überschalltempo zum Despoten entwickelte. Aber an Tagen wie diesem – Freundin sauer, Nichte als Sprayerin verhaftet –, da musste man schon ein Übermensch sein, um nicht bei jeder noch so kleinen Kleinigkeit wie ein Dampfkochtopf zu explodieren.
    Dampfkochtopf. Gutes

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