Nächte in Babylon
gewinnen kann? Das ist ihm scheißegal. Hauptsache, sie lässt ihn ran. Oder glauben Sie im Ernst, der pinselt sich lieber zu Hause selber einen von der Linse? Nie im Leben. Das können Sie mir glauben. Ich spreche aus Erfahrung.«
»Klingt ja schwer romantisch.«
»Romantik ist das eine«, sagte Special. »Heißer, scharfer Sex das andere. Das wird gerne mal verwechselt. Leider kommen sie so gut wie nie zusammen vor. Aber mit dem richtigen Timing ist das alles kein Problem.«
Das Rührei kam. Patsy butterte sich eine Scheibe Baguette und bestrich sie dick mit Marmelade. Anschließend machte sie sich herzhaft über die Eier her. Den Kaffee ließ sie auch nicht kalt werden. Special stand auf Frauen, die reinhauen konnten. Er vertrat die Philosophie, dass der Mensch genau so vögelt, wie er isst. Eine Frau, die zimperlich in ihrem Essen rumstochert, kann man vergessen. Patsy dagegen … Nachdem sie das ganze Brot vertilgt hatte, leckte sie sich auch noch das letzte Krümelchen aus dem Mundwinkel. O ja, diese Patsy war genau nach seinem Geschmack.
»Ihr Französisch ist ziemlich okay, oder?«, fragte er.
»Ich hab’s in der Schule gelernt. Jetzt frische ich es hier im Urlaub ein bisschen wieder auf.«
»Was machen Sie beruflich?«
»Ich bin Sachbearbeiterin bei einer Versicherung. Wahnsinnig aufregend.«
»Ich bin Filmproduzent.«
»Ach ja?«
»Doch, schwarze Filmproduzenten gibt es tatsächlich.«
»Das meinte ich nicht.«
»Kleine Independent-Filme. Bis jetzt nur Low-Budget-Sachen. Aber ich will expandieren.«
»Müsste ich schon mal was von Ihnen gehört haben?«
»Kennen Sie Die Rache des Jessie Lee ? Mit Mario van Peebles? Den hab ich produziert. Dass es früher auch viele schwarze Cowboys gegeben hat, weiß heutzutage kaum noch ein Mensch. Mario und ich, wir fanden, dass man ihre Geschichte erzählen muss. Ich bin wegen der Festspiele hier.«
»Haben Sie einen Film im Wettbewerb?«
»Nein, aber man muss immer da sein, wo die Kohle ist. Hier laufen jede Menge Geldsäcke rum. Ich bin gerade dabei, ein neues Projekt auf die Beine zu stellen. Und von nichts kommt nichts.«
»Ja, das kenne ich«, sagte sie. »Ich hab Sie gestern mit Ihrem iPod gesehen. Was für Musik haben Sie da drauf?«
»Opern.«
»Opern?«
»Gestern Pavarotti. Heute José Carreras, morgen Placido Domingo. Die drei Tenöre. Mögen Sie Opern?«
»Meine Mum findet Andrea Bocelli gut.«
»Sie müssen schon entschuldigen, aber Bocelli ist scheiße. Das ist keine Oper. Das ist bloß ein Behindi, der so tut, als ob er Arien singt. Davon könnte ich Pickel kriegen. Natürlich ist es traurig, dass er blind ist, aber der Mann hat keine Stimmkontrolle, keine Reichweite. Wenn Sie wissen wollen, was Oper sein kann, sind Sie bei mir an der richtigen Adresse.«
Sie sah ihn verwundert an. »Das hätte ich nicht von Ihnen gedacht.«
»Sehen Sie?«, sagte er. »Jetzt bin ich Ihnen doch schon ein bisschen ans Herz gewachsen.«
»Ich glaube zwar immer noch, dass Sie ein Sprücheklopfer sind, aber wenigstens sind Sie ein interessanter Sprücheklopfer.«
»Das soll doch bestimmt ein Kompliment sein. Aber kommen wir zum Geschäftlichen. Sie können Französisch. Und ich habe eine Idee. Wie wäre es, wenn Sie mir Französisch beibringen, und ich bringe Ihnen dafür was über die Oper bei?«
»Aber ich reise schon in ein paar Tagen ab.«
»Na und? In ein paar Tagen kann man viel lernen.«
»Stimmt auch wieder.«
»Vielleicht fangen wir damit an, dass Sie mir beibringen, wie man sich etwas zu essen bestellt. Nicht hier und jetzt. Heute Abend, in einem richtigen Restaurant. Wenn es Ihnen lieber ist, können wir uns vorher hier treffen.«
»Okay, warum nicht?«
Sie stand auf. Während sie zur Tür ging, drehte sie sich noch ein paarmal lächelnd zu ihm um. Er ließ sie merken, wie sehr er ihr grandioses Hinterteil bewunderte.
O Mann, Special, dachte er. Was bist du doch für ein Glückskind. Den Seinen gibt’s der Herr im Beischlaf.
10
Sie trafen sich am Abend in dem Café. Patsy hatte sich ein schickes Kleid angezogen, und Special sah auf den ersten Blick, dass er sich, was ihre Figur anging, nicht zu viel versprochen hatte. Sie tranken ein Gläschen und unterhielten sich. Er wollte sie in ein schickes Restaurant einladen, aber er kannte keines und hätte auch sowieso keinen Tisch reservieren können. Ihr fiel ein kleines Bistro ein, an dem sie schon öfter vorbeigekommen war und das einen guten Eindruck auf sie gemacht hatte. Obwohl es
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