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Naechtliche Versuchung - Roman

Titel: Naechtliche Versuchung - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sherrilyn Kenyon Eva Malsch
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allem, was Julian erzählt hat, hielt ich Kyrian für einen Menschen. Aber ich weiß genauso wenig wie du.«
    Als sie sich auf die Couch setzten, hörten sie die Männer
über das Babyfon reden. Grace wollte das Gerät ausschalten.
    Aber Amanda hinderte sie daran. »Nein, bitte nicht.« Aufmerksam lauschte sie, während sie mit Niklos spielte.

    »Verdammt!«, fluchte Julian, als Kyrian ihm sein T-Shirt reichte. »Nicht einmal mein Vater hat so viele Narben wie du.«
    Behutsam untersuchte Julian die Wunde, die Aphrodites Blitzstrahl in die Schulter seines Freundes gebrannt hatte. Um die Schmerzen zu bekämpfen, atmete Kyrian tief durch.
    Die beiden Männer waren allein im Kinderzimmer der Zwillinge, am Ende des Flurs im ersten Stock. Da die hellgelbe Tapete voller Teddybären Kyrians lichtempfindliche Augen störte, blinzelte er und griff nach seiner Sonnenbrille.
    Offenbar erinnerte sich Julian an die alte griechische Mythologie, denn er knipste die Deckenleuchte aus und schaltete die kleine Nachttischlampe ein, die ein sanftes Halbdunkel verbreitete.
    Von heftigen Schmerzen geschwächt, schaute Kyrian in einen Spiegel und bemerkte die kaum erkennbaren Umrisse seiner Gestalt. Die Unfähigkeit, Spiegelbilder zu erzeugen, gehörte zur Tarnung aller dunklen Jäger.
    Nur mit der Kraft ihrer Gedanken konnten sie sich in einem Spiegel betrachten. Und das fiel ihnen schwer, wenn sie verletzt oder erschöpft waren.
    Er trat von dem weiß gestrichenen Toilettentisch zurück und begegnete Julians neugierigem Blick. »Immerhin musste
ich zweitausend Jahre lang kämpfen. So etwas geht nicht spurlos am Körper eines Mannes vorüber.«
    »Schon immer hast du mehr Mut als Verstand bewiesen.«
    Über Kyrians Rückgrat rann ein unheimlicher Schauer, als er die vertrauten Worte hörte, die Julian so oft in klassischem Griechisch ausgesprochen hatte.
    Im Lauf der Jahrhunderte hatte er seinen Freund und Mentor schmerzlich vermisst. Julian war der einzige Mann gewesen, auf den er jemals gehört hatte, und einer der wenigen, die er respektierte.
    Nachdenklich rieb Kyrian seinen Arm. »Ja, ich weiß, und es ist seltsam. In meinem Kopf erklingt immer wieder deine Stimme, die mich zur Geduld ermahnt.« Grinsend imitierte er Julians rauen spartanischen Akzent. »›Verdammt, Kyrian, wirst du niemals denken, bevor du handelst?‹«
    Julian schwieg, und Kyrian erriet, woran der Freund dachte, an die gleichen bittersüßen Erinnerungen, die auch ihn in manchen Nächten heimsuchten, wenn er sich genug Zeit nahm, um die Vergangenheit heraufzubeschwören. Diese Bilder entstammten einer Welt, die längst nicht mehr existierte.
    Mit den Menschen, die darin erschienen, verband er nur mehr vage, halb entschwundene Gefühle. Jene Welt war etwas ganz Besonderes gewesen. In ihrer archaischen Schönheit hatte sie die Herzen der beiden Freunde erwärmt.
    Immer noch roch Kyrian das Öl der Lampen, die einst sein Heim erleuchtet hatten. Und er spürte die kühle, duftende Brise des Mittelmeers, einen erfrischenden Luftzug durch die Räume seiner Villa wehen …
    In einem seltsamen Kontrast zu diesen Gedanken suchte
Julian in seinem modernen Erste-Hilfe-Kasten nach einem Eisbeutel.
    Nachdem er ihn gefunden hatte, öffnete er das Siegel des kühlenden Gels und drückte den Beutel an Kyrians Schulter.
    Als die Kälte die verbrannte Haut durchdrang, hielt Kyrian den Atem an.
    »Tut mir leid wegen des Blitzstrahls«, seufzte Julian. »Hätte ich gewusst …«
    »Deine Schuld war das nicht. Wie solltest du wissen, dass ich meine Seele verkauft habe? Normalerweise eröffne ich meine Gespräche nicht mit diesem Thema. Hi, ich bin Kyrian. Ich habe keine Seele mehr. Und Sie?«
    »Hör mal, du bist gar nicht komisch.«
    »Doch. Aber du hast meinen Humor nie verstanden.«
    »Weil er immer nur zum Vorschein kam, wenn wir dem Tod ins Auge blickten.«
    Kyrian zuckte die Achseln, was er sofort bereute, als ein heftiger Schmerz durch seinen Arm fuhr. »Was soll ich sagen? Ich lebe dafür, den alten Apoll zu necken. Und was ist mit dir passiert?«, fragte er, nahm den Eisbeutel aus Julians Hand und legte ihn beiseite. »Wie man mir erzählt hat, ließ Scipio dich mitsamt deiner Familie hinrichten.«
    »Da muss ich dich auf einen Irrtum hinweisen«, erwiderte Julian verächtlich. »Priapus war der Mörder meiner Familie. Sobald ich die Leichen entdeckt hatte, spürte ich ihn von einem Kyrian-Impuls getrieben auf.«
    Erstaunt hob Kyrian die Brauen. »Oh, tatsächlich?« So weit

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