Nächte des Schreckens
sie. »Und wie...?«
Der Kommissar nimmt sie sacht bei der Schulter: »Kommen Sie mit in mein Büro, Frau Menzel. Ich werde Ihnen sagen, was wir bereits wissen.«
Schwankend geht Teresa den Flur entlang. Ihr ist, als müsse sie jeden Moment zusammenbrechen, doch ein einziger Gedanke hält sie aufrecht: Sie muß wissen und verstehen, was passiert ist.
Sie nimmt dem Kommissar gegenüber Platz, der ganz behutsam mit ihr spricht: »Ich wurde heute morgen um sieben Uhr verständigt und habe sofort versucht, Sie zu erreichen, aber Sie waren nicht zu Hause. In der Nacht hatte einer unserer Streifenwagen einen Mann entdeckt, der taumelnd die Wilhelmstraße entlangkam. Einer der Beamten stieg aus, um nach dem Rechten zu sehen, doch Ihr Mann schlug heftig um sich. Meine Leute konnten ihn überwältigen und brachten ihn in eine Ausnüchterungszelle, weil sie glaubten, es mit einem Betrunkenen zu tun zu haben. Heute morgen haben wir ihn tot aufgefunden.«
Dieser völlig unwahrscheinlich klingende Bericht verstärkt bei Teresa das Gefühl, sich mitten in einem Alptraum zu befinden.
»Tot? Aber woran soll er gestorben sein?«
»Ich weiß es nicht, Frau Menzel. Wir haben sofort einen Arzt geholt. Ihr Mann hat außer seiner Operationsnarbe keinerlei Verletzungen. Man kann momentan nichts Genaues sagen, der Arzt glaubt an einen Herzstillstand, der durch einen heftigen Schock verursacht wurde, beispielsweise durch eine starke Gemütsbewegung. Wo ist Ihr Mann operiert worden? Dort werden wir sicherlich mehr über die Wahrheit erfahren.«
»In der Klinik >unter den Linden< in der Hamburgstraße...«
Eine Viertelstunde später treffen Teresa Menzel und Kommissar Petermann im Krankenhaus ein. Obwohl der Chef der Klinik, Doktor Wilfried Steiner, ein sehr beschäftigter Mann ist, empfängt er die beiden sofort. Wenn ein Polizeikommissar ihn zu sprechen wünscht, kann es sich eigentlich nur um etwas sehr Schlimmes handeln. Wilfried Steiner ist ein Mann um die Sechzig mit silbergrauem Haar. Er macht einen sehr gepflegten Eindruck und hat beste Manieren. In leicht beunruhigtem Ton fragt er: »Worum geht es denn? Ich muß zugeben, daß ich sehr überrascht bin...«
Teresa Menzel unterbricht ihn: »Was ist mit meinem Mann passiert? Was haben Sie ihm angetan?«
Sie bricht in Schluchzen aus. Der Kommissar schaltet sich jetzt ein und erklärt die Angelegenheit mit knappen Worten. Während er erzählt, scheint der Arzt sehr verblüfft zu sein. Als der Beamte fertig ist, sagt Doktor Steiner mit weit aufgerissenen Augen: »Aber ich verstehe diese ganze Geschichte nicht! In meiner Klinik hat es noch nie einen Patienten dieses Namens gegeben, weder wegen einer Blinddarmoperation noch wegen etwas anderem. Ich zeige Ihnen gern meine Kartei, damit Sie sich überzeugen können!« Frau Menzel schreit: »Er ist ein Lügner! Dieser Mann lügt!
Ich kann mich genau an Sie erinnern. Sie selbst sollten meinen Mann operieren!«
Sie springt vom Stuhl hoch.
»Ich will das Zimmer sehen, Nummer 25, Trakt B!«
Wie eine Wilde stürzt sie in den Flur hinaus, während der Kommissar und Wilfried Steiner im Laufschritt folgen. Schließlich langen sie in Trakt B an, wo Teresa Menzel vor Zimmer 25 stehenbleibt. Sie stößt die Tür auf: Es ist ein sehr geräumiges Zimmer, dessen Fenster zum Park hinausgehen, doch es ist leer, vollkommen leer. Frau Menzel öffnet den Kleiderschrank und die Nachttischschublade, doch auch sie sind leer.
Mit sanfter Stimme sagt der Arzt: »Nun? Was habe ich Ihnen gesagt?«
Teresa wird plötzlich von einem hysterischen Lachkrampf geschüttelt: »Ich weiß nicht... ich weiß überhaupt nichts mehr!«
»Ich werde veranlassen, daß man sich um Sie kümmert«, erklärt Doktor Steiner. Auf sein Geheiß erscheint kurz darauf eine Krankenschwester und nimmt Teresa beim Arm, die sich widerstandslos fortführen läßt.
Der Kommissar nimmt unterdessen das Gespräch mit Doktor Steiner wieder auf. In knappem Ton meint er zu ihm gewandt: »Es bleibt dennoch die Tatsache bestehen, daß Herr Menzel kurz vor seinem Tod am Blinddarm operiert wurde. Weshalb hat seine Frau behauptet, es sei in Ihrer Klinik geschehen?«
»Sie hat sich eben geirrt.«
»Bei so etwas irrt man sich doch nicht!«
»Sehen Sie ruhig in meiner Kartei nach, und fragen Sie auch meine Mitarbeiter.«
»Worauf Sie sich verlassen können.«
Doch die Untersuchungen des Kommissars bleiben ohne jedes Ergebnis. In den Unterlagen des Krankenhauses ist kein Johann Menzel
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