Naechte Der Liebe - Tage Der Hoffnung
Beispiel.
„Ist es immer so?“, fragte sie Mrs. Croft.
„Seit ich hier arbeite, ja.“ Die Haushälterin räumte den Tisch nach dem Mittagessen ab. „Mach dir nicht so viele Gedanken, Jessie. Er war ein kleiner Junge, als es passierte. Da ist es ganz natürlich, dass er darüber hinweg ist.“
Jessica fragte sich, ob er tatsächlich darüber hinweg war, denn er schien in der vergangenen Nacht wieder einen Albtraum gehabt zu haben. Nachdem sie noch ein paar Minuten ohne Ergebnis gegrübelt hatte, nahm sie die Wagenschlüssel des Kombis. „Ich fahre zur Randall-Farm“, erklärte sie Mrs. Croft. „Ich will ein wenig im Garten arbeiten, bin aber vor Einbruch der Dunkelheit zurück.“
„Ich sage Gabriel Bescheid.“
Als Jessica losfuhr, überlegte sie, ob sie Mrs. Croft den wahren Grund für ihren Ausflug hätte nennen sollen, kam jedoch zu dem Schluss, dass es besser so war. Falls jemand sie suchte, war sie leicht zu finden.
Sie verbrachte gut eine Stunde damit, im Garten ihres Elternhauses Ordnung zu schaffen. Dann schnitt sie einen großen Strauß Blumen, die der nahende Frühling schon hatte sprießen lassen, und brachte einen Teil davon zum Grab ihrer Eltern.
„Ich vermisse euch“, sagte sie leise. „Aber ich glaube, ich schaffe es jetzt. Komisch, wie ein so kleines Wesen in dir dich so stark machen kann.“
Anschließend fuhr sie zur Angel-Farm zurück. Die letzte Ruhestätte der Dumonts lag etwa eine Viertelstunde vom Haupthaus entfernt.
Zu ihrer Überraschung parkte dort einer der Kleinlaster der Farm. Wer ist denn noch gekommen, um der Familie zu gedenken, überlegte sie. Mit den Blumen in der Hand ging sie um den Laster herum. Den Mann, den sie vor dem kleinsten der Grabsteine knien sah, hatte sie dort nicht erwartet.
Sie kam sich wie ein Eindringling vor, weil sie ihn bei seinem Gedenken störte, und wäre wieder gegangen, wenn er sie nicht bereits bemerkt hätte. „Ich wollte Blumen bringen.“
Auf drei der Gräber lagen kleine Geschenke – ein Kiefernzapfen auf dem ersten, ein Flusskiesel auf dem zweiten und ein kleiner Strauß Gänseblümchen auf dem dritten. Jessica bezwang die Tränen, die in ihr aufsteigen, und legte ihre Blumen daneben, während er schweigend dabeistand.
„Es tut mir leid.“ Sie begegnete Gabriels undurchdringlichen Blick. „Ich wusste nicht, dass du hier bist.“
„Da gibt es nichts, was dir leidtun müsste.“ Er klopfte den Staub von seinem Hut und setzte ihn auf. „Ich muss zurück.“
Und schon war er weg. Doch Jessica ließ sich nicht zum Narren halten, diesmal nicht. Sie betrachtete noch einmal die Gräber. Gänseblümchen für eine kleine Schwester, die daraus wahrscheinlich Ketten gemacht hätte, ein Flusskiesel für Raphael – vielleicht angelte oder schwamm er gern – und ein Kiefernzapfen für Michael, der vielleicht gern auf Bäume geklettert war.
So kleine Dinge, und doch hatte Gabriel sich die Mühe gemacht, sie zu suchen und herzubringen. Jessica ließ ihren Tränen freien Lauf und ging zum Kombi zurück. Dann hielt sie unvermittelt inne und sah zu den beiden Erwachsenengräbern zurück. Außer den Blumen, die sie hingelegt hatte, lag dort nichts.
Es gab keinen Zweifel, Gabriel hatte seine Geschwister sehr geliebt. Aber was war mit Stephen und Mary Dumont? Warum war ihr Mann immer noch wütend auf seine Eltern?
Wütend genug, um sein eigenes Kind aufzugeben.
In den nächsten Tagen versuchte Jessica vergeblich, Gabriel zum Reden zu bringen. Ihre Versuche waren so intensiv und sein Schweigen so beharrlich, dass sie, als sie in Auckland landete, um ihre Ausstellung zu eröffnen, seelisch völlig erschöpft war. Er hatte sie dermaßen aus seinem Leben ausgeschlossen, dass es ihr Angst machte und sie langsam keine Hoffnung mehr für ihre Ehe hatte.
„Jessica!“
„Vielen Dank, dass Sie mich abholen“, sagte Jessica zu Mrs. Kilpatrick.
„Keine Ursache. Ich freue mich so für Sie. Bei der Reklame, die Richard für die Vernissage gemacht hat, wird sie bestimmt ein voller Erfolg.“
„Ich habe das Gefühl, Sie haben auch eine Menge damit zu tun.“ Jessica konnte sich sehr gut vorstellen, was Mrs. Kilpatricks Beziehungen bewirkten.
Mrs. Kilpatrick wollte davon nichts hören, doch sie strahlte. „Lassen Sie uns zu Ihrem Hotel fahren. Sie haben noch genügend Zeit, um sich für die Eröffnung fertig zu machen. Richard hat Ihnen doch gesagt, dass er sie auf sieben verschoben hat?“
„Ja.“ Jessica nickte. Alles ließ sie seltsam
Weitere Kostenlose Bücher