Naechte der Leidenschaft
einem von ihnen auch nur halbwegs bis zur Brust reichte. Fügte sie diesem Wissen noch die Tatsache hinzu, dass beide Männer fast so breit wie groß waren, musste sie vor Beklommenheit schlucken. Sie erwog die Alternative, die sie hatte.
Bertrand. Und ein Punkt zu seinen Gunsten war, dass er, wie sein Cousin Fulk, von angenehmem Äußeren war. Nichtsdestotrotz war das aber auch das Einzige, was für ihn sprach.
Ihre Entscheidung stand fest. Ob Riese oder nicht, ihr zukünftiger Gatte konnte keine schlechtere Wahl als Bertrand und dessen Mutter sein.
Während Emma darauf wartete, dass er zu ihr kam, ordnete sie ihre Gedanken und versuchte zu entscheiden, welcher der beiden Männer ihr zukünftiger Ehemann sein könnte. Der eine war hellblond, der andere dunkelhaarig. Sie waren zu weit entfernt gewesen, als dass Emma ihre Gesichter genauer hätte sehen können, aber sie hatte bemerkt, dass der Blonde gelächelt und ein Ausdruck heiterer Belustigung auf seinem Gesicht gelegen hatte. Der andere hatte so finster und schwarzgallig wie der Tod ausgesehen. Gewiss würde doch kein Mann an seinem Hochzeitstag so niedergeschlagen aussehen! Und deshalb gelangte Emma zu dem Schluss, dass der Blonde ihr zukünftiger Gatte sein musste.
Emma spürte seine Nähe, als er schließlich neben ihr stand. Sie schluckte und hielt krampfhaft das Blumengebinde umklammert, während sie unverwandt den Bischof anschaute. Sie scheute sich, einen Blick auf den Mann zu werfen, der ihr Ehemann sein würde. Zu sehr fürchtete Emma, wie sie reagieren könnte, wäre er unerträglich hässlich. Sie wollte nicht oberflächlich scheinen, aber es war durchaus eine Erleichterung für sie gewesen, dass ihr erster Ehemann angenehm anzusehen gewesen war. Sollte sein Nachfolger abschreckend hässlich sein, könnte ihn ihre herbe Reaktion beleidigen.
»Mylady?«
Emma blinzelte den Bischof an, als dieser ihren Namen nannte. Sein abwartender Blick verriet ihr, dass sie etwas Entscheidendes nicht mitbekommen hatte. Nachdem er das Ehegelübde wiederholt und Emma nervös geschluckt hatte, sprach sie die Worte mit atemloser Stimme nach. Ihr neuer Gemahl sprach das Gelübde - trotz seiner Größe - ebenso leise nach. Als der Geistliche zu dem Teil der Zeremonie kam, bei dem es darum ging, die Braut zu küssen, stählte Emma sich innerlich und wandte sich ihrem neuen Gatten zu. Sie hielt die Augen dabei fest geschlossen, damit sie ihn nicht durch den enttäuschten Ausdruck darin kränken würde, sollte er hässlich sein.
Amaury atmete tief durch, dann streckte er resigniert die Hände aus und schlug den schwarzen Schleier zurück, der das Gesicht seiner Frau verhüllte. Der Anblick, der ihm widerfuhr, ließ ihn erstarren. Ihre Augen waren geschlossen, daher bekam er nur ein unvollständiges Bild von seiner Frau, aber immerhin konnte er so viel sagen, dass sie nicht im Geringsten hässlich war. Genau genommen war sie sogar recht hübsch. Ihre Haut war makellos. Ihre Lippen waren voll und rosig und einladend. Ihre Nase war nicht so gerade und edel geformt, wie die meisten es für anziehend empfinden würden, sondern deren Spitze zeigte keck nach oben, weswegen man bei deren Besitzerin vielleicht den Hang zum Eigensinn vermuten könnte. Und außerdem war sie jung. Keine alte Schrulle, wie Amaury geargwöhnt hatte.
Ein Lächeln trat auf seine Lippen, als ihre Mundwinkel sich ob seines Zögerns in leichter Ungeduld ein wenig nach unten verzogen. Also erinnerte Amaury sich an seine Pflicht, nahm seine Frau an den Schultern und hob sie hoch, um sie zu küssen. Seine Erleichterung ließ den Kuss ein wenig inniger ausfallen als Amaury es ursprünglich beabsichtigt hatte. Aus der flüchtigen Berührung seiner Lippen, die er seiner Frau ursprünglich zugedacht hatte, wurde stattdessen eine sanfte Zärtlichkeit.
Emma öffnete bei diesem Kuss überrascht die Augen. Zu dieser ersten Überraschung gesellte sich - jetzt, da sie ihren Mann endlich sah - die zweite. Es war der schwarzhaarige Mann. Und erwirkte nun überhaupt nicht mehr finster. Genau genommen lächelte er mit einer Liebenswürdigkeit auf sie herunter, die sie ein wenig verwirrte. Emma brachte ein unsicheres Lächeln zustande, das sie ihm kurz zuwarf, während er sie herunterließ. Als Emma wieder Boden unter den Füßen hatte, wandte sie sich sogleich dem Bischof zu, und dieser setzte die Trauungszeremonie fort.
Bischof Wykehams Stimme klang fest und klar, als er sie zu Mann und Frau erklärte, doch Emma bekam
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