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Nächte im Zirkus

Nächte im Zirkus

Titel: Nächte im Zirkus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Angela Carter
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schwankend, und ihn nach Clown Alley zurückbrachte, wo man ihn vor einem Rechteck gesprungener Spiegel auf einen Schemel setzte und wo Buffo um sich schlegelte, sich wand, seufzte und kämpfte, um Grik und Grok daran zu hindern, die Schäden in seiner Maske zu beseitigen, welche die Sauftour hinterlassen hatte.
    Denn er sah bejammernswert aus. Seine natürliche Haut zeigte sich in gespenstischen Streifen und Falten unter der mattweißen Schminke, und irgendwann während seines ambulanten Feierns war ihm seine Glatzenperücke abhanden gekommen, so daß nun eine kärgliche Krause struppigen ergrauenden Haars, mit Schweißtröpfchen besetzt, sein scheckiges Gesicht krönte, das jetzt - im Gegensatz zu seiner üblichen inhumanen Maskenstarre - etwas entsetzlich Halb-Menschliches hatte. Grik und Grok klagten, schalten und rangen die Hände über den Zustand, in dem der Meister der Clowns vor ihnen saß, aber Buffo war schon weit hinüber und brüllte wie ein Stier:
    »Heut nacht da kommt mein Golgatha! Gott, die lassen wir platzen vor Lachen!«
    Er sah aus wie ein Wiedergänger, der in flatternden Leichentüchern dem Grab entsteigt, mit Kot, Schlamm und Erbrochenem befleckt, doch er war störrisch, ja, wahnsinnig fest entschlossen, seine Sause fortzusetzen. Er leerte eine Flasche, die er aus der Tasche geholt hatte, während er vor den Spiegeln schwankte. Grik und Grok suchten ihm eine neue Glatzenperücke heraus und setzten ihm in verwegenem Winkel einen neuen Spitzhut auf. Dies freute ihn aus irgendeinem Grund, und er schob seine geschminkten Lippen vor, wie ein junges Mädchen seinen Schmollmund im Spiegelbild betrachtend, und dann entleerte er sich plötzlich, und Grik und Grok liefen jammernd nach Wasser, nach einer Bürste, einem neuen Paar Hosen, während auf den Befehl des großen Clowns Klein-Iwan in die andere Richtung davontrabte, um noch eine Flasche Wodka zu besorgen.
    Der Colonel zählte im Kassenraum die Einnahmen und wischte Walsers Bericht über Buffos obszönen und gefährlichen Zustand beiseite. »Je besoffener, desto komischer ist er.« Er stopfte eine letzte Handvoll regenbogenfarbener Banknoten in den Safe und schloß ihn mit zufriedenem Gesicht ab, denn heute abend hieß es wiederum »Ausverkauft« und »Nur noch Stehplätze«, und im Publikum saßen mehr Großherzöge, Erzherzoginnen, Prinzen und Prinzessinnen, als selbst der Colonel in seinem Leben Brathähnchen verzehrt hatte.
    Als das Orchester mit dem »Einzug der Gladiatoren« begann, füllte sich dem Colonel das Herz mit einer Art heiliger Ehrfurcht, daß er für ein so illustres Publikum ein so reichhaltiges Festmahl des Erstaunens aufgetischt und dabei so profitabel abkassiert hatte. Er fühlte sich ruhmvoll, berühmt; gleichzeitig als den großen Strategen des Ruhms. Über seinen Haarborsten schwebte ein unsichtbarer, aus lauter Dollarnoten gebildeter Heiligenschein.
    Die große Einzugsparade ging ohne Zwischenfall vorbei. Buffos schwankender Gang und die unkoordinierten Ausschläge seiner Gliedmaßen blieben unter den Faxen der anderen Clowns unbemerkt, die sich in bizarren Sprüngen, Stürzen und Verrenkungen überboten, um Buffos Hilflosigkeit zu verbergen. Als er über einen Pudel stolperte, waren sofort Grik und Grok da, um die beiden Enden seines planlos zuckenden Leibes zu fassen und ihn in einer improvisierten Version von »Des Clowns Begräbnis« davonzutragen, wobei sie sich imaginäre Tränen mit ausladenden Gesten ihrer weiten Ärmel aus den Augen wischten. Buffo bäumte sich immer wieder zwischen den Schultern seiner Träger auf, als machten ihm die Todeszuckungen so viel Spaß, daß er gar nicht aufhören konnte, und seine schrille, ohrenzerreißende Stimme stotterte Verwünschungen, die - solange man sie nicht verstand - von unglaublicher Komik waren: diese ohnmächtige Wut, dieser unbegreifliche Zorn! Die Clowns trugen Buffo um die Manege und wieder hinaus, hinter einer Abteilung hochbeinig daherschreitender und verächtlicher Pferde, die ihre Yahoos kannten; Buffo verfluchte die Welt und alle, die darin wohnen, zum verständnislosen Entzücken aller Zuschauer.
    Seine Träger luden ihn in der Menagerie ab, um auf ihren letzten Auftritt zu warten. Er schickte Klein-Iwan im Galopp fort, noch eine Flasche Wodka zu holen, und als es Zeit war für das Fest der Narren, das Weihnachtsessen der Clowns, da verlor der Herr des Chaos selbst - besessen von den Geistern der Flasche - den Verstand.
    Sie trugen den langen, aufgebockten

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