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Nächte in Babylon

Nächte in Babylon

Titel: Nächte in Babylon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Depp
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gut bestückten Macker. Du kannst es dir leisten, die Kerle heiß zu machen. Da stehst du drauf. Du genießt es, wenn Typen wie ich voll auf dich abfahren. Ich weiß, wie du tickst, Schätzchen. Dafür braucht man keine höhere Mathematik zu können.
    »Er ist schon ein komischer Heiliger, hm?«
    »Vincent ist mein Boss, da halt ich lieber die Klappe.«
    »Nein, nein, schon klar, verstehe. Aber nach dem, was er so rausgelassen hat, scheint er ein paar ganz schön irre Geschichten am Laufen zu haben.«
    »Das hat er Ihnen erzählt?«
    »Wir hatten das eine oder andere Bierchen zusammen.«
    »Ich wusste gar nicht, dass er trinkt. Na, wenn das seine Mama wüsste … Ich will ja nicht aus dem Nähkästchen plaudern, aber … Ist schon ’ne arme Sau.«
    »Vincent? Ja. Dass er sich verkleidet und so …«
    »Verkleidet? Sie meinen …?«
    »Mit Perücke und allem Drum und Dran. Bis runter zum Tanga-Slip.«
    »Ach, du Scheiße.«
    »Und eine Todesangst vor seiner Mama, der alten Mrs. …«
    »Perec.«
    »Ja, das Weib scheint ein echter Drachen zu sein, nach allem, was man so hört. Kein Wunder, dass der kleine Vinnie einen leichten Sockenschuss hat.«
    »Sie hält ihn an der ganz kurzen Leine. Alles gehört ihr – der Laden, das Geld, das Haus, alles. Die hält ihre Kröten zusammen. Und geizig ist sie! Bei den Löhnen, die sie zahlt, hält es hier keine lange aus. Wussten Sie, dass sie die Hälfte von unseren Trinkgeldern kassiert?«
    »Dann muss sie ja im Geld schwimmen. Aber je reicher, desto knickeriger. Dann sitzt sie bestimmt in einer riesigen Villa.«
    »Ach was, die beiden wohnen in einer mickrigen Bruchbude am Friedhof. Ich hab ihn mal heimgefahren. Sieht aus wie das Haus von der Addams Family, bloß ein paar Nummern kleiner.«
    »Wenn Sie ihn mal wieder sehen, bestellen Sie ihm schöne Grüße von seinem Freund Bob.«
    »Und Sie wollen sich nicht die Haare schneiden lassen?«
    »Nächstes Mal vielleicht.«
    »Ich hab eine spitzenmäßige Kopf- und Nackenmassage drauf«, sagte sie.
    »Das kann ich mir vorstellen, Baby. Aber ich muss weiter. Ein andermal gerne.«
    »Würde mich freuen«, sagte Imelda.
    Special setzte sich ins Auto und holte den Stadtplan heraus. Nachdem er den Angelus-Friedhof gefunden hatte, rief er bei der Auskunft an. Schon bei der vierten Straße landete er einen Treffer.
    Imelda hatte recht. Das Haus sah wirklich aus wie ein Spukschloss für sozial Schwache, sogar bei Tageslicht. Special fuhr ein paarmal daran vorbei. Drinnen schien sich nichts zu rühren. Da es eine ziemliche Multikultigegend war, in der garantiert keiner die Bullen rufen würde, weil ihm ein Schwarzer verdächtig vorkam, nur weil er schwarz war, durfte er es riskieren auszusteigen. Auf dem Weg durch den Vorgarten hätte er sich an einer lockeren Betonplatte fast den Fußknöchel gebrochen.
    Er klopfte. Wartete. Alles still. Er drehte sich auf der Veranda um und sondierte die Lage. Soweit er erkennen konnte, wurde er nicht beobachtet, und selbst wenn, in diesem Viertel hätte wohl kaum einer zum Schutz der Nachbarn eine Bürgermiliz zusammengetrommelt. Südlich vom Wilshire Boulevard war sich jeder selbst der Nächste. Er ging zur Rückseite des Hauses. Kein Hund, kein Katze, keine Sau. Special zog seine Handschuhe an. Da die Hintertür abgeschlossen war, steckte er die Faust in die Jackentasche und rammte sie gegen eine der kleinen Glasscheiben. Sie zersprang nicht, sondern fiel einfach im Ganzen aus dem antiken Kitt. Er griff hindurch und sperrte auf.
    Die Küche erinnerte ihn an die seiner Großmutter, als er noch ein Kind gewesen war. Keine richtigen Schränke, sondern offene Borde und ein Vorhang unter der Spüle. Ein Resopaltisch mit ein paar unbequemen Metallstühlen mit Plastiksitz. Alles ordentlich, aber altersschwach, ein heruntergekommenes Museum der Fünfzigerjahre. Es roch sogar nach alter Dame: Körperpuder und kalter Schweiß. Er ging ins Wohnzimmer. Ein viel zu dick gepolsterter Sessel und ein vorsintflutlicher Fernseher. Jesusbilder an der Wand. Ein Blick ins Bad: Gebissreiniger und Abführmittel. Eine halb leere Schachtel Windeln. Bloß schnell weiter. Das Schlafzimmer: ein dunkles, schmales Bett, in dem zum Glück keine alte Tante schlief, darüber ein Ölschinken mit Jesus drauf und eine Landkarte von Frankreich. Nächstes Zimmer: das von dem kleinen Arschloch, gemütlich wie eine Klosterzelle. Wo ist das Geld, du elender Schwanzlutscher? Viele Verstecke gab es nicht. Special schaute trotzdem nach: unter

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