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Nächte in Babylon

Nächte in Babylon

Titel: Nächte in Babylon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Depp
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ihn schief von der Seite an.
    »Kann ich meine Schlüssel haben?«, fragte Spandau.
    »In der Schublade unter der Kasse.«
    Er nahm sie heraus.
    »Tut mir leid wegen gestern Abend«, sagte er.
    »Früher musste ich mir nur um Walter Sorgen machen. Jetzt fängst du auch noch an, und mit Walter geht es immer mehr den Bach runter. Was ist bloß los mit euch?«
    »Uns klebt nur zur Zeit das Pech an den Stiefeln, Pancho.«
    »Wenn er so weitermacht, kriegt er noch Lokalverbot.«
    »Schon klar. Mal sehen, ob ich bei ihm was ausrichten kann.« Er hielt die Schlüssel hoch. »Danke.«
    »Schon gut, schon gut …«
    Spandau hielt vor dem Restaurant an. Der einzige Parkboy, der weit und breit in Sicht war, übergab ihm gelangweilt die Quittung und nahm die BMW -Schlüssel entgegen. Dann stieg er ein und schoss wie ein Formel-1-Fahrer für Arme mit quietschenden Reifen um die Ecke. Kurz flackerte in Spandau der Beschützerinstinkt auf, doch dann fiel ihm ein, dass es ja nur ein geleaster Firmenwagen war, so dass er sich nicht verpflichtet fühlen musste, den kleinen Wichser zusammenzufalten. Während er vor dem Restaurant wartete, blickte er sich schon einmal nach den unvermeidlichen Überwachungskameras um. Er entdeckte nur eine einzige, die den Haupteingang und den davorliegenden Abschnitt der Straße im Visier hatte. Ziemlich dürftig, das Ganze.
    Als der Junge zurückkam und sah, dass Spandau noch nicht hineingegangen war, machte er sich auf eine Gardinenpredigt gefasst und setzte vorsichtshalber eine trotzige Miene auf. Er war zwar genauso groß wie Spandau, aber mindestens zehn Kilo leichter. Womöglich ist der Typ ein Bulle, dachte er, aber Bullen tragen keine italienischen Anzüge.
    »Wer hatte letzten Montagmittag Parkdienst?«, fragte Spandau.
    »Wieso?« Scheiße, vielleicht war er doch von der Polizei.
    »Keine Sorge, ich hab’s nicht auf Sie abgesehen. Ich brauche bloß ein paar Informationen.«
    Der Junge musterte ihn genau. »Sie sind kein Cop. Cops laufen nicht in solchen Anzügen rum.«
    »Soll heißen?«
    »Dass für mich vielleicht eine kleine Belohnung drin ist«, antwortete er mit einem vielsagenden Grinsen, wie er es von den neunmalklugen Sprücheklopfern aus dem Kino kannte.
    »Eine Belohnung?«
    Der Parkboy griente wie ein Elvis-Imitator. Spandau hatte stark gehofft, dass sich die Befragung unkompliziert gestalten würde. Ihm brummte der Schädel, und beim Gehen entwickelte er einen sonderbaren Drall nach links. Nachdem er schon seine eigene Stimme kaum ertragen konnte, stand ihm nicht gerade der Sinn nach einer Diskussion mit dem kleinen Scheißer. Also sagte er erst mal gar nichts, sondern seufzte nur und nahm die Sonnenbrille ab. Es war ein Gefühl, als ob ihm der Kopf platzte, und ihm entfuhr unwillkürlich ein leises Stöhnen. Er baute sich dicht vor dem Parkboy auf.
    »Junge«, sagte er. »Ich möchte, dass du mir ganz tief in die Augen schaust. Sehen sie nicht aus wie das Werk eines blutrünstigen Graffitischmierers, der einen rasenden Hass auf die ganze Welt hat, sich aber nur eine einzige Spraydose Farbe leisten konnte? Ja oder nein?«
    Spandaus Augen sahen tatsächlich so aus, als ob Jack the Ripper darin ein besonders blutiges Schlachtfest veranstaltet hätte. Aber durch den roten Schleier hindurch sah der Junge darin auch noch das Bild eines Parkboys aufschimmern, der mit bloßen Händen langsam erwürgt wurde.
    »Und jetzt«, fuhr Spandau fort, »möchte ich, dass du dir vorstellst, wie du beim Blick durch diese Augen aussiehst. Und dann erklärst du mir noch mal, was für eine Belohnung dir genau vorschwebt.«
    Das Grinsen des Jungen zerbröselte. »Ich. Ich hatte Dienst. Zusammen mit einem Kumpel, Peter.«
    »Danke«, sagte Spandau. Er setzte die Sonnenbrille wieder auf. Sein Schädel dröhnte immer noch, aber wenigstens war er das Gefühl los, dass ihm im nächsten Moment auch noch die Augäpfel rausspringen würden. »Sie wissen, wer Anna Mayhew ist? Sie hat Montagmittag hier gegessen.«
    »Ja, ich weiß schon. Aber ich habe ihren Wagen nicht geparkt. Sie hatte einen Chauffeur.«
    »Haben Sie gesehen, wie sie aus dem Restaurant gekommen ist?«
    »Ja, sie stand noch ein paar Minuten auf dem Bürgersteig und hat mit ein paar Frauen geredet. Dann ist sie eingestiegen.«
    »Während sie sich unterhalten hat, ist jemand sehr nah an ihr vorbeigegangen. Vielleicht hat er sie angerempelt oder gestreift. Es war vermutlich ein Mann. Haben Sie davon etwas mitbekommen?«
    »Ich hatte alle Hände

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