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Nadel, Faden, Hackebeil

Nadel, Faden, Hackebeil

Titel: Nadel, Faden, Hackebeil Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tatjana Kruse
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hatten.
    »Männer!« Seifferheld mahnte zur Ordnung. »Das können wir uns überlegen, wenn wir die Terrine auf die Beine gestellt haben.«
    »Genau! Darauf trinken wir!«, rief Klaus, der den irrtümlich gekauften irischen Whiskey geöffnet und für alle je ein Glas eingeschenkt hatte.
    Sie stießen an.
    »Ich finde ja immer noch, wir hätten etwas Ausgefalleneres machen sollen als eine Geflügelterrine. Geflügel ist so banal. Eine Schnepfenpastete, das klingt viel besser«, meinte Schmälzle.
    »Eine Schnepfe ist auch ein Geflügel«, klärte Pfarrer Günther ihn auf, obwohl Besserwisserei unchristlich war.
    »Eduard, hast du das Rezept für alle ausgedruckt?«, unterbrach Seifferheld den aufkeimenden Disput.
    Eduard nickte und verteilte die Rezeptkopien, während Klaus noch eine Runde einschenkte.
    Als Buchhändler hatte Eduard die Aufgabe übernommen, ein passendes Geflügelterrinenrezept aufzutun. »Wisst ihr, die ersten Geflügelterrinenrezepte finden sich auf sumerischen Keilschrifttafeln. Sie sind dreitausend Jahre alt!«
    »Und die hast du jetzt kopiert?«, fragte Arndt, der auf dem Blatt Papier nur unleserliche Häkchen erkennen konnte.
    »Nein«, erwiderte Eduard indigniert. »Das ist meine Handschrift.«
    »Du hättest Arzt werden sollen.«
    »Geht’s jetzt los?«, fragte Kläuschen, dem langweilig wurde. Er stand vor dem Kühlschrank, nahm die rote Tupperdose heraus und löffelte sich einen Bissen rote Bete in den Mund. Das Langzeitgedächtnis von Klaus war so gut wie nicht existent.
    Seifferheld hatte die Arbeitstheke frei geräumt und die Terrinenform mittig darauf aufgebaut. »Voilà!«, sagte er, während Klaus den Bete-Bissen wieder in die Tupperdose spuckte und die Dose zurück in den Kühlschrank stellte.
    »Ist das Steingut oder Steinzeug?«, wollte Eduard wissen.
    »Wieso?«
    »Im Rezept steht, dass man für die Terrine Steinzeug nehmen soll.«
    »Und wo ist da der Unterschied?«
    »Keine Ahnung.«
    »Das ist aber doch vielleicht wichtig.«
    Sie beschlossen, es zu googeln. Arndt setzte sich mit seinem iPhone an den Küchentisch und suchte. »Hab’s!«, rief er nach der nächsten Whiskey-Runde. Die Jungs waren schon erheblich fröhlicher als noch vor einer Viertelstunde.
    »Bei Wikipedia steht, dass Steingut eine Gattung der porösen Tonkeramik ist, häufig mit bleihaltiger Glasur.«
    »Blei ist doch giftig«, warf Eduard ein.
    »Steinzeug ist die Bezeichnung für alle Arten von Tonwaren, die beim Brennen wasserdicht werden.«
    »Und wo genau liegt jetzt der Unterschied? Das eine ist bunt, das andere nicht?«, fragte Gotthelf.
    »Nein, die Wasserdichte macht’s«, korrigierte Eduard.
    Arndt rief: »Hier steht noch: ›Steingut ist Zeugs, und Steinzeug ist gut.‹«
    »Und was soll das heißen?«
    »Keine Ahnung.«
    »Also jetzt reicht’s!« Seifferheld sprach ein Machtwort. »Wir nehmen das, was da ist, und damit basta. Avanti, avanti!« In ihm wuchs die Bewunderung für Bocuse. Einen Sack Flöhe hüten war leichter, als mit diesen Jungs diszipliniert zu kochen. Er sah auf das Rezept und verteilte die Einsätze. »Arndt, du würfelst das Putenbrustfilet, Gotthelf, du würfelst die Leber. Horst, du reibst von der Orange die Schale ab und presst die Frucht aus. Eduard, du ziehst die Zwiebel ab. Klaus … äh … du schaust zu.«
    »Die Zwiebel abziehen?« Eduard schaute perplex. »Ist das wie ausziehen oder was?«
    Arndt und Gotthelf sahen erst sich, dann Seifferheld an. »Würfeln? Wie würfelt man denn eine Pute? Wie bei Kniffel?«
    »Ich weiß jetzt einen Namen für unsere Truppe«, seufzte Seifferheld. »Die Ahnungslosen!«
    Woraufhin Klaus noch eine Runde ausschenkte.
    Beseelt vom irischen Nationalgetränk, merkte Seifferheld nicht, wie Karina zu später Stunde mit dem schlafenden Mozes auf dem Arm ins Haus schlich.

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    8 . Kapitel
    Aus dem Polizeibericht
    Stierkampf mit umgekehrten Vorzeichen: Olé!
    Im direkten Duell Audi Quattro gegen Angusbulle ging am gestrigen Abend das Rind als Sieger hervor. Der Bulle hatte den Zaun seiner Weide umgedrückt und schnupperte den Duft der Freiheit, als er gegen 19  Uhr 30 auf der Höhe von Bühlerzimmern plötzlich auf die Fahrbahn lief. Trotz eines Ausweichmanövers konnte der Fahrer des Audi den Zusammenstoß nicht mehr verhindern. Das Tier kam mit leichten Blessuren davon, der Audi erlitt dagegen Totalschaden. Der Bulle befindet sich zwischenzeitlich wieder wohlbehalten auf seiner Weide. Der Audi wird verschrottet.

09 : 11  Uhr
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