Nächte in Babylon
sagte Special.
»Non, Monsieur«, antwortete der Mann. »Nichts läge mir ferner.«
Special starrte ein paar Sekunden schweigend auf den Hinterkopf des Taxifahrers.
»Vielleicht könnten wir die Sache anders angehen«, sagte er schließlich.
»Wie Sie meinen.«
»Ich brauche ein Zimmer. Würden Sie … Können Sie mir helfen, eins zu finden?«
»Ich fürchte, das gehört nicht zu meinen Aufgaben«, sagte der Mann.
»Und wenn Sie sich einen Ruck geben?«, sagte Special.
Der Fahrer lächelte. »Es wäre sehr aufwendig.«
»A-ha.«
»Und ich müsste Ihnen für die Suche einen Aufschlag berechnen.«
»A-ha.«
»Es könnte mich sehr viel Zeit kosten.«
Special überlegte kurz.
»Okay, gebongt. Dann muss ich mich wohl damit abfinden, dass ich den Kürzeren gezogen habe.«
»Tut mir leid für Sie, Monsieur. Wir Franzosen ziehen immer den Längeren.«
Nachdem sie eine Stunde durch die Gegend kutschiert waren, hielt der Fahrer in der Altstadt von Nizza vor einer kleinen Pension an. Er ging hinein, um sich nach einem Zimmer zu erkundigen, und kam kurz darauf mit einer guten Nachricht zurück.
»Und was muss ich dafür löhnen?«, fragte Special.
»Zweihundert Euro die Nacht.«
»Wie bitte? Ich hab mich wohl verhört. Verfluchter Mist, das sind ja …« Er überschlug die Zahlen im Kopf. »… fast zweitausend Dollar die Woche. Und auch noch für so eine Absteige.«
»Was Günstigeres finden Sie bestimmt nicht mehr. Und dann wäre da ja auch noch der Fahrpreis.«
»Okay, okay. Was schulde ich Ihnen?«
»Leider habe ich in der Eile vergessen, die Uhr einzuschalten.«
»Sie wollen mich doch nur bescheißen.«
»Es steht Ihnen natürlich frei, mich wegen Preiswucher anzuzeigen.«
»Wie viel wollen Sie?«
»Da es mein Fehler war, dass ich das Taxameter nicht eingeschaltet habe, bin ich bereit, Monsieur einen Rabatt zu gewähren. Sagen wir zweihundert Euro?«
»Sagen können wir es, aber kriegen werden wir es nicht. Sehe ich etwa so aus, als ob ich von vorgestern wäre? Eigene Schuld, dass Sie die Uhr nicht angeschmissen haben. Fünfundsiebzig.«
»Monsieur belieben natürlich zu scherzen.«
»Monsieur meinen es bitterernst.«
»In Frankreich wird Fahrpreisprellerei strafrechtlich verfolgt.«
»Ich prell ja gar nicht den Fahrpreis, ich lass mich nur nicht von Ihnen über den Tisch ziehen. Wenn Sie die Bullen rufen wollen, von mir aus gern. Eine Anzeige wegen schwarzer Fuhren kommt immer gut. Damit wären wir dann natürlich den ganzen Abend beschäftigt, aber ich habe Zeit. Alle Zeit der Welt. Ich bin schließlich im Urlaub.«
»Monsieur lässt mir keine andere Wahl. Ich werde über diese Angelegenheit Meldung machen. Monsieur wird hier warten.«
»Fick dich ins Knie, Franzmann. Ich bin dann mal drin.«
Der Fahrer ging zum Wagen und tat so, als ob er über Funk die Zentrale verständigte. Special begab sich in die Pension und buchte drei Übernachtungen. Er bezahlte im Voraus. Die Wirtin, eine ältere Frau, zeigte ihm das Zimmer. Es hatte ein eigenes Bad, aber keinen Fernseher. Ansonsten war nichts daran auszusetzen – höchstens, dass die Tapete, der Teppichboden und die Tagesdecke ein Blümchenmuster hatten. An den Wänden hingen Blumenbilder, und auf dem Schreibtisch stand eine Vase mit Nelken.
Special klappte seinen Koffer auf und nahm eine Flasche Wodka heraus. Er setzte sich in den Sessel, genehmigte sich ein paar Züge und dachte nach, bis eine Viertelstunde später der Taxifahrer an die Tür klopfte.
»Ich fürchte, meine Forderung lässt sich nicht aufrechterhalten«, sagte der Mann.
»Ist ja ein Ding.«
»Hundertfünfzig?«
»Hier haben Sie neunzig. Gönnen Sie sich eine Kreuzmassage.« Special drückte ihm das Geld in die Hand und knallte die Tür zu.
Er hatte nicht den leisesten Schimmer, wo er anfangen sollte. Er sprach kein Wort von dem französischen Kauderwelsch und wusste weder etwas über die Festspiele noch über das ganze Drumherum. Bloß dass hier einmal im Jahr die Filmstars und Produzenten einfielen, um anständig die Sau rauszulassen. Außerdem hatte er sich die Stadt ein bisschen verschnarchter vorgestellt. Mit dem Gewimmel, das hier herrschte, hatte er im Traum nicht gerechnet. Er war auch noch nie im Leben in Frankreich gewesen, und deshalb wusste er nicht, wie die Leute hier tickten. Das gefiel ihm überhaupt nicht.
Er machte einen Spaziergang durch die Altstadt, die ihm gar nicht mal so schlecht gefiel. Jede Menge alte Häuser, jede Menge Bars und Cafés.
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