Nächte in Babylon
Special. »Das ist ein Witz.«
»Was willst du machen?«, fragte Chanterelle.
»Ich werde das Arschloch finden«, sagte Special. »Und wenn ich den Kerl gefunden habe, schneide ich ihm die Eier ab und stopfe sie ihm in den Rachen, und als Nächstes probiere ich dann, wie weit ich ihm seinen Kopf in den Arsch schieben kann. Und dann«, fuhr Special fort, »werde ich mir was richtig Schmerzhaftes überlegen. Aber erst, nachdem mir der kleine Scheißer die Kohle zurückgegeben hat. Erzähl noch mal«, sagte er zu Chanterelle, »wie er dir die Haare geschnitten hat.«
»Das waren nicht meine Haare«, sagte Chanterelle. »Das war die Perücke.«
»Weiß ich doch. Aber du hast gesagt, er hat geschnippelt wie ein Profi, als ob er damit seine Brötchen verdient. Womöglich ist er Friseur oder so was.«
»Bestimmt«, sagte Chanterelle. »Der wusste genau, wie das geht.«
»Hm«, sagte Special.
Es war kurz vor der Mittagspause, als Special das Perückengeschäft in Beverly Hills betrat. Der Verkäufer, ein Mann undefinierbaren Alters mit gelichtetem Haar und Speichel in den Mundwinkeln, musterte Special so herablassend wie nur irgend möglich von oben bis unten. Special nahm die Perücke aus seiner Papiertüte und zeigte sie ihm.
»Und?«, sagte der Mann.
»Die ist aus Ihrem Laden.«
»Gut möglich. Das ist eine Anna Mayhew. Die sind sehr beliebt.«
»Da klebt Ihr Etikett drin.«
»Dann werden wir sie wohl auch verkauft haben«, sagte der Mann.
»Wissen Sie noch, an wen?«
»Nein.«
»Da ist eine Seriennummer auf dem Etikett«, sagte Special. »Schreiben Sie die Nummern irgendwo auf?«
»Nicht unbedingt«, log der Verkäufer.
»Verstehe«, sagte Special.
Der andere lächelte. »Wir machen gleich zu. Mittagspause.«
»Was Sie nicht sagen. Schmeißen Sie den Laden hier ganz alleine?«
»Tagsüber schon«, antwortete der Verkäufer. »Es ist nicht gerade ein sehr personalintensiver Job.«
»Kann ich mir vorstellen«, sagte Special. Er besah sich den Mann genauer. Mitte vierzig. Unverheiratet, aber nicht schwul – oder zumindest wusste er noch nichts davon. Wohnt bei seinem alten Tantchen. Man könnte ihm natürlich mit ein paar Scheinen winken, aber Special hatte das Gefühl, dass man ihm etwas anderes anbieten müsste, um ihn hinter dem Ofen hervorzulocken. Hm.
Special ging auf den Bürgersteig und rief Micki an. »Ich brauch dich«, sagte er. »Und schmeiß dich in deine Uniform.«
Fünfzehn Minuten später, als der Verkäufer gerade für die Mittagspause zusperren wollte, trudelte Micki ein – in der Kluft eines englischen Internatsschülers: kurze Flannellhose, weißes Hemd, Blazer mit Schulwappen (das sich bei genauerem Hinsehen als die Aufschrift »Fellati O« entpuppte). Ein niedliches Käppchen. Special ging mit ihr hinein.
»Das ist meine Freundin Micki«, sagte Special. Der Verkäufer sah Micki an. Dann Special. Und noch einmal Micki – ausgiebigst. Zuletzt zog er mit einem Blick auf Special fragend die Augenbrauen hoch.
»Micki ist wahnsinnig scharf auf Perücken«, sagte Special. »Stimmt doch, Micki, oder?«
»Aber total«, sagte Micki. »Die machen mich total an.« Sie schaute den Verkäufer mit ihren großen blauen Augen treuherzig an und begann, an ihrem rechten kleinen Finger zu lutschen.
»Micki verkleidet sich gern. Sie ist für alle möglichen Spielchen zu haben. Micki ist ganz was Besonderes. Und sie ist eine Künstlerin. Micki, mal dem netten Mann ein Bild.«
Micki, die an ihren freien Tagen Kunst studierte, zückte ein Notizbuch und warf mit wenigen Strichen eine Zeichnung aufs Papier. Mit einem lausbübischen Lächeln reichte sie sie dem Mann.
»Gütiger Himmel.« Der Verkäufer warf einen Blick darauf und erbleichte.
»Micki«, sagte Special, »würde gern mit Ihnen Mittag machen.«
»Total«, sagte Micki.
»Was soll mich das kosten?«
»Ein halbes Stündchen mit meiner Micki für die Adresse.«
»Und am Ende bin ich meinen Job los.«
»Es gibt andere Jobs«, sagte Special. »Aber nur eine Micki.«
»O nein«, stöhnte Micki und schob sich die Hand in den Schritt.
»Was ist los?«, fragte der Verkäufer.
»Ich komme gleich«, sagte Micki.
»Wieso? Wohin?«
»Sie kommt gleich«, sagte Special. »Ich hab Ihnen ja gesagt, sie ist ganz was Besonderes.«
»Sie meinen …?«, fragte der Mann.
»Ich schätze, Sie haben noch ungefähr anderthalb Minuten«, sagte Special. »Sonst geht die Party ohne Sie ab.«
»Die Privatadresse des Kunden hab ich nicht«, sagte der
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