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Nächte in Babylon

Nächte in Babylon

Titel: Nächte in Babylon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Depp
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dir?«, fragte sie, als sie wieder in dem Café saßen. »Hab ich was falsch gemacht?«
    »Tu mir einen Gefallen und bestell mir einen Brandy, okay?«
    »Möchtest du nicht für ein halbes Stündchen aufs Zimmer?«
    »Jetzt pass mal auf«, antwortete Special gereizt. »Ich weiß, dass du den Hals nicht vollkriegen kannst. Mir ist schon klar, dass du auf Sex abfährst wie der Koala auf den Eukalyptus, aber ich habe im Moment andere Probleme. Wenn die vom Tisch sind, bügel ich dich durch, bis du platt bist, aber jetzt brauche ich erst mal einen Schnaps.«
    Damit stöpselte er sich den iPod ins Ohr: Ramón Vinay mit Verdis Otello . Während er sang, sinnierte Special darüber nach, was für eine verfluchte Schande es doch war, dass sich kein Schwein mehr an Ramón Vinay erinnerte. Anscheinend war auf gar nichts mehr Verlass, noch nicht mal auf die Kunst. Da konnte er froh sein, dass er den wesentlich solideren Beruf des Zuhälters ergriffen hatte. Schon nach wenigen Minuten lockerten sich seine Nackenmuskeln. Der Brandy strömte ihm wie handwarme Lava durch die Kehle, er schloss die Augen, und die böse Welt gab endlich Ruh – bis auf Patsy, die sich schon wieder an seinem Hosenschlitz zu schaffen machte, während er seinem großen Lebenstraum nachhing: einer Jahreskarte für die Mailänder Scala.
    »Scheiße«, schimpfte Patsy und rupfte ihm einen Stöpsel heraus, um ihm die Ohren vollzujammern. »Du bist mir ja ein feiner Stecher. Das ist echt unfair. Erst heizt du mich an, und dann servierst du mich eiskalt ab. Ich bin doch bloß noch ein paar Tage hier, und ich kann mir eher weniger vorstellen, dass du mich mal in New Hampshire besuchst.«
    Die Stimmung war dahin. Special wäre um ein Haar die Hand ausgerutscht. Dabei war es normalerweise nicht seine Art, Frauen zu schlagen, es sei denn, sie hatten es nötig.
    »Und die Sache mit dieser Schauspielerin hast du auch total falsch angepackt«, fuhr sie fort. »An die kommst du doch im Leben nicht ran. Aber mit ein bisschen Glück an ihren Fahrer. Du schreibst ihr einen Brief, und den gibst du dem Chauffeur, damit er ihn weiterleitet. Das ist deine einzige Chance.«
    Es war an sich kein schlechter Plan, bloß half er ihm kein bisschen weiter, weil er an der Schauspieltrulla ja sowieso kein Interesse hatte. Special machte die Augen auf. Er wollte sie gerade zum letzten Mal warnen, ihn gefälligst in Frieden zu lassen, als sein Blick auf einen Zeitung lesenden Mann am Nebentisch fiel.
    »Was steht da?«, fragte er sie.
    »Wo?«
    »Da, verdammt. Da drüben.«
    Es war eine kleine Schlagzeile auf der unteren Hälfte der Titelseite.
    »Sweeney Todd in Nizza«, las sie vor.
    »Verflucht«, sagte Special. »Frag ihn, ob ich mir kurz seine Zeitung ausborgen kann.«
    Patsy zuckte mit den Schultern und dolmetschte. Der Mann antwortete irgendetwas.
    »Er sagt, er hat sie noch nicht durch.«
    »Dann richte dem Arsch doch bitte aus, dass ich das selber sehe. Ich will nur schnell einen Blick darauf werfen.«
    Der Mann schien wenig entzückt, rückte die Zeitung aber doch heraus.
    »Lies vor.« Special zeigte auf den Artikel.
    »Sweeney Todd in Nizza, bla bla bla … Irgendein Kerl hat irgendeinem anderen Kerl wegen einem Mädchen die Kehle durchgeschnitten.«
    »Womit?«
    »Wieso?«
    Offenbar merkte sie ihm an, dass sie ganz kurz davorstand, einmal quer durch Nizza geohrfeigt zu werden, denn sie bekam gerade noch mal die Kurve.
    »Mit einem Rasiermesser«, sagte sie schnell. »Ist ja tatsächlich ein richtiger Sweeney Todd, der Typ.«
    »Dem Himmel sei Dank«, seufzte Special.
    »Kannst du mir vielleicht mal verraten«, fragte Patsy, »wieso du wegen so einem Schlitzer aus dem Häuschen gerätst, aber nicht wegen der Ferkelei mit dem Nutella, die ich so gut draufhabe?«
    »Gib dem netten Mann seine Zeitung wieder«, sagte Special, »und mach dich bereit für die Nummer des Jahres. Ich habe eine Idee.«
    Am nächsten Tag starteten sie einen neuen Versuch. Gleich bei der Matineevorführung zogen sie das große Los. Der Fahrer setzte Anna Mayhew und ihren Begleiter ab und fuhr weiter.
    Patsy hatte sich überlegt, dass die Limousinen wahrscheinlich ganz in der Nähe warten würden. Das wäre am logischsten. Und tatsächlich, sie standen alle hinter dem Palais auf einem Parkplatz.
    »Da ist er«, sagte Patsy. »Hab ich’s nicht gewusst?«
    »Ist schon klar, du kannst hellsehen. Dann bring ihm den Brief.«
    »Wieso ich?«
    »Weil du kein großer, hässlicher Nigger bist, vor dem er sich

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