Nadel, Faden, Hackebeil
und ein im Nebel nicht näher auszumachender Kopf mit Lockenwicklern rief: »Ziehen Sie Leine, Sie Perverser, sonst rufe ich die Polizei!«
»Verzeihung, ich habe mich im Fenster vertan«, entschuldigte sich Seifferheld. »Das tut mir schrecklich leid!«
Onis nahm den Teddy wieder ins Maul. Tiere haben einfach den besseren Instinkt.
»Schlafen Sie bitte weiter. Und Entschuldigung noch mal!«, rief Seifferheld und griff nach seiner Gehhilfe.
»Siegfried?«, rief der Lockenwicklerkopf. »Der kleine Siegfried Seifferheld, bist du das?«
Himmel, hilf!
Es war Fräulein Mahlzahn, seine alte Musiklehrerin. Er hatte nicht nur das falsche Fenster erwischt, sondern gleich das falsche Stockwerk.
So rasch er konnte, humpelte er im Nebel davon.
Er meinte, ein Lachen in seinem Rücken zu hören. Im Nebel klang es wie das hämische Röcheln eines Werwolfs. In Ges-Dur.
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5 . Kapitel
Aus dem Polizeibericht
Wenn Dummheit weh täte
Ein 31 -jähriger Mann glaubte, den Inhaber eines Optikergeschäfts in der Zollhüttengasse täuschen zu können. Zwei Wochen zuvor hatte er in dem Laden eine hochwertige Sonnenbrille gestohlen. Am Samstagvormittag ging er in das Geschäft und erklärte, er habe die Brille dort gekauft, sie passe aber nicht recht, er wolle sie anpassen lassen. Der Optiker erkannte das gestohlene Modell und rief die Polizei. Der Täter ließ sich widerstandslos festnehmen.
08 : 30 Uhr
Der Hund braucht sein Hundeleben: Er will zwar keine Flöhe haben, aber doch die Möglichkeit, sie zu bekommen – das gilt auch für Männer.
Frei nach Robert Lembke
Hundeerziehung muss nicht streng sein, aber konsequent!
Kommandos müssen kurz und prägnant und immer gleich erfolgen, es muss zeitnah und viel gelobt werden, und ein Hund muss immer wissen, wer der Chef ist.
Gemäß dieser Devise lebten Seifferheld und Onis in einer wunderbaren Oberhund-Unterhund-Beziehung, die beide glücklich machte. Und wenn es Entscheidungen zu fällen galt, dann fällte sie Siegfried Seifferheld.
An diesem Morgen fällte Seifferheld die Entscheidung, dass der rosa Teddy unerträglich war und entsorgt werden musste. Das ging doch so nicht: Aeonis vom Entenfall, ein edler Rüde mit einem Stammbaum so lang wie Seifferhelds Gehhilfe, ein ungebundener Freigeist voller Würde und Schönheit, konnte doch nicht Tag und Nacht mit einem angenagten rosa Plüschteddybären herumlaufen. Noch dazu mit einem billigen Imitat aus Asien und keinem echten Steifftier. Das ging nun wirklich nicht. Der Teddy musste weg!
Vielleicht hätte Seifferheld mehr Nachsicht geübt, wenn er in seinem eigenen Leben nicht so furchtbar gebeutelt worden wäre, aber das wurde er nun mal.
Seit Tagen war er nicht mehr zum Sticken gekommen und litt vehement unter Entzug.
Seine Nichte entwickelte sich unter seiner Obhut zu einer Kriminellen.
Seine Schwester wurde zunehmend eigenbrötlerisch und verschlossen und hatte an der Tür zu ihrem Zimmer jetzt einen zusätzlichen Riegel anbringen lassen.
Seine Tochter Susanne hing ständig über der Kloschüssel, und im ganzen Haus roch es nach Erbrochenem.
MaC ging nicht ans Handy, wenn er anrief. Wie unreif! Das hatte er weiß Gott nicht nötig. Waren sie denn hier im Kindergarten? Dabei hatte er das L-Wort ausgesprochen! Nun gut, nicht sie hatte es gehört, sondern seine ehemalige Lehrerin, aber es hing doch irgendwie in der Luft – und das könnte sie ruhig anerkennen.
Seifferheld war genervt. Von allem und jedem und vom Leben an sich.
Also rührte er Onis zum Frühstück ein weichgekochtes Ei und eine Butterflocke unter das Trockenfutter, und während der ahnungslose Onis genüsslich fraß, nahm Seifferheld den rosa Teddy und warf ihn nicht nur in den Mülleimer in der Küche, sondern entsorgte ihn gleich in der großen Restmülltonne im Hof.
Das. War. Ein. Fehler!
09 : 15 Uhr
Was macht eine Frau, wenn ihr Mann im Zickzackkurs
durch den Garten läuft? Sie schießt weiter!
Wenn man nicht in offizieller Funktion ermittelt, aber dennoch ein paar unbequeme Fragen stellen will, ist nichts besser als ein Kleinkind.
Das kleinste Kind, das Seifferheld momentan zur Verfügung stand, war der zehnjährige Mozes. Also versprach er Fela, den Kleinen an diesem Vormittag zu hüten. Er ging mit Mozes zu seiner Lieblingsbäckerei Pfisterer & Oettinger, wo es eine leckere heiße Schokolade mit Hörnchen gab, und dann fragte er ihn: »Na, Mozes, hast du Lust, mit mir einen Spaziergang zu unternehmen? Wir wollen einem
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